Privilegierte Quelle? – Über das schwierige Verhältnis zwischen Polizei und Presse

Schreiben Journalisten zu oft aus Pressemitteilungen der Polizei ab? Marcel Brakhane meint: ja. Das, was er bei Fußballspielen oder Demos selbst miterlebe, habe oft nichts mit dem zu tun, was er anschließend darüber lese, sagt der Deutschlandfunk-Hörer.

Die Polizei sei eine privilegierte Quelle, der Reporterinnen und Reporter vertrauen dürfen sollten, wendet Olaf Sundermeyer ein, der als Journalist für die ARD von Demos mit Rechtsextremisten berichtet. Trotzdem: Die Kolleginnen und Kollegen müssten viel mehr rausgehen, anstatt nur bei der Polizei abzuschreiben, findet er. Fest steht:

Es gibt Kritik. Galt die Polizei früher als neutrale Instanz, ist sie heute oft selbst Berichterstatter in eigener Sache bei Facebook und Twitter. Wo sie auch mal Falschmeldungen verbreitet. Das bringt das Verhältnis zwischen Polizei und Presse in eine Schieflage.

Darüber habe ich im DLF-Medienpodcast „Nach Redaktionsschluss“ mit Hörer Marcel Brakhane und Investigativjournalist Olaf Sundermeyer diskutiert.

Diese Sendung gibt es in einer langen Fassung als Original-Podcast in der Audiothek-App; hier kann man den Podcast abonnieren.

Wie gefährlich ist Berichten über die Mafia?

In Italien hat der größte Prozess gegen die Mafia seit 30 Jahren angefangen. Ein Fall, den Polizei und Justiz selbst ins Rollen gebracht haben. Andere Fälle sind schon mal von Journalistinnen und Journalisten aufgerollt worden. Wichtig sind sie aber weniger für eigene Recherchen als dafür, die Fälle bekannt zu machen, hat mir ARD-Rom-Korrespondenten Jörg Seisselberg gestern in @mediasres (Dlf-Audiothek) erzählt.

Covid19-Impfung: Zu Risiken und Nebenwirkungen von Berichterstattung

Zu wenig Impfstoff, kaum Impftermine, Organisationschaos. Und vertraut Merkel eigentlich Spahn immer noch?

Die Medien scheinen es sich gerade in einer Dauerprotestschleife gegen die Impfpolitik der Bundesregierung einzurichten. Unsere Hörerin Hildegunde Krawinkel kritisiert, dass Gesundheitsminister Spahn in der Presse zurzeit nur als Buhmann dasteht. Andere finden, dass Journalisten der Politik zu sehr nach dem Munde reden. Es scheint, als könne die Politik zurzeit nichts richtig machen, die Medien aber irgendwie auch nicht. Mitten in der Corona-Krise tun sich neue Fronten auf.

Darüber diskutieren in unserem Podcast „Nach Redaktionsschluss“ die Hörerin Hildegunde Krawinkel, die Medienjournalistin Bettina Schmieding und ich – zu hören u.a. hier in der Dlf-Audiothek.

Rückblick auf das Medienjahr 2020

Auch für Medien war 2020 ein schwieriges Jahr. Ihnen wurde eine kritikarme Berichterstattung über die Anti-Corona-Maßnahmen vorgeworfen. Zeitungen litten unter dem Einbruch von Werbeeinnahmen. Reporter wurden von Demonstranten angegriffen und von der Polizei nicht immer geschützt.

In @mediasres im Deutschlandfunk haben Brigitte Baetz, Matthias Dell und ich heute diskutiert, was vom Medienjahr bleibt.

Meedia stellt Umfrage unter Volontär*innen irreführend dar

Die Umfrage war unter öffentlich-rechtlichen Volontärinnen und Volontären durchgeführt worden – und sie hat bereits bei Twitter für Aufsehen gesorgt. Hier soll es aber nicht um die Inhalte gehen, sondern darum, wie sie dargestellt werden.

Darum geht es: Für den „Journalist“ haben Volontäre des Bayerischen Rundfunks eine Umfrage unter all ihren Ausbildungskolleg*innen bei ARD-Anstalten, dem ZDF und dem Deutschlandradio gestartet. 150 waren das damals. Nur 86 haben geantwortet, also etwas mehr als die Hälfte. Übermedien hat die Hintergründe dazu.

