Der Deutschlandfunk-Podcast „Der Tag“ wird ein Jahr alt. Direkt nach der Bundestagswahl 2017 ist er gestartet – und damals gab es viel zu besprechen. Kollegin Ann-Kathrin Büüsker hat schon am Sonntag in ihrem Blog besprochen, was sie an ihrem Podcast so toll findet, ich habe gestern ein paar Gedanken dazu ergänzt.
Heute hat sie nochmal im Medienmagazin @mediasres darüber gesprochen – und eine Sache erwähnt, die ich ganz wichtig finde. Es geht darum, dass sich Hörer manchmal beschweren, dass ihnen eine bestimmte Sichtweise von Journalisten aufgedrängt werden soll. „Meinungsjournalismus“ lautet der Vorwurf. Darauf hat Ann-Kathrin geantwortet:
Wir liefern Fakten, wir erklären Zusammenhänge, und auf dieser Basis kommen die Kolleginnen und Kollegen zu Einschätzungen. Diese Einschätzungen muss man ja nicht teilen. (…) Wir machen nur kenntlich, als die auftretenden Korrespondentinnen, wo wir stehen. Niemand ist frei von politischer Haltung, und indem ich klarmache, auf welchen Fakten ich zu meiner Einschätzung komme, mache ich ja transparent, wo ich stehe, und das hat für mich auch was mit Glaubwürdigkeit zu tun.
Es gehe nicht darum, dass sich die Hörer der Meinung anschließen sollen, die sie hören.
Wir wollen klarmachen, wie die Leute zu diesen Einschätzungen kommen, und damit die Gehirne der Menschen antippen. Die müssen nicht mit dem übereinstimmen, was da im Radio gesagt wird. Es geht darum, den Leuten Gehirnfutter zu liefern, das ist unser Job.
Wenn es in der CDU-Bundestagsfraktion am Dienstag um den Vorsitz geht, werden viele Journalisten wieder einen ihrer liebsten Begriffe auspacken: die Kampfkandidatur.
Denn schließlich hat Amtsinhaber Volker Kauder tatsächlich mal einen Gegenkandidaten – zum ersten Mal, seit er 2005 Fraktionsvorsitzender wurde: den Kollegen Ralph Brinkhaus aus Gütersloh. Schon als Brinkhaus seine Kandidatur ankündigte, lauteten die Schlagzeilen entsprechend, zum Beispiel bei tagesschau.de:
Und so weiter. „Kampfabstimmung“, „Kampfkandidatur“ – Journalisten lieben das Wort Kampf.
Das klingt dramatisch, unerhört, skandalös. Obwohl es so banal ist: Die Abgeordneten können tatsächlich mal ihr demokratisches Recht wahrnehmen und sich zwischen zwei Kandidaten entscheiden – zum ersten Mal seit 13 Jahren.
Klar, man kann natürlich von Kampfkandidatur schreiben, wenn man den Wettbewerb um einen Posten als demokratischen Kampf um ein Amt sieht. Dass der Begriff nicht wörtlich gemeint ist, ist auch klar. Das Problem ist nur, dass die Journalisten damit eine Dramatik hereinbringen und etwas Unerhörtes mitschwingen lassen: dass sich jemand erdreistet, den Amtsinhaber herauszufordern und ihm womöglich sein Amt wegnehmen könnte.
Was ist eine Kampfkandidatur, was eine Wahl?
Ich verstehe die Kollegen, die auf das Neue aus sind, auf Dramatik, auf Konflikt, auf Personen – so was funktioniert immer gut. Allerdings wird damit ein ganz normaler demokratischer Vorgang unnötig aufgeladen. Schließlich gibt es, legt man diese Logik zugrunde, ständig Kampfkandidaturen: Bei jeder Bundestagswahl treten in allen Wahlkreisen Kandidaten verschiedener Parteien gegeneinander an. All das müssten dann Kampfkandidaturen sein – weil eben nicht nur ein Kandidat gesetzt ist, der dann so oder so das Rennen machen wird.
Aber auch das wäre nicht so schlimm, wenn nicht gleichzeitig ein wesentlich weniger demokratischer Akt als „Wahl“ verbrämt würde – nämlich dann, wenn es nur einen Kandidaten gibt. Wenn Volker Kauder als einziger Kandidat für das Amt des Fraktionsvorsitzenden antritt, soll das eine Wahl sein? Wenn die Abgeordneten nur ihn wählen oder sich stattdessen enthalten oder ungültig wählen oder gar nicht teilnehmen können – das soll eine Wahl sein?
