Drei Fragen an Uwe-Karsten Heye: Recherchieren die Medien zu wenig?

„Ich glaube, dass wir viel zu wenig über die Frage nachdenken, was die Gesellschaft spaltet“, sagt der ehemalige Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye (leider mit Vertipper in obigem Tweet) im Deutschlandfunk. Ich habe ihn für @mediasres befragt.

Debatte um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk: „Kommt mal wieder runter!“

Die Diskussion über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist aufgeheizt: Verleger argumentieren mit den Schlagwörtern „Staatspresse“ und „Staatsfunk“. Die Rundfunkredakteure fordern Respekt und werfen manchen Zeitungskollegen Nähe zu Rechtspopulisten vor. Wo bleibt die seriöse Debatte? Mein Beitrag für @mediasres im Deutschlandfunk.

Simbabwe: Medienvielfalt als Alibi

In Simbabwe ist die politische Lage nach der Entmachtung von Staatspräsident Mugabe immer noch unklar. Journalisten dürfen, so die regierenden Generäle heute, wohl durchaus ins Land. ARD-Korrespondent Jan-Philippe Schlüter zeigte sich gestern im Gespräch mit mir in @mediasres im Deutschlandfunk aber noch skeptisch, ob es mit einer Einreise für ihn klappen wird.

Fette und arme Zuschauer? ProSiebenSat.1-Chef Ebeling geht

Der Vorstandsvorsitzende von ProSiebenSat.1 verlässt vorzeitig seinen Posten. Thomas Ebeling war mit abfälligen Bemerkungen über seine Zielgruppe in die Kritik geraten. Doch Thomas Lückerath vom Branchendienst DWDL sagte im Gespräch mit dem Dlf, das sei nur „der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen brachte“. Mein Interview mit DWDL.de-Chefredakteur Thomas Lückerath in @mediasres im Deutschlandfunk.

Remscheider General-Anzeiger schließt sich Kampagne gegen Öffentlich-Rechtliche an

Der Remscheider General-Anzeiger reiht sich ein in die Reihe der Medien, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk diffamieren. In einem Artikel heißt es in der Überschrift ohne jegliche Distanzierung, so als gebe es ihn:

rgaDer Autor Axel Richter schreibt in dem Artikel, der nicht als Meinungsstück gekennzeichnet ist, gleich zu Beginn:

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk gerät unter Druck. Zwar betonen seine Fürsprecher nahezu mantrahaft, was für ein hohes und bewahrenswertes Gut er darstelle, so dass der Zuhörer leicht den Eindruck gewinnt, das Volk der Deutschen falle erneut der Barbarei anheim, wenn ihnen ARD, ZDF und Co. nicht weiterhin den Weg zu Demokratie und Frieden weisen. Doch gerade die Bevormundung, die daraus spricht, bringt den gebührenfinanzierten Funk- und Fernsehmachern Kritik ein.

Die Polemik, die aus der Barbarei-Passage spricht, ist dabei typisch für die Art und Weise, wie mittlerweile aus manchen Zeitungsredaktionen mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk umgehen. Genau dagegen richtete sich der Brief der Redakteursausschüsse von ARD, ZDF und Deutschlandradio von Anfang November.

Und Richter macht dann gleich noch einen Appell eines CDU-Politikers öffentlich, der den Verleger des Remscheider General-Anzeigers geradezu zu einer Kampagne auffordert:

„Schreiben Sie gegen die Steuereintreiber von ARD und ZDF an“, forderte Henner Blecher, Unternehmer und einstiger Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung (MIT) in der CDU Remscheid, am Dienstagabend. Und MIT-Mitglied Ralf Wieber stimmte ein: „Ich will endlich selbst entscheiden, wofür ich bezahle.“

Hat geklappt, der Artikel macht sich diese Haltung zueigen. Dass er weiterhin die Stärken der Zeitung lobt – geschenkt. Dass er ausgerechnet die Frankfurter Allgemeine Zeitung zu einem Kronzeugen gegen die Öffentlich-Rechtlichen macht, ist einerseits traurig, andererseits angesichts deren Entwicklung nicht überraschend. Dass die Politiker in den Sendergremien den Anstalten „die Gründung immer neuer Spartenkanäle“ nicht verweigern würden, ignoriert darüber hinaus Fakten. Schließlich haben ARD und ZDF zugunsten des Jugendangebots „Funk“ zwei ihrer Spartensender dichtgemacht.

Lobbyismus schön und gut. Selbstverständlich haben die Zeitungen ihre Interessen, die in Konflikten mit denen der Sender stehen. Dafür aber journalistische Grundsätze wie die einer möglichst neutralen und wahrheitsgemäßen Berichterstattung aufzugeben, kann weder im Sinne der Zeitung noch im der ihrer Leser sein.

Konsequenterweise lobt sich die Zeitung am Ende über einen Mittelsmann noch selbst:

Michael Boll verwies auf die kritische Berichterstattung, die im RGA bereits erschienen ist. Doch die Zeitung solle darin nicht nachlassen, forderten die Unternehmer: „Die Menschen sind längst mündig genug, selbst zu entscheiden, welche Medieninhalte sie konsumieren möchten.“

Die Macher der Zeitung sollten aufpassen, dass diese Aufforderung nicht nach hinten losgeht.

Ex-US-Rundfunkregulierer fordert mehr Transparenz von sozialen Netzwerken

Der ehemalige Präsident der obersten Medienregulierungsbehörde der USA, Tom Wheeler, fordert mehr Transparenz von sozialen Netzwerken. Auf der Konferenz „Formate des Politischen“ in Berlin, die vom Deutschlandfunk, der Bundeszentrale für politische Bildung und der Bundespressekonferenz ausgerichtet wurde, plädierte Wheeler dafür, dass Anbieter ihre Programmierschnittstellen offenlegen sollten. Damit blieben die eigentlichen Algorithmen der Unternehmen weiterhin geschützt, Informationen über Reichweiten, virale Trends oder Löschung von Inhalten wären aber zugänglich. Wheeler befürchtet, dass über die Netzwerke andernfalls weiter Propaganda, Hate Speech und Falschnachrichten verbreitet würden und damit die Demokratie in Gefahr gerät. Darüber habe ich im Deutschlandfunk und in Deutschlandfunk Kultur erzählt.

Wheeler war unter US-Präsident Barack Obama Vorsitzender der FCC, der Federal Communications Commission, die den Rundfunk reguliert. Weil es sich um eine politische Behörde handelt, wurde er mit dem Regierungswechsel von Obamas Nachfolger Donald Trump abgesetzt.

Eine weitere Zusammenfassung von Wheelers Vortrag gibt es hier, seine ganze Rede zum Nachschauen hier:

 

Redakteure erwarten Döpfners Gesprächsangebot „offen und gespannt“

In der Brieffreundschaft zwischen der Arbeitsgemeinschaft der Redakteursausschüsse von ARD, ZDF und Deutschlandradio (AGRA) einerseits und dem Präsidenten des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), Mathias Döpfner, geht es weiter. Nach dem ersten Brief der AGRA und Döpfners Antwort hat die AGRA jetzt noch mal geschrieben. Hier der Offene Brief im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Präsident,

sehr geehrter Herr Döpfner,
wir bedanken uns für Ihren Offenen Brief als Reaktion auf die Frankfurter Erklärung der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Redakteursausschüsse.

Betonen möchten wir, dass die Erklärung unserer Herbsttagung ausdrücklich an die Kolleginnen und Kollegen in den deutschen
Zeitungsredaktionen gerichtet war – also auf Arbeitsebene.

Anlass unserer Erklärung war die Kampagne, die einige Print-Medien aus unserer Sicht unberechtigterweise seit Monaten gegen die öffentlich-rechtlichen Sender führen.

Medienpolitische Strategiediskussionen, die Sie unmittelbar daraus ableiten, werden – wie Sie in Ihrem Schreiben anführen – von Ihnen seit geraumer Zeit auf anderer Ebene mit den Rundfunkanstalten geführt. Dort gehören Sie unserer Meinung nach auch hin.

Uns ging es vor allem darum, als Journalistinnen und Journalisten von öffentlich-rechtlichen Sendern die Bezeichnung „Staatsfunk“ entschieden zurückzuweisen.

Ihr „persönliches und öffentliches“ Gesprächsangebot haben wir zur Kenntnis genommen, sind nach wie vor offen und gespannt, welchen Rahmen Sie dafür wählen wollen.

Mit freundlichen Grüßen

Für die Arbeitsgemeinschaft öffentlich-rechtlicher Redakteursausschüsse

Gabriela Mirkovic
Hubert Krech
Heike Bade

Von der Schwierigkeit, mit Zeitungsmachern zu reden

Es ist gar nicht so leicht, mit manchen Zeitungsmachern ins Gespräch zu kommen. Einerseits erheben sie Forderungen an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wenn der dann aber darüber (öffentlich) ins Gespräch kommen will, bleiben sie stumm oder verweigern sich – und behaupten dann, man wolle ja selber gar keinen Dialog.

Das Wochenende hat einige merkwürdige Begegnungen dieser Art gebracht. Zuerst versuchte Stefan Niggemeier von Übermedien, vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) eine Stellungnahme dazu zu bekommen, dass sein Präsident Mathias Döpfner sich selbst widersprochen oder gar gelogen hat. Döpfner hatte abgestritten, jemals (im Indikativ) gesagt zu haben, die Journalisten der ARD seien „Staatspresse“. Gesagt hatte er es aber. Eine Antwort auf die Frage kam nicht.

bildschirmfoto-2017-11-06-um-18-57-40Die Medienjournalisten Daniel Bouhs und Jörg Wagner beklagten sich auf Twitter, dass Mathias Döpfner ihnen seit Monaten Interviews verweigern würde. Darauf gab es keine Antwort vom BDZV.

Ich habe wiederum gestern über einen meiner Meinung nach zu Unrecht pauschalisierenden Artikel (mit Bezahlschranke, die nach einigen Minuten runtergeht) in der Westdeutschen Zeitung gebloggt. Dort raunt Chefredakteur Ulli Tückmantel, dass die Redakteursausschüsse von ARD, ZDF und Deutschlandradio, deren offener Brief an ihre Zeitungskollegen Anlass für die neueste Eskalation war, das Dialogangebot von Döpfner aus seiner Replik darauf gar nicht erst annehmen würden.

Tückmantel selbst hatte aber keinerlei Lust, in den Dialog mit mir einzusteigen. Was grundsätzlich okay wäre, allerdings verweigerte er sich mit solch einer Unlust am Argument und so unfreundlich, dass ich sehr verwundert war.

(Quelle: https://twitter.com/Tueckmantel_WZ/status/927200232944947202)

Ein Chefredakteur, der zuerst ein fehlendes Argument beklagt, sich das dann aber nicht mehr anhören will. Da ist auch der tapfere Zinnsoldat machtlos.

Die Redakteursausschüsse haben das Dialogangebot übrigens inzwischen angenommen, aber das nur nebenbei.

(Quelle: https://twitter.com/daniel_bouhs/status/927579954879123456)

Inzwischen hatte dann auch Ulli Tückmantel ein Angebot zum Dialog angenommen, diesmal aber nicht bei Twitter, sondern bei @mediasres im Deutschlandfunk, wo er über seine Kritik an den öffentlich-rechtlichen Sendern sprach. Manches habe ich nicht richtig verstanden; etwa, als er einerseits nicht unbedingt weniger Text für die Öffentlich-Rechtlichen im Netz fordert, andererseits aber möchte, dass sie sich auf Audio und Video konzentrieren. Er benutzt auch den Begriff „Zwangsgebühren“, auf den zu verzichten die Redakteursausschüsse ja gebeten hatten. Diesen Appell hatte Tückmantel ja schon in seinem WZ-Artikel missverstanden.

Nach der Aufzeichnung des Interviews war er allerdings merkwürdigerweise wieder auf Krawall gebürstet und twitterte noch vor der Sendung misstrauisch:

(Quelle: https://twitter.com/Tueckmantel_WZ/status/927544594371350530)

Die Stelle war natürlich drin. Aber irgendwie konnte er wohl immer noch nicht glauben, dass manche Leute wirklich an einem Dialog interessiert sind. Ein Dialog, den @mediasres nicht auf Seiten der Öffentlich-Rechtlichen führt, sondern als Medienmagazin, das beide Seiten in der Debatte zu Wort kommen lässt. Döpfner will nämlich auch dort nicht sprechen.

(Quelle: https://twitter.com/DLFmedien/status/927604682977103877)

Die Sache mit Döpfner endete übrigens heute mit einem weiteren Artikel von Stefan Niggemeier bei Übermedien, der die Weigerung Döpfners bzw. des BDZV, seinen Fehler einzugestehen, so kommentiert:

Wie will denn jemand Leute wie Döpfner und die von ihm vertretenen Verlage ernst nehmen in ihrem Kampf für die Wahrheit, wenn sie in eigener Sache mit Zähnen und Klauen die Lüge verteidigen? Wie soll sich in den Zeitungen eine Fehlerkultur durchsetzen, wenn der oberste deutsche Zeitungsverleger es in einem einfachen, glasklaren Fall nicht schafft, einen Fehler zuzugeben?

 

Anmerkung (20.05.2018): Wegen der Datenschutzgrundverordnung habe ich Widgets, die sich ursprünglich im Text befanden, entfernt.

WZ-Chefredakteur beklagt anlasslose Verunglimpfung und schreibt von „ARD-Krieg“

Ach ja, wie schön wäre es doch, wenn es wieder mehr Differenzierung gäbe im Streit zwischen öffentlich-rechtlichen Sendern und der privaten Presse. Leider tragen beide Seiten nicht unbedingt dazu bei. Das hat Medienjournalistin Ulrike Simon schon vor einigen Wochen in ihrer Kolumne bei Spiegel Daily beklagt (wann genau, lässt sich der Webseite leider nicht entnehmen).

„Nun kommt mal wieder runter“ steht über der Kolumne, und Simon kritisiert vor allem den Stil der Debatte. Denn Wahrheit und Anstand blieben dabei auf der Strecke:

Wie die Öffentlich-Rechtlichen und die Verlage miteinander umgehen, ist für jemanden, dem etwas an gutem Fernsehen, gutem Radio, gutem auf welchen Wegen auch immer verbreitetem Journalismus und ganz nebenbei auch etwas am eigenen Beruf liegt, nur schwer erträglich.

Auch wenn ich das Anliegen der Arbeitsgemeinschaft der Redakteursausschüsse von ARD, ZDF und Deutschlandradio (AGRA) von der Zielrichtung her teile, so finde ich den dazu verschickten offenen Brief doch teilweise etwas aggressiv formuliert. Gerichtet an die Kollegen in den Zeitungsredaktionen heißt es darin:

Wir fragen uns, warum Sie mit solchen Äußerungen unsere Arbeit verunglimpfen und sich damit selbst in die Nähe von Rechtspopulisten stellen. Sie bedienen ein Klima, das uns JournalistInnen der öffentlich-rechtlichen Medien an den Pranger stellen soll. (…)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, fällt es Ihnen eigentlich nicht auf, dass Sie mit dieser Kampagne auch den Journalismus insgesamt beschädigen?

Ich hätte mir ein paar sanftere Formulierungen gewünscht. Auch wenn in dem Brief nicht allen Zeitungsredakteuren vorgeworfen wird, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit Begriffen wie „Staatsfunk“ und „Staatspresse“ zu verunglimpfen, glaube ich, dass sich so schwerlich ein konstruktiver Dialog eröffnen lässt, für den sich die Ausschüsse ja grundsätzlich offen zeigen.

Auch wenn dem Wortlaut nach eben nicht alle Zeitungskollegen kritisiert werden, macht doch auch der Ton die Musik. Allerdings machen es Vertreter der Zeitungsbranche selbst nicht besser. Erwähnt sei BDZV-Präsident Mathias Döpfner, der auf den Brief geantwortet hat, ohne dass er an ihn gerichtet war. Er bot zwar einen Dialog an, verleugnete dabei aber zugleich, was er bisher gesagt hatte. Das macht einen Dialog natürlich schwierig.

Ulli Tückmantel, Chefredakteur der Westdeutschen Zeitung, hat der Brief offenbar so aufgeregt, dass er auch nicht mehr zu Differenzierungen in der Lage war. In seiner Zeitung holte er weit aus und schrieb:

Um der Struktur-Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu entgehen, startet die ARD nun das nächste Ablenkungsmanöver.

Wenn er hinter den Redakteursausschüssen „die ARD“ vermutet (als Unternehmen, also wohl eher die Geschäftsleitung), frage ich mich schon, ob er den Unterschied zwischen Mitarbeitern und Geschäftsleitung nicht versteht oder nicht verstehen will. (Vielleicht gibt es in seinem Haus eine solche Differenzierung nicht.)

Die Formulierung suggeriert außerdem eine konzertierte Aktion des Senderverbundes („Ablenkungsmanöver“). Dabei sind die Redakteursausschüsse genau der Gegenpart zur Geschäftsleitung.

Tückmantel schreibt weiter:

Die anlasslose Verunglimpfung von 10.500 Redakteurinnen und Redakteure (sic!) deutscher Tageszeitungen, die mehrheitlich keine Zeile über Medienpolitik schreibt, als rechtspopulistennah ist nur der neueste Gipfel der Albernheit im ARD-Krieg gegen den Bundesverband der Zeitungsverleger (BDZV), seit dessen Präsident Mathias Döpfner sich im September gegen die immer grenzenlosere Ausdehnung von ARD, ZDF und Deutschlandradio in die Geschäftsfelder der Zeitungsverlage verwahrte.

„ARD-Krieg“ ist nicht gerade deeskalierend, führt aber seine Theorie eines konzertierten Ablenkungsmanövers weiter.

Und: Anlasslos ist die Beschwerde bei weitem nicht. Man lese nur die FAZ. Dort zeigt sich auch, dass nicht nur bei Berichten über Medienpolitik ausgeteilt wird.

(Quelle: https://twitter.com/niggi/status/920415149357522944)

Auch der „Spiegel“ hat sich mit seiner Titelgeschichte nicht gerade mit Ruhm bekleckert.

Kritisiert werden in dem offenen Brief auch nicht alle 10.500 Redakteurinnen und Redakteure. In dem Brief heißt es:

…wir fühlen uns diskreditiert, wenn Sie uns als Staatsfunk bezeichnen und uns damit unterstellen, dass wir uns politisch steuern lassen.

Wenn. Und genau darum geht es. Nicht um die Kritik an den Online-Angeboten der Sender, zu denen sich die Ausschüsse in ihrem Brief gar nicht äußern. Es geht um eine Diskreditierung mittels Begriffen.

(Über den Widerspruch in Döpferns Brief übrigens verliert Tückmantel in seinem Artikel kein Wort.)

Tückmantel geht interessanterweise auch davon aus, dass die Ausschüsse nicht auf das Angebot zum Dialog eingehen werden:

Mathias Döpfner kann sich einigermaßen sicher sein, dass es dazu nicht kommt. Denn allen voran die ARD bricht den Dauerkonflikt, den sie nun auch auf die Zeitungsredakteure ausdehnen will, aus einem sehr durchsichtigen Grund vom Zaun: …

Und damit verwechselt er wieder Geschäftsleitung und Mitarbeiter. Wie gesagt: Hier spricht nicht „die ARD“, sondern die Vertretungen der Programmmitarbeiter. Und diese äußern sich nicht anlasslos; der Konflikt ist nämlich – wie gesagt – längst in den Zeitungsredaktionen angekommen.

Die Ausschüsse wollen das Dialogangebot übrigens annehmen und sprechen auch in der Öffentlichkeit über ihre Kritik. Anders als Mathias Döpfner, der zwar immer wieder Reden hält und neulich auch mal der FAZ ein (sicherlich autorisiertes) Interview gab, sich aber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk selbst weitgehend verweigert. Weder das NDR-Magazin „Zapp“ noch das „Medienmagazin“ von Radio Eins haben in der letzten Zeit Zusagen für ein Interview mit ihm bekommen.

(Quelle: https://twitter.com/niggi/status/920415149357522944)
(Quelle: https://twitter.com/medienmagazin/status/926505755590713347)

Ein echter Dialog sieht anders aus.

Klar, es gibt berechtigte Anliegen beider Seiten. Ich kann das Argument verstehen, dass sich Zeitungen im Netz vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk bedroht fühlen, auch ohne dass ich gleich ein Urteil darüber abgeben müsste, ob diese Angst berechtigt ist. Aber dieser Streit sollte eben nicht über die Redaktionen ausgetragen werden – unter Missachtung journalistischer Standards – sondern von den Geschäftsleitungen und Lobbyisten beider Seiten.

Und mehr Differenzierung würde auf beiden Seiten nicht schaden. Nicht, dass es die in anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens immer geben würde. Wenn wir Journalisten über Politik berichten, stoßen wir immer wieder auf solche Verhaltensmuster, die wir dort auch gerne kritisieren. Aber nun trifft es eben unsere eigene Branche: Fast jeder, der über den Konflikt berichtet, wird zwangsläufig mit einer der beiden Seiten assoziiert. Eigentlich sollten wir es besser können.

 

Anmerkung (20.05.2018): Wegen der Datenschutzgrundverordnung habe ich Widgets, die sich ursprünglich im Text befanden, entfernt und entweder durch Screenshots oder Links ersetzt.