Aktivisten stören ARD-Sommerinterview mit Alice Weidel

Dass die traditionellen ARD-Sommerinterviews draußen stattfinden, hat gestern eine hörbare Protestaktion ins Programm gebracht. Das Gespräch mit Alice Weidel wurde durchgehend von einer Geräuschkulisse von Demonstranten untermalt, die sich auf der anderen Spreeseite versammelt hatten. Erst tröteten und trommelten sie nur, später spielte das „Zentrum für Politische Schönheit“ einen Chorgesang mit dem sich wiederholenden Text „Scheiß AfD“ ein. Was dahinter steckt und wie Alice Weidel, Moderator Markus Preiß und die ARD damit umgegangen sind und umgehen wollen, habe ich heute früh in Deutschlandfunk Kultur erzählt.

Auch wenn Weidel das Interview nicht abbrechen wollte, haben mittlerweile ein AfD-Sprecher und ein AfD-Politiker nun doch eine Wiederholung gefordert. Und Markus Preiß hat noch mal auf Kritik reagiert, wieso die ARD überhaupt AfD-Politiker interviewt. Darüber habe ich etwas ausführlicher am Nachmittag bei @mediasres im Deutschlandfunk gesprochen.

Wie es bei ttt nach der Trennung von Thilo Mischke weitergeht

Mehr als sechs Monate ist es her, dass die ARD einen neuen Moderator für ihr Kulturmagazin „Titel, Thesen, Temperamente“ (ttt) im Ersten angekündigt hatte. Doch am Investigativjournalisten Thilo Mischke gab es gleich Kritik: Er sei kein Kulturjournalist und habe sich in Büchern und Podcastfolgen sexistisch und teils auch rassistisch geäußert.

Die Hintergründe habe ich gestern noch mal in „Fazit“ in Deutschlandfunk Kultur erklärt.

Nach zwei Wochen öffentlichen Drucks trennte sich die ARD von Thilo Mischke – und wollte den Fall danach journalistisch aufarbeiten. Doch daraus wird nichts, weil das aus Sicht der ARD allen Betroffenen nur schaden könnte, sagte MDR-Kulturchefin Jana Cebulla im Deutschlandfunk. Cebulla ist künftig federführend verantwortlich für ttt und die Kommunikation. Ich hatte sie danach gefragt, was denn eigentlich aus der journalistischen Aufarbeitung wird, von der wir sechs Monate nichts mehr gehört haben, darauf sagte sie:

„Wir haben uns gefragt, können wir an dieser Stelle etwas journalistisch aufarbeiten, ohne dass alle Beteiligten am Ende nicht noch mehr wieder im Schussfeld stehen oder vielleicht falsch dargestellt werden? Und deswegen haben wir uns entschieden, an dieser Stelle, heute, erstmal zu sagen, wir arbeiten es nicht weiter journalistisch auf, weil einfach nicht klar ist, wie das ausgehen kann.“

Konkrete Fehler werden nicht benannt

Jana Cebulla will nicht von fehlender Transparenz sprechen, sondern sie nennt es weitsichtig im Hinblick auf die Marke ttt. Eine interne Aufarbeitung habe es durchaus gegeben, auch einen Bericht, um aus den Fehlern Konsequenzen zu ziehen.

Welche Fehler genau gemacht worden sind, wollte Cebulla nicht sagen – auch nicht, von wem. Aber sie räumte ein, dass die ARD zu wenig kommuniziert habe:

„Es gab keinen Austausch von Argumenten und das ist auch ein Fehler, der passiert ist. Grundsätzlich kann man sagen, dass in der Zeit um Weihnachten und Neujahr wir viel kommuniziert haben in der ARD. Nur am Ende gab es eben diese eine Verantwortung, die gefehlt hat, zu sagen, da gehe ich jetzt raus. Und aus diesen Fehlern hat die ARD gelernt und hat gesagt, das müssen wir künftig besser aufstellen, denn das schadet dem Ansehen aller Beteiligten und das wollen wir nicht.“

Durch die mangelnde Transparenz lässt sich aber nur schwer sagen, ob man die durch die vereinbarten neuen Regeln in Zukunft vermeiden kann.