Dass sich Parteien und Fraktionen auf solche Verfahren festlegen, um den Eindruck von Zerstrittenheit zu vermeiden, ist mir natürlich bewusst. Gerade CDU und CSU lieben normalerweise die Geschlossenheit (von Alleingängen Seehofers in den letzten Jahren mal abgesehen), während SPD-Chefin Andrea Nahles eine Gegenkandidatin hatte und besonders bei den Grünen hart um Vorsitz und Spitzenkandidatur gerungen wurde.
Es bleiben genug Aufreger
Journalisten haben natürlich keinen Einfluss auf so etwas – oder etwa doch? Vermeiden Parteien solche echten Wahlen nicht vielleicht auch deswegen, weil sich Journalisten dann mit solchen Begriffen darauf stürzen? Dafür spricht, dass offenbar intern viel versucht wurde, um Ralph Brinkhaus von einer Gegenkandidatur abzubringen. Wohl um genau den Eindruck zu vermeiden, dass sich eine Fraktion aus 246 Abgeordneten mal nicht einig sein könnte.
Etwas Abrüstung täte so oder so gut. Demokratie ist der Streit mit Argumenten um Mehrheiten. Zu allem gibt es Alternativen, zu Themen genauso wie zur Besetzung von Posten. Also lasst uns doch lieber gelassener herangehen. Es bleiben genug Aufregerthemen.
Die Überschrift lehnt sich an einen Text von Volker Pispers an.
Bei den Tutzinger Radiotagen vor zwei Wochen kam es an einer Stelle über mich und ich habe mich in einem dreiminütigen Monolog etwas echauffiert darüber, dass Journalismus im digitalen Zeitalter nicht mehr so funktionieren sollte wie früher, das aber viele noch nicht so sehen. Ich will kurz erklären, worum es mir geht.
Auslöser ist die Diskussion über Haltung im Journalismus. Dazu haben sich in den letzten Wochen und Monaten viele Kollegen geäußert – Sascha Lobo war dabei, Georg Restle, Stefan Winterbauer, Froben Homburger, Jay Rosen, Klaus Meier und einige andere. Die Befürworter sagen vereinfacht zusammengefasst, dass Journalisten natürlich eine Haltung haben müssten, wenn sie berichten, und sei es nur, dass sie sich an Werten wie Menschenrechte orientieren. Die Gegner sagen, Journalisten sollten sich damit begnügen, zu berichten, was ist, den Rest würden die Bürger schon selbst hinkriegen.
Das finde ich zum einen sehr kurzsichtig und zum anderen gefährlich. Sehr kurzsichtig, weil Journalisten nicht davon ausgehen sollten, dass ihre Leser, Hörer, Zuschauer alle Hintergründe zu jeder Meldung kennen und sofort einordnen können, in welchem Kontext sich „das Neue“ bewegt, das berichtet wird. Sehr kurzsichtig auch, weil die Journalisten damit zum einen ihre eigene Arbeit zu wenig wertschätzen – nach dem Motto: Warum soll ich mehr berichten als das, was passiert ist? Außerdem ist es arrogant anzunehmen, dass jeder Nutzer dieses Hintergrundwissen hat. Für sehr gefährlich halte ich es, weil die Nutzer sonst nicht in der Lage sind, sich eine fundierte politische Meinung zu bilden, wenn wir ihnen diese Hintergründe verweigern. Nicht-Wissen gefährdet die Demokratie – oder wie es die „Washington Post“ in ihrem Slogan sagt: „Democracy dies in darkness“.
In Tutzing habe ich vor allem dafür plädiert, Journalismus heute nicht mehr ausschließlich als Megaphon für Politiker zu verstehen. Früher erfuhren Bürger fast nichts, wenn Journalisten es ihnen nicht gesagt haben. Sie konnten keine Bundestagsdebatten verfolgen, sie kamen nur schwer in Kontakt mit Abgeordneten, sie waren nicht vor Ort, sie konnten kaum nachfragen und bekamen nur schleppend Antworten.
Dass das heute völlig anders ist (nebenbei m.E. eine Ursache für den Vertrauensverlust bei Teilen der Nutzer), verdanken wir dem Internet und der dadurch bedingten Weiterentwicklung der Medien. Statt nur einmal am Tag können Leser sich bei Zeitungen jederzeit über die aktuelle Lage der Welt informieren, statt linear können sie heute alles auch zeitversetzt konsumieren, dank Facebook und Twitter können sie in Kontakt mit Abgeordneten kommen oder Live-Videos vom Ort des Geschehens schauen, noch bevor Journalisten berichten. Politiker wenden sich über soziale Netzwerke direkt an ihre Anhänger – besonders die AfD macht das erfolgreich.