Das bedeutet aber: Die erhobenen Zahlen können nicht so interpretiert werden wie es viele Kritiker und auch Meedia jetzt tun. Aus einem Bruchteil aller Teilnehmer*innen kann man nicht schließen, dass „alle“ so abgestimmt haben. Trotzdem titelt Meedia:

ARD-Volontäre würden mit absoluter Mehrheit die Grünen wählen

Da steht natürlich nicht ausdrücklich „alle ARD-Volontäre“, aber das Weglassen der wichtigen Information, dass es sich eben nicht um alle handelt, setzt den Begriff absolut. Sonst hätte man ja „einige“ oder „viele“ oder „Großteil der“ schreiben können.

Nun könnte man natürlich die absolute Mehrheit behaupten, wenn ein so hoher Anteil aller Volontäre mitgemacht hätte, dass die absolute Mehrheit auch bei Befragen der Übrigen nicht mehr zu kippen gewesen wäre. Das liegt hier aber nicht vor.

Meedia schreibt das im Text auch selbst:

In der Studie wurden alle 150 Volontäre von ARD und Deutschlandradio zu den Themen Geburtsort, Migrationshintergrund, Bildungsabschluss und politische Orientierung gefragt. 86 antworteten. ZDF und SR hatten zu diesem Zeitpunkt keine Volontäre.

Allerdings antworteten die 86 nicht auf alle Fragen. Insbesondere zur politischen Orientierung äußerten sich nur 77 von ihnen. Das lässt sich der Grafik auch entnehmen, unter der es heißt:

Grundgesamtheit: 77 Angaben, gerundet in Prozent

Wenn 77 von 150 auf diese Frage antworten, sind es gerade mal die Hälfte aller Volontär*innen – und dass alle zusammen mit absoluter Mehrheit die Grünen wählen, kann man daraus nicht schließen.

Medien als Helfershelfer von Terroristen?

Terroranschläge – wie der in Wien oder die in Frankreich – sind nicht nur eine Herausforderung für die Gesellschaft, sondern auch für Medien. Terroristen geht es darum, durch ihre Taten Angst und Schrecken zu erzeugen – dazu brauchen sie Medien. Und bringen sie damit in eine schwierige Lage:

Wie können sie berichten, ohne selbst Angst und Schrecken zu erzeugen? Wie vermeiden sie, laufende Polizeieinsätze zu behindern? Welche Bilder der Taten können sie zeigen? Wie verhindern sie es, dass Täter glorifiziert oder Opfer noch mal zu Opfern werden?

Über diese Fragen denkt unser Hörer Thorsten Wagner nach und spricht im Podcast mit Wulf Schmiese, Redaktionsleiter vom „ZDF heute journal“ und mir.

Zu hören zum Beispiel in der Dlf-Audiothek, bei Apple Podcasts (gerne dort eine Bewertung hinterlassen!), Spotify und anderen Podcatchern – verlinkt auch hier.

Haben sie Anmerkungen zu Medienthemen? Schreiben Sie uns an NachRedaktionsschluss@deutschlandfunk.de.

Klima und Journalismus: Tragen Medien eine Mitschuld an der drohenden Katastrophe?

Die Nachrichten über die Schäden, die die Klimaveränderungen heute schon anrichten, sind dramatisch. Allerdings schaffen es die wenigsten dieser Nachrichten auf die Titelseiten der Tageszeitungen oder finden sich in den Schlagzeilen der elektronischen Medien wieder.

Versagt hier der Journalismus mit seiner Informationspflicht? Und trägt der Journalismus eine Mitverantwortung, wenn die Politik nicht handelt? Ist unser Mediensystem überfordert, wenn es um solch komplexe Entwicklungen geht?

Wie kritisch die Situation wirklich ist, erführe sie zu selten aus den Medien, kritisiert unsere Hörerin Katrin Blankenhagen und diskutiert darüber mit Georg Ehring aus der DLF-Redaktion Umwelt und Verbraucher und Brigitte Baetz von @mediasres – in unserem neuen Podcast „Nach Redaktionsschluss“. Für Montage und Produktion war ich verantwortlich.

Abonnieren kann man den Podcast hier, die neue Folge anhören auch in der Dlf-Audiothek.

Presserat weist Beschwerden gegen taz-Kolumne ab

Der Presserat hat sich gegen eine Rüge für die umstrittene taz-Kolumne „All cops are berufsunfähig“ ausgesprochen, die im Juni für Aufsehen gesorgt hatte – vor allem deswegen, weil Bundesinnenminister Horst Seehofer angekündigt hatte, Strafanzeige zu stellen. Was er dann doch nicht tat.