Komplizierte Struktur hinter ttt-Sendungen

Ein Teil der Probleme lag offenbar an den komplizierten Strukturen hinter ttt. Denn die Sendung tritt zwar unter einer Dachmarke auf, mit denselben Moderatoren jede Woche (im Moment allein Sihal El Maimoudi), aber jede Sendung wird von einer anderen Redaktion in einer anderen ARD-Anstalt gemacht; sechs sind beteiligt. Das erfordert viel Abstimmung, auch bei grundsätzlichen Fragen wie der Auswahl eines neuen Moderators, aber auch bei der Kommunikation nach außen. Das hat man (zurecht) als Fehler erkannt, das soll besser werden. Das heißt, das macht künft der MDR zentral: zu Themen wie der Gestaltung der Marke, Kommunikation, Zielgruppenansprache usw. Das haben die ARD-Intendantinnen und Intendanten am Mittwoch bei einem Treffen beschlossen.

Künftig soll es wieder wichtig sein, dass der Moderator auch fachlich geeignet ist. Erreichen will man das durch neue Regeln fürs Casting von Moderatoren. FAZ-Recherchen zufolge war es damals bei Thilo Mischke so, dass er gar nicht der Favorit der Redaktionen war, da lag ein Konkurrent vorne. Man hat dann noch einen Zuschauertest gemacht, wo Mischke teilweise vorne lag. Am Ende haben offenbar die beteiligten Kulturchefs der ARD-Anstalten die Redaktionen überstimmt und sich für Mischke ausgesprochen, auch wenn er keine Erfahrung im Kulturjournalismus hatte.

Wie genau die Castings künftig aussehen sollen, wissen die Beteiligten aber noch nicht, das soll jetzt erst erarbeitet werden, damit es klare Kriterien für die Auswahl gibt. Einen Zuschauertest wird es dann wohl auch geben, der soll dann aber anders bewertet werden.

Bis Mitte 2026 soll Siham El Maimouni die alleinige Moderatorin bleiben; das hatte die ARD schon bekanntgegeben, als sie sich von Thilo Mischke trennte. Mitte 2026, also erst in einem Jahr, will man dann einen neuen, zweiten Moderator für „Titel, Thesen, Temperamente“ verkünden.

Eurovision Song Contest: Spanien will Publikumsvoting für Israel überprüfen lassen

Der Eurovision Song Contest vom Wochenende hat nicht nur Freude über den Sieger JJ aus Österreich hervorgebracht. Er hatte zwar die meisten Punkte von den nationalen Musikjurys bekommen, die meisten Punkte von den Zuschauerinnen und Zuschauern gingen aber an den Beitrag aus Israel von Sängerin Yuval Raphael, die von den Jurys gar nicht so viele Punkte bekommen hat.

Weil das so auseinanderklafft, hinterfragen mindestens zwei beteiligte Sender jetzt das Abstimmungssystem für den ESC. Darüber habe ich für Deutschlandfunk Kultur und den Deutschlandfunk berichtet.

Eilantrag teilweise stattgegeben: Compact-Magazin darf erst mal wieder erscheinen

Das rechtsextreme Compact-Magazin darf erst mal wieder erscheinen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig im Eilverfahren entschieden und damit das Verbot des Bundesinnenministeriums teilweise aufgehoben. Das Ministerium hatte das damit begründet, dass sich der Verein hinter Compact gegen die verfassungsmäßige Ordnung richte. Über die Entscheidung und die Hintergründe habe ich bei „Fazit“ in Deutschlandfunk Kultur berichtet.

Streit über Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

Welches Programm sollen ARD, ZDF und das Deutschlandradio machen? Das ist eine Frage, die in groben Zügen von der Politik beantwortet wird, festgelegt im Auftrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Über den den neuen Medienstaatsvertrag diskutieren gerade hinter den Kulissen Medienpolitiker der Bundesländer, die dafür zuständig sind.

Eine Diskussion, die deutlich ruhiger abläuft als die über den Rundfunkbeitrag, über den wir in den vergangenen zwei Jahren diskutiert haben. Darüber habe ich heute in den „Informationen am Morgen“ im Deutschlandfunk berichtet.

