Rewatching re:publica: Staatstrojaner – wenn der Staat zum Hacker wird

Polizei und Geheimdienste in vielen Ländern nutzen Hackingtools, um heimlich ihre Bürgerinnen und Bürger zu überwachen – das ist für alle ein Problem, aber auch für Journalistinnen und Journalisten. Mehr als 180 wurden bereits auf diese Weise überwacht.

Bei der re:publica 2022 hat André Meister von netzpolitik.org einen Überblick darüber gegeben, wer überwacht, wer überwacht wird und womit.

Republica in Berlin wird eröffnet

Die Corona-Pandemie hat der Digitalisierung in vielen Bereichen einen Schub verliehen – Stichwort Videokonferenzen. In anderen besteht noch Nachholbedarf – Stichwort Faxgeräte. Was digital in Politik und Gesellschaft gebraucht wird, wird nach zwei Jahren Pause ab heute wieder drei Tage auf der wichtigsten Digitalkonferenz Deutschlands diskutiert: der Republica in Berlin. Für die Informationen am Morgen im Deutschlandfunk habe ich einen Überblick gegeben.

Ein Interview mit Edward Snowden

Es war ein aufregendes Wochenende, muss ich einräumen. Man bekommt nicht oft die Möglichkeit, mit dem ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiter und Whistleblower Edward Snowden zu sprechen. Schon deswegen, weil er selbst überhaupt nur wenige Interviews gibt. An diesem Wochenende war das anders, denn heute erscheint seine Autobiographie mit dem Titel „Permanent Record. Meine Geschichte“ (hier die Buchbesprechung aus „Andruck“ im Deutschlandfunk).

2013 war Edward Snowden mit geheimen Dokumenten an die Öffentlichkeit gegangen, die eine massenhafte Überwachung durch US-amerikanische Geheimdienste enthüllte. Im Deutschlandfunk-Interview mit Stefan Koldehoff und mir kritisierte er, dass es für Quellen investigativer Recherche immer schwieriger werde. Sein Leben im Exil zeige, welche Konsequenzen die Entscheidung mit sich bringe.

Das Interview haben wir auf Englisch geführt, gleichzeitig hat ein Synchron-Dolmetscher das Gespräch übersetzt. Die englische Fassung findet sich hier.

Das Gespräch ging gleich mit einem Hinweis Snowdens los. Er hatte bemerkt, dass eine dritte Partei in unserem Chatraum war.

Nachdem das geklärt war, ging unser Gespräch weiter. Wäre andererseits auch nicht ganz so schlimm gewesen, schließlich war unser Interview nicht geheim, sondern ist ja schließlich sowieso im Radio gesendet und online gestellt worden.

Wer das Interview nicht in voller Länge sehen oder hören kann, kann sich auch ein paar Ausschnitte anhören. In den „Informationen am Morgen“ im Deutschlandfunk hat Stefan Koldehoff über die Umstände des Interviews gesprochen (Audio-Link) und eine Auswahl vorgespielt.

Am Nachmittag habe ich dann bei @mediasres über das Interview gesprochen und wir haben weitere Ausschnitte gespielt, in denen Snowden über seine Wandlung zum Whistleblower und seine Sorgen über die Zukunft des Journalismus spricht.

Am Abend hat Stefan noch die Diskussion um politisches Asyl für Snowden in Deutschland kommentiert. Er findet, dass die CDU seltsame Argumente gegen seine Forderung vor. Und Kanzlerin Angela Merkel schweige zu Snowdens erneutem Vorstoß. Dabei hätte sie, kurz vor Ende ihrer Amtszeit, wenig zu verlieren, kommentiert Stefan.

Bemerkenswert finde ich dem Zusammenhang ein Interview, das Christiane Kaess im Deutschlandfunk mit dem EU-Abgeordneten Daniel Caspary von der CDU geführt hat. Caspary ist dagegen, dass Snowden politisches Asyl in Deutschland bekommt. Erst pochte er darauf, dass Snowden in den USA ein faires Verfahren bekommen werde, was dieser bestreitet, auf Nachfrage will sich Caspary dann aber lieber doch nicht festlegen, weil er die Details nicht kenne.

Wie man an ein Interview mit Snowden kommt

Das hat Kollege Sören Brinkmann hier aufgeschrieben. Wir haben aber auch in den Sendungen darüber gesprochen, zum Beispiel bei @mediasres (s.o.) und ziemlich früh, nachdem wir das Interview geführt haben, bei Deutschlandfunk Nova. Außerdem hat mich Ann-Kathrin Büüsker im DLF-Podcast „Der Tag“ zum Interview befragt. Und Stefan hat bei Deutschlandfunk Kultur darüber geredet, auch über Snowdens Buch „Permant Record“.

Die 90er haben angerufen und wollen ihre Spam-Mail zurück…

Heute kommen die offenbar per Twitter-Direktnachricht. Von einem frisch angelegten Account, mit einem gefälschten Namen, einem Twitter-Handle mit vielen Zahlen dahinter (@JAMESED39981369) und einem geklauten Foto, das den CEO der Barclays Bank zeigt, James E. Staley.

Die Mail liest sich aber ganz lustig:

Liebe Pommes Ich bin James .E. Staley, Geschäftsführer der Barclays Bank in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Ich schreibe Ihnen diesen Vorschlag in gutem Glauben in der Hoffnung, dass ich mich bei einer Geschäftstransaktion auf Sie verlassen kann, die absolute Vertraulichkeit erfordert und von großem Interesse ist und unseren beiden Familien zugute kommt Herr Husson Fries, ein Emiratsbürger, dessen Nachname mit Ihrem Namen identisch ist und dessen Herkunftsort Ihr Land ist, hat bei meiner Bank eine feste Einzahlung von 36 Monaten im Wert von 26.700.000 USD geleistet. Ich war sein Account Officer, bevor ich zum Geschäftsführer aufstieg. Der Fälligkeitstermin für diesen Einlagenvertrag war der 27. September 2010. Leider gehörte Husson Fries zu den Todesopfern des Erdbebens in Indonesien im September 2009, bei dem mehr als 1.200 Menschen auf Geschäftsreise ums Leben kamen. Seit dem letzten Quartal 2010 Bis heute hat die Geschäftsführung meiner Bank nach Möglichkeiten gesucht, ihn zu erreichen, um festzustellen, ob er die Einzahlung verlängern oder die Vertragssumme zurückziehen wird. Als ich herausfand, dass dies passieren wird, habe ich versucht, mir ein Verfahren auszudenken, um diese Mittel zu erhalten und den Erlös für geschäftliche Zwecke zu verwenden. Einige Direktoren hier haben versucht, die Informationen über dieses Konto und den Eigentümer von mir zu erfahren, aber ich habe sie geschlossen gehalten, weil ich weiß, dass sie, wenn sie feststellen, dass Herr Husson zu spät kommt, die Gelder für sich selbst umleiten werden. Bitten Sie daher um Ihre Mitarbeit, um Sie als denjenigen zu präsentieren, der bei seinem Tod von seinem Fonds profitiert, da Sie den gleichen Namen haben, damit mein Hauptsitz die Mittel an Sie auszahlt. Ich habe genug Insidebank-Vereinbarungen getroffen, und Sie müssen nur Ihre Daten in das Informationsnetz in den Bankcomputern eingeben und Sie als seine nächsten Verwandten angeben. Wenn Sie diesem Vorschlag zustimmen, beabsichtige ich, dass Sie 50% der Mittel behalten während 50% für mich sein sollen. Bitte leiten Sie Ihre Antwort an mich weiter. Email===barclaysjames11@gmail.com

Soweit von mir – schöne Grüße von Pommes!

Bernard Pörksen nimmt Abschied vom Netzpessimismus

Die Vorträge des Tübinger Medienwissenschaftlers Bernhard Pörksen auf der Republica sind immer sehens- und hörenswert. Man mag seine Thesen nicht teilen, aber an ihnen ist immer was dran, und wie er sie vorstellt, lässt man sich gerne mitnehmen in seiner klugen Argumentation. Zumal er fast völlig frei spricht, sich dabei nicht verzettelt und immer klar ist, worüber er gerade spricht.

In diesem Jahr hat er sich dessen angenommen, was er Netzpessismismus nennt. Er sieht darin die Tendenz, auf bestimmte Entwicklungen im Netz nur noch destruktiv zu reagieren, anstatt die Chancen zu nutzen, die in ihnen stecken, und statt sich den Phänomenen entgegenzustellen. Eine spannende halbe Stunde.

Urheberrecht und Uploadfilter: Keiner profitiert von diesem Gesetz

Noch ist das freie und offene Internet nicht am Ende. Es hängt jetzt davon ab, ob Parlamentarier, Kommission und Staats- und Regierungschefs einsehen, wie stark sie das Netz mit dem neuen Urheberrecht strangulieren würden. Mein Kommentar für den Deutschlandfunk.

Ex-US-Rundfunkregulierer fordert mehr Transparenz von sozialen Netzwerken

Der ehemalige Präsident der obersten Medienregulierungsbehörde der USA, Tom Wheeler, fordert mehr Transparenz von sozialen Netzwerken. Auf der Konferenz „Formate des Politischen“ in Berlin, die vom Deutschlandfunk, der Bundeszentrale für politische Bildung und der Bundespressekonferenz ausgerichtet wurde, plädierte Wheeler dafür, dass Anbieter ihre Programmierschnittstellen offenlegen sollten. Damit blieben die eigentlichen Algorithmen der Unternehmen weiterhin geschützt, Informationen über Reichweiten, virale Trends oder Löschung von Inhalten wären aber zugänglich. Wheeler befürchtet, dass über die Netzwerke andernfalls weiter Propaganda, Hate Speech und Falschnachrichten verbreitet würden und damit die Demokratie in Gefahr gerät. Darüber habe ich im Deutschlandfunk und in Deutschlandfunk Kultur erzählt.

Wheeler war unter US-Präsident Barack Obama Vorsitzender der FCC, der Federal Communications Commission, die den Rundfunk reguliert. Weil es sich um eine politische Behörde handelt, wurde er mit dem Regierungswechsel von Obamas Nachfolger Donald Trump abgesetzt.

Eine weitere Zusammenfassung von Wheelers Vortrag gibt es hier, seine ganze Rede zum Nachschauen hier:

 

Renate Künast: „Kritik hat Facebook systematisch unter Druck gesetzt“

Unter offenbar schlechten Bedingungen haben Facebook-Mitarbeiter bisher Hasspostings und strafbare Inhalte gelöscht. Die Debatte über das Hate-Speech-Gesetz hätte Druck auf Facebook ausgelöst, sagte Renate Künast im Dlf. Als erste Politikerin durfte sie vorige Woche im Löschzentrum in Berlin mit Mitarbeitern sprechen. Mein Interview mit Renate Künast bei @mediasres.

Wir gehen @mediasres

Funkhaus des Deutschlandfunks in Köln
Funkhaus des Deutschlandfunks in Köln

Medien sind heute für jeden selbstverständlich. Hat man sie vor 30 Jahren selbst lediglich konsumiert – und Zeitungen gelesen, Radio gehört, Fernsehen geguckt – so ist man heute selbst Medienproduzent. Und kann darüber hinaus noch auf eine Vielzahl von Quellen zurückgreifen, die früher Journalisten vorbehalten waren. Das bringt viele Vorteile und einige Nachteile. Vor allem aber hat es sehr viel Neues mit sich gebracht: nicht nur das persönliche Verhältnis zu Medien, sondern auch eine gewisse Überforderung, so ganz nebenbei die Seiten gewechselt zu haben.

Es ist eine ganze Reihe von Technologien, die dazu beigetragen haben: das Internet im Allgemeinen, soziale Netzwerke im Besonderen, mobile Netzwerkverbindungen, immer öfter verfügbares WLAN, die allzeit bereite Kamera im Handy für Fotos und Videos. All das versetzt jeden Nutzer heute in die Lage, nicht nur zu empfangen, sondern auch selbst zu senden. Mit all den Chancen und Schwierigkeiten, die das mit sich bringt.

Nicht nur haben Journalisten zuweilen das Gefühl, unter diesen Entwicklungen zu leiden, anstatt sie als Herausforderung zu begreifen. Auch kommen sie den Herausforderungen nur unzureichend entgegen – schon der Tatsache, wie präsent Medienthemen heute jeden Tag sind.

Lediglich auf den Medienseiten der Tageszeitungen und natürlich bei Mediendiensten im Netz geht es täglich um die Herausforderungen der allumfassenden Medialisierung. Was aber fehlt, ist ein tägliches Magazin im Radio, das sich mit Medienthemen beschäftigt.

Die bestehenden Medienmagazine im Radio – wie die gleichnamigen Sendungen etwa bei Radio Eins oder bei B5 aktuell, „Töne Texte Bilder“ bei WDR5 oder „Markt und Medien“ im Deutschlandfunk – leiden vor allem darunter, dass sie nicht so aktuell sind wie sie sein müssten. Und zum Teil im Ein-Mann-Betrieb arbeiten. Am Wochenende können sie nur noch zurückschauen auf Themen, die längst von verschiedenen Seiten aus betrachtet und durchgesprochen worden sind.

Der Deutschlandfunk schafft Abhilfe: Ab dem 20. März beschäftigt sich täglich eine 25-minütige Sendung mit Medien. Sie trägt den beziehungsreichen Titel @ mediasres. Sie will sich nicht nur mit tagesaktuellen Themen beschäftigen, sondern auch auf Hintergründe schauen und sich mit längerfristigen Entwicklungen beschäftigen – täglich zwischen 15.35 und 16 Uhr im Deutschlandfunk und natürlich im Netz.

Ich freue mich, dass ich als Redakteur und Moderator dabei sein kann.

Von der Eilmeldung zur Voreiligmeldung

Manchmal hat man den Eindruck, eine Eilmeldung zu wichtigen, absehbaren Ereignissen müsse fast noch vor deren Stattfinden versendet werden. Kein Wunder, dass es dann zu Fehlern wie diesem kommt:

 

Dazu trägt vermutlich auch eine gewisse Hektik in Reaktionen bei. Wer nur einen kleinen Satz von Bundesverfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle bei der Urteilsverkündung verpasst hat, kann ihn sogleich völlig missverstehen.

Der Spiegel hat sich für den Irrtum entschuldigt:

Mit einem anderen Aspekt zum Thema Eilmeldung, ihrer Entwertung durch zu viele davon, habe ich mich neulich schon beschäftigt.