Wegen der taz-Kolumne hatte es mehr als 300 Beschwerden beim Deutschen Presserat gegeben. Er wies diese unter anderem mit folgender Begründung ab:

Die Polizei als Teil der Exekutive muss sich gefallen lassen, von der Presse scharf kritisiert zu werden, bewertete der Beschwerdeausschuss. Die Satire bezieht sich im Kern auf die gesellschaftliche Debatte über strukturelle Probleme bei der Polizei wie Rechtsradikalismus, Gewalt und Rassismus.

Über die Entscheidung habe ich (schon am 8. September) in @mediasres im Deutschlandfunk berichtet (Audio-Link).

Haltungsjournalismus: Wie neutral müssen Medien sein?

Müssen Journalistinnen und Journalisten völlig neutral sein in ihren Berichten? Können sie das überhaupt? Oder dürfen sie sich bestimmten Werten verpflichtet fühlen, um Demokratie und Pressefreiheit hochzuhalten? Müssen Journalistinnen und Journalisten das sogar? Wo fängt Haltung an, hört Meinung auf und wo ist die Grenze zu Aktivismus überschritten?

Über diese vielen Fragen und Graubereichen diskutieren wir in der ersten Folge unseres neuen Medienpodcasts „Nach Redaktionsschluss“ mit unserer Hörerin Sophia Hilger und der ARD-„Panorama“-Moderatorin Anja Reschke. Wir, das sind Stefan Fries und Bettina Schmieding aus der Deutschlandfunk-Medienredaktion @mediasres.

Den RSS-Feed dazu gibt es hier. In der Dlf-Audiothek ist er hier zu hören.

Kongressveranstalter veröffentlichen Interview ohne Hinweis darauf, wie alt es ist

Der Virologe Christian Drosten wird heute mit einer Aussage zitiert, die aktuell klingt. Demnach hat er gesagt:

Wir müssen, um die Situation in den kommenden Monaten zu beherrschen, Dinge ändern. Die Pandemie wird jetzt erst richtig losgehen. Auch bei uns.

Das sorgte heute verständlicherweise für einige Schlagzeilen, die Drosten daraufhin richtigstellen musste. Denn seine Aussage sei schon ein paar Wochen alt, wie er unter anderem dem ZDF sagte. Über Details berichtet unter anderem Zeit online:

Das Gespräch wurde am Mittwoch im Vorfeld der im Oktober anstehenden Gesundheitskonferenz World Health Summit in Berlin veröffentlicht. Nach Angaben des World Health Summit vom Donnerstag war das Gespräch am 13. August geführt worden. Der Erscheinungstermin sei mit allen Beteiligten abgestimmt gewesen.

Dennoch ist so eine späte Veröffentlichung natürlich problematisch, wenn es um derartige Aussagen und ihre mediale Verwertung geht. Zwar sagte Drosten im ZDF, er habe das Interview „mit einem sehr weiten Zeitrahmen gespannt“ geführt, wenn man

aus einer Perspektive mitten im Sommer sagt, es wird noch mal kommen. Also hier geht es jetzt nicht darum zu warnen vor der nächsten Woche oder so etwas, sondern es geht um eine weltweite Perspektive. Und weltweit geht es jetzt richtig los.

Wer aber ein Interview führt in einer Situation wie dieser Pandemie, in der sich die Erkenntnisse so schnell ändern, und es erst sechs Wochen später veröffentlicht, der sorgt natürlich für derartige Missverständnisse wie sie heute aufgetreten sind – so dass derjenige, dessen Aussagen im Interview eigentlich für sich sprechen sollten, diese noch mal zurechtrücken muss.

Gerade in so einer Lage kann man Interviewpartnern natürlich nicht auferlegen, dass sie sich so äußern sollen, als würden sie in sechs Wochen sprechen. Problematisch ist es aber durchaus, dass der World Health Summit, der in seiner Pressemitteilung nicht deutlich macht, wer das Interview namentlich geführt hat, so ein Gespräch so lange zurückhält. Und bei der Veröffentlichung gestern auch keinen Hinweis darauf gibt, wie alt dieses Gespräch schon ist.

Dass das Interview heute noch mal viel Presse erhalten hat, mag auch darauf zurückzuführen sein. Denn wahrscheinlich viel weniger Medien wäre es eine Meldung wert gewesen, wie Drosten vor sechs Wochen die mittlerweile hinter uns liegende Zukunft sah – jedenfalls wäre die Meldung abhängig vom Ergebnis womöglich weniger prominent platziert worden.