Einfach weiterreichen ist also keine Aufgabe von Journalisten mehr. Warum einen Tweet nur zitieren, wenn ihn jeder selber lesen kann? Deswegen schließe ich mich voll und ganz DLF-Kollegin Ann-Kathrin Büüsker an, die gerade heute genau das aufgeschrieben hat, was ich noch vorhatte:
Wir als Journalisten dürfen uns nicht zu Sprachrohren von Politiker*innen machen lassen, damit werden wir unserer Aufgabe nicht gerecht und machen uns überflüssig. Denn ihre Botschaften kann eine Politikerin heute viel bequemer über ihre Social-Media-Kanäle ausspielen. Ein kleines Video drehen, ab auf die Plattformen – schon ist die Botschaft in der Welt. Unsere Aufgabe muss es sein, diese Botschaft einzuordnen. Warum sagt sie, was sie sagt? Und stimmt das überhaupt? Wir brauchen keinen „he said, she said“-Journalismus, in dem wir schamlose Lügen und provokante Statements von Populist*innen multiplizieren. Das entspricht nicht nur nicht unserem journalistischen Auftrag, ich halte es letztlich sogar für demokratiegefährdend.
Journalisten sind also heute (zumindest außerhalb des schnellen Nachrichtengeschäfts) weniger als früher dazu da, Ereignisse und Meinungsäußerungen einfach nur kontextlos weiterzureichen; sie müssen sie erklären und einordnen.
Im Fall von Donald Trump hat sich das reine Weiterleiten bereits als problematisch erwiesen, findet der US-Journalismusforscher Jay Rosen. Und er sagt auch, dass, wer über Rechtspopulismus einfach nur berichte, Teil von ihm werde.
Das ist die Gefahr, die Ann-Kathrin andeutet und die auch ich sehe: Wenn Populisten die Reflexe von Journalisten triggern und wir immer wieder darauf anspringen, macht das was mit der öffentlichen Diskussion in der Demokratie: Journalisten geben das Framing von Populisten weiter (trotz Negierung), Debatten verschärfen sich und machen Probleme unlösbarer, die Grenze des Sagbaren verschiebt sich (das Overton Window, siehe Video), grundlegende Menschenrechte werden verletzt (von der Würde des Menschen über die Pressefreiheit bis hin zum Asylrecht).
Demokratische Werte und soziales Miteinander sind ohnehin schon in Mitleidenschaft gezogen worden. Wenn Journalisten sich daran beteiligen, das zu verschärfen, ist damit nur den Scharfmachern gedient. Deshalb meine Forderung: Die Zeit des (reinen) Weiterreichens (von Informationen) ist vorbei. Ohne Einordnung geht es nicht.
Bei @mediasres im Deutschlandfunk sprechen wir auch immer wieder über Sprache. Manchmal fallen einem dann ganz besondere Formulierungen auf – nicht nur bei einem Fernseh- oder Radiosender, sondern: überall. Ich hab da mal was zusammengestellt.
Kinder und Jugendliche seien deutlich häufiger abhängig von Smartphones und Spielen als Erwachsene, sagte der Lübecker Suchtforscher Hans-Jürgen Rumpf im Deutschlandfunk. Im Kampf gegen den Kontrollverlust sei neben den Eltern auch die Industrie gefragt. Für @mediasres habe ich mit Rumpf gesprochen.
Immer mehr neue Podcasts kommen auf den Markt – von Verlagen, Streaminganbietern und Privatpersonen. Innovative Audio-Formate werden zunehmend außerhalb der Radiosender entwickelt. Die profitieren aber trotzdem davon. Darüber habe ich für @mediasres im Deutschlandfunk berichtet – mit O-Tönen auch von den Tutzinger Radiotagen.
Mit den Tutzinger Radiotagen hat sich gestern auch noch „Was mit Medien“ bei Deutschlandfunk Nova beschäftigt. Die Tage wurden nämlich von einem Team namens „Junge Talente“ begleitet. Was sie über die Tagung berichtet haben, findet sich hier.
Und bei „Was mit Medien“ haben sie noch mal ausführlich über die drei Tage in Tutzing berichtet. Dabei werde ich anfangs auch zitiert – als „Die erste Meinung“. Nach einem Vortrag zum Thema Framing habe ich mich nämlich zur Rolle des Journalismus heute geäußert.