ARD stellt Berichterstattung aus Moskau ein

Wer aus Russland über den Angriffskrieg gegen die Ukraine berichten will, muss mit harten Strafen rechnen. Russlands Präsident Wladimir Putin hat am Freitag mehrere Gesetze unterzeichnet, mit denen die freie Meinungsäußerung beschnitten wird. Unter anderem für angebliche Falschinformationen über den Krieg drohen bis zu 15 Jahre Haft – auch für ausländische Korrespondenten. ARD, ZDF und das Deutschlandradio haben daraufhin am Wochenende beschlossen, ihre Berichterstattung aus Russland selbst einzustellen. Mein Bericht für die ARD-Radiosender.

Warum Radio- und Fernsehsender Wahlwerbung senden

Ab dem 30. August laufen in Radio und Fernsehen wieder vier Wochen lang Wahlwerbespots der Parteien zur Bundestagswahl. Welche Parteien dürfen was senden? Warum müssen die Sender die Wahlwerbung überhaupt spielen – und dürfen sie Spots auch ablehnen? Das habe ich heute in @mediasres im Deutschlandfunk erklärt.

10 Jahre DAB+: Ist das Digitalradio das Radio der Zukunft?

Heute vor zehn Jahren startete das Digitalradio einen neuen Anlauf: DAB+ wurde aus der Taufe gehoben und hat es – trotz vieler Vorzüge – bis heute schwer, sich durchzusetzen. Denn noch während das terrestrische Digitalradio entwickelt wurde, trat das Internet weltweit seinen Siegeszug an. Der Deutschlandfunk-„Hintergrund“ von Annika Schneider und mir.

Deutschlandradio-Hörspiele jetzt auch bei Youtube

Das Deutschlandradio bietet seine Hörspiele von Deutschlandfunk und Deutschlandfunk Kultur schon länger in einem eigenen Portal auch als Podcast an. Jetzt sind ausgewählte Stücke auch auf Youtube zu hören.

Mit dabei zum Auftakt: „Party für eine Leiche“ nach dem Roman von Patrick Hamilton, nach dessen Vorlage Alfred Hitchcock seinen Film „Cocktail für eine Leiche“ (im Original: „Rope“) gedreht hat.

Hörspiele gibt es bei Youtube schon länger. Viele Hörspielmacher nutzen die Plattform, um ihre Produktionen zu verbreiten. Auch wenn es nichts zu sehen gibt, hat Youtube einfach eine so hohe Reichweite, dass es sich lohnt, auch nur Hörstücke einzustellen. So wie viele Leute sich über Youtube auch Musik anhören, indem sie Musikvideos laufen lassen, aber nicht hinsehen.

So stellt der Maritim-Verlag Sherlock-Holmes-Hörspiele online.

Kinderhörspiele wie „Bibi und Tina“ sind auch zu hören, teils sogar mit eine Art Dia-Show illustriert.

Früher hat auch der Hörspielmacher David Holy eigene hochkarätige Produktionen online gestellt, das Youtube-Konto wurde aber nach Unternehmensangaben wegen Urheberrechtsverletzungen gesperrt.

Parteien machen Journalisten Konkurrenz

Immer mehr politische Akteure machen ihre eigene Öffentlichkeitsarbeit: Das Bundesverkehrsministerium berichtet aus dem sogenannten Neuigkeitenzimmer, der Unionsfraktionsvorsitzende „interviewt“ die Bundeskanzlerin, die AfD dreht einen sogenannten „Dokumentarfilm“. Im Netz stehen diese Formen neben traditionellem Journalismus.

Was für Auswirkungen das für Nutzer hat und auf die Arbeit von Journalisten, darüber wurde am Freitag auf der Konferenz „Formate des Politischen“ von Deutschlandfunk und Bundespressekonferenz diskutiert. Das Thema: „News ohne Journalisten – Wird der Journalismus in der Öffentlichkeit verdrängt?“

Über die neue Konkurrenz für Journalisten habe ich am Abend für „Fazit“ bei Deutschlandfunk Kultur berichtet – nachzuhören hier (Audio).