Ein paar Morde sind kein Drama

Wenn ein Mann seine aktuelle oder ehemalige Partnerin umbringt und die Kinder gleich mit, so nennen Polizei-Pressestellen und Journalisten das gerne mal ein „Familiendrama“. Das ist ein problematischer Begriff, denn er macht aus einer Straftat zum einen eine private Angelegenheit, die nur die Familie angehe, und zum anderen etwas Theatralisches.

Tatsächlich haben Journalisten immer noch nicht gelernt, auf den Begriff zu verzichten und die Ereignisse mit neutralen Worten zu beschreiben. Die Intiative Gender Equality Media hat sich daran gestört, dass die Deutsche Presse-Agentur (dpa) als wichtige Quelle für die Berichterstattung in deutschen Medien diese Formulierung immer noch nutzt. Sie hat der dpa einen offenen Brief geschrieben (PDF) und auf die problematischen Implikationen hingewiesen. Unter anderem heißt es dort:

Bei Tätern mit muslimischen Hintergrund ist oft von “Ehrenmord” die Rede,während bei “deutschen” Tätern der bagatellisierende Begriff “Familiendrama” oder“Eifersuchtsdrama” verwendet wird. So wird Gewalt von Männern gegenüber Frauen*, bzw.ihren (Ex-)Partnerinnen, auf einzelne Kulturkreise abgewälzt. Dabei handelt es sich um eingesamtgesellschaftliches Problem. Würden wir nicht mehr jedes Mal „Familiendrama“lesen, wenn eine Frau durch ihren (Ex-)Partner ermordet wurde, sondern “Femizid”, so wäresichtbar, dass es sich um ein strukturelles Problem handelt und nicht um Einzelfälle.

Zu den problematischen Begriffen, von denen die dpa ohnehin viele schon nicht benutze, gehören laut den Aktivist*innen außerdem:

  • „Sex-Sklavin“
  • „Sex-Täter“
  • „Kinderprostituierte“
  • „Familiendrama“
  • „Eifersuchtstragödie“
  • „Kopftuchfrauen“

In einem Anhang beschreiben sie, was sie daran problematisch finden.

Mittlerweile hat ihnen zufolge auch dpa-Nachrichtenchef Froben Homburger reagiert. In seiner Antwort schrieb er demnach:

Den verharmlosenden ‚Sextäter‘ wollen wir eigentlich auch schon seit längerem nicht mehr verwenden, manchmal rutscht diese Formulierung aber noch durch. Hier werden wir Ihr Schreiben gerne zum Anlass nehmen, die Kolleginnen und Kollegen daran zu erinnern.

Die dpa gab den Aktivist*innen an, bei den Begriffen „Familien- bzw. Beziehungsdrama oder –tragödie“ noch in internen Diskussionen zu stecken. Es wäre wünschenswert, wenn sie auch darauf verzichten würde. Erfreulich ist vor allem die Offenheit, auf solche Denkanstöße zu reagieren.

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