In Zeiten, in denen Politiker und Prominente mit empörenden Zitaten die Meinung der Öffentlichkeit steuern, müssen Journalisten gegenhalten. Wir brauchen mehr als Kurzmeldungen, die einfach nur die Aussagen von Politikern durchgeben, ohne sich weiter mit ihnen zu beschäftigen. So darf man zum Beispiel rassistische Beleidigungen nicht einfach wörtlich wiederholen, sondern muss sie auch so benennen, ohne das Narrativ einschleifen zu lassen. „Die Zeit des Weiterreichens ist vorbei.“
Ergänzend hatte Ann-Kathrin Büüsker, Redakteurin und Moderatorin beim Deutschlandfunk, gesagt: Wir müssen weg davon, immer nur zu melden, was jemand in der Politik sagen. Wir müssen stattdessen häufiger sagen, warum jemand etwas sagt.
"Wir müssen weg davon, immer nur zu melden, WAS jemand in der Poiltik sagt. Wir müssen stattdessen häufiger sagen, WARUM jemand etwas sagt." @uedio bei den #tura18
Dass viele Menschen morgens vom Radio geweckt werden, ist Alltag in Deutschland. Genauso selbstverständlich könnte es werden, dass man sich mit seinem Radiogerät unterhält. Bei den Tutzinger Radiotagen wurde über aktuelle Trends diskutiert. Mein Beitrag über #tura18 in @mediasres im Deutschlandfunk.
Radio hatte lange das Monopol aufs Hören. Diese Zeiten sind vorbei. Immer mehr Podcasts erobern den Markt – und zwar ausdrücklich nicht nur von Radiosendern, sondern auch von Verlagen und Streaming-Anbietern.
Im März 2017 ist Spiegel online mit dem Podcast „Stimmenfang“ gestartet – ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl. Bei den Tutzinger Radiotagen hat Reporterin Sandra Sperber davon erzählt. Sie macht den Podcast zusammen mit ihrer Kollegin Yasemin Yüksel.
Ihre erste Folge beschäftigte sich mit den „Wutwählern“. Die Methode ist spannend: Sandra hat sich für die erste Folge durch die Spiegel-online-Foren gewühlt, 20 Leser angeschrieben und mit fünf von ihnen in der ersten Podcast-Ausgabe gesprochen, um herauszufinden, was sie bewegt. Auch für andere Ausgaben haben sie gezielt Hörer angesprochen, sich bei ihnen zu melden – etwas, was sie gerne immer wieder machen. Dazu eignen sich besonders Themen wie Jungwähler, Lehrermangel, Hebammen, wo betroffene Hörer gesprochen werden. Damit verfolgen sie die Strategie, Politiker wieder von der Perspektive der Bürger her zu erzählen und nicht von der der Politiker.
Christian Lindner ruft an
Sandra ist auch wichtig, mit dem Podcast transparent zu machen, wer die Journalisten hinter den Texten sind: Wer schreibt da eigentlich, wie klingt er, wie schätze ich seinen Charakter ein? Und: Was passiert hinter den Kulissen? Gezeigt hat sich das etwa in der Folge vom 23. November 2017, in der das Handy von Spiegel-Redakteur Severin Weiland klingelte. Es rief an: FDP-Chef Christian Lindner. So könne man zeigen, dass Journalisten auch die Handynummern von Politikern haben, wie sie miteinander reden, so Sandra, die auch eine Zahl verriet: Im Jahr 2007 seien „Stimmenfang“ und die anderen Spiegel-online-Podcasts „Netzteil“, „Hörweite“ und der Debatten-Podcast von Sascha Lobo insgesamt 4,6 Millionen mal gespielt worden.*
Aus ihrer Arbeit erzählten in Tutzing auch Tina Hüttl und Jenni Roth. Sie haben für die Axel-Springer-Akademie die Podcastserie „Alyom“ geleitet. Die Vorgabe sei damals lediglich gewesen, dass die Volontäre gemeinsam etwas über syrische Kinder erzählen. Dabei mussten sich die Volontäre zunächst mit dem Format Audio vertraut machen, haben dann aber tatsächlich ein ordentliches Feature abgeliefert. Im Laufe der zunächst sechs Folgen sind auch die Volontäre selbst aufgetaucht, wollten sie doch ihren Protagonisten, einen zwölfjährigen Jungen, der bei dem weltweit bekannt gewordenen Giftgasangriff auf Chan Scheichun am 4. April 2017 in Syrien fast seine ganze Familie verloren hat. Die Volontäre in Berlin haben mit einem Reporter in Syrien zusammengearbeitet, der ursprünglich Kameramann war, den der Krieg aber zum Reporter gemacht hat.
Die Strategie von Audible
Auch Tim Kehl von der Amazon-Audiostreamingplattform Audible hat die Podcasts seines Hauses vorgestellt. Audible bietet vor allem Hörbücher und Hörspiele an, die man streamen kann – nicht nur fremde Produktionen, sondern auch selbst in Auftrag Gegebenes. Als der Podcast zu boomen begann, habe sich auch Audible darauf eingestellt, hat Tim in Tutzing erzählt. Ende 2015 sei die Entscheidung für das Podcast-Programm gefallen. Die Podcasts sollten exklusiv bei Audible zu hören sein, im Abo enthalten sein, es sollten mehr als zwanzig neue starten und sie sollten wöchentlich erscheinen.
Per Marktforschung habe Audible versucht herauszufinden, für was es einen Markt gibt. So seien etwa Nachrichten und Reportage genannt worden, aber kein bestimmtes Format. Ob jemand, der sich für Comedy interessiert, eher lustige Gespräche oder eher Sketch-Comedy mag, sei dabei offen geblieben. Aussagekräftig seien erst Tests mit fertigen Dummys gewesen, die Nutzern vorgespielt wurden.
Audible unterscheidet emnach fünf verschiedene Formate: Talk-Show (wie etwa „Fest & Flauschig“), Interview (wie „WTF“), Documentary (wie „Serial“), Instructional (wie „ESL“) und Magazin (wie „The Daily“ von der New York Times). Auf dieser Grundlage seien dann Formate entwickelt worden, etwa „Sagen was ist – der Spiegel-Podcast“, „brandeins. Das Gespräch mit Jörg Thadeusz“ und „Juwelen im Morast der Langeweile“ mit Micky Beisenherz und Oliver Pollack. Im November 2017 wurde das Programm gestartet, inzwischen gibt es etwas mehr als 30 Podcasts bei Audible.
Interessant zu beobachten: wie unterschiedlich (Marktforschung vs. Einfach-mal-machen) die neuen Audiomacher wie @audibleDE@SPIEGELONLINE@tonline_news an ihre Podcasts rangehen – und am Ende trotzdem zu ähnlichen Formaten kommen. #tura18
Marc Krüger ist Audioredakteur bei t-online.de (bzw. Voice-Redakteur) und entwickelt dort Audioformate für das Nachrichtenportal. Nach vielen Jahren bei verschiedenen Radiosendern ist er zu t-online gewechselt, wo er damit anfangen konnte, seine vielen Ideen, für die er im Radio keinen Platz gefunden habe, endlich umzusetzen, erzählt Marc bei den Tutzinger Radiotagen.
Ich lache und will doch auch weinen, wenn ich @kollege höre. Er ist weg vom Radio, WEIL er begeisterter Radiomacher ist. Aber:"Ich wollte auch einmal das Glänzen in den Augen," das die alten Radiorecken hatten, wenn er sie nach ihren Anfängen gefragt hat. ✊#audiolove#tura18
Inzwischen arbeiten 75 Redakteure bei t-online.de, Marc ist der einzige für Audio. Entwickelt haben sie einen täglichen Podcast am Morgen, den „Tagesanbruch“, parallel zum gleichnamigen Newsletter von Chefredakteur Florian Harms, allerdings eingesprochen von einem Sprecher.
Mit Harms spricht Marc auch am Samstag in einem längeren Podcast. Dass der Chef dabei mitwirkt, habe Signalwirkung auch innerhalb der Redaktion gehabt, weil jetzt auch vermehrt andere Kollegen mitmachen wollten und Leuchten in den Augen bekomme, so Marc.
Ist Podcast das neue Radio?
Ich würde sagen: Jein. Die Formen, die im Podcast vorkommen, sind nicht grundsätzlich neu: Gespräch, Hörertalk, Feature, Hörspiel. Alles Gattungen, die das Radio seit fast hundert Jahren bietet. Neu ist allerdings, dass die Formate im Podcast möglicherweise nicht so streng vorgegeben sind wie im klassischen Radio – vor allem, was die Länge angeht. Auch die Präsentation kann persönlicher sein, denn die Hörsituation sei eine andere, sagt Radiomacherin Sandra Müller zurecht. Man höre mit