Wie bild.de mittels Framing das Framing anprangert

Das hat natürlich eine gewisse Ironie, wie bild.de das zurecht umstrittene Gutachten von Elisabeth Wehling für die ARD angreift – nämlich ausgerechnet mit Framing. Der ARD vorzuwerfen, sie wolle die Öffentlichkeit mittels Framing „umerziehen“, und dann selbst Begriffe zu benutzen, auf die genau dieser Vorwurf zutrifft, ist einigermaßen absurd. Genauso macht es bild.de aber in seinem Artikel:

Dabei benutzt bild.de nicht nur das Framing der „Umerziehungs-Fibel“ und des „Umerziehungs-Gutachtens“ und erweckt damit den Eindruck, die ARD sei willens oder gar in der Lage, irgendwen „umzuerziehen“ – zu was auch immer (denn das lässt der Text offen). Auch der Begriff „das gebührenfinanzierte Machwerk“ kommt im Text vor – ohne Distanzierung oder Berufung auf eine Quelle. Dass bild.de also mittels Framing der ARD vorwirft, Framing zu betreiben, ist einigermaßen absurd. Wenn auch nicht überraschend, denn die Redaktionen der Bild arbeiten ständig damit.

Warum Journalisten nicht vom „Gute-Kita-Gesetz“ sprechen sollten (Spoiler: Weil sie damit der Ministerin einen Gefallen tun)

Eigentlich heißt es „Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung“. Dass so ein Begriff den gesetzgeberischen und administrativen Notwendigkeiten entspricht, ist das eine. Gut verkaufen lässt er sich in der Öffentlichkeit aber nicht. Das zuständige Bundesfamilienministerium hat daraus deshalb in seiner öffentlichen Kommunikation das „Gute-Kita-Gesetz“ gemacht.

Das klingt prägnant und einleuchtend und wird deshalb von Journalisten gerne verwendet.

Dabei liegt die Vermutung nahe, dass Familienministerin Franziska Giffey es ganz gerne sieht, wenn das Gesetz unabhängig von der Beurteilung seines Inhalts schon mal ein positives Framing bekommt. Besonders gut funktioniert das, wenn man den Begriff nur hört – dann ist nämlich unklar, ob sich das „Gute“ auf die Kitas bezieht oder auf das Gesetz, etwa in einem Satz wie diesem:

Die Bundesregierung hat das Gute-Kita-Gesetz beschlossen.

Der ließe sich auch verstehen als:

Die Bundesregierung hat das gute Kita-Gesetz beschlossen.

Nach der Framing-Theorie nutzt es auch wenig, den Kurznamen des Gesetzes in Anführungszeichen zu setzen oder – gesprochen – mit einem „sogenanntes Gute-Kita-Gesetz“ zu verstehen. Denn der Begriff bleibt trotzdem hängen, die Distanzierung bzw. Relativierung bewirkt wenig.

Normalerweise räumen Politiker nicht ein, dass sie solche Begriffe bewusst setzen. Giffey schon. Das Magazin „Pressesprecher“ schreibt, dass Giffey die Medien als wichtige Verbündete sehe, wenn es darum gehe, Botschaften zu platzieren. In diesem Fall haben sie sich auch als solche erwiesen. Das Magazin schreibt:

Den verklausulierten Begriff „Kitaqualitätsentwicklungsgesetz“ etwa lehnte sie ab und formulierte ihn kurzerhand um in „Gute-Kita-Gesetz“ ‒ inklusive Würfel für den Schreibtisch, auf dem die Kerngedanken des Gesetzes in prägnanten Sätzen abgebildet sind. Schließlich sollen sich die Menschen ja daran erinnern.

Journalisten müssen sich also bewusst sein, dass sie durch Framing bewusst instrumentalisiert werden. Statt der Kurzform des Namens können sie einfach die Langform nutzen oder besser noch auf eine alternative Formulierung ausweichen – so etwas wie „das neue Kita-Gesetz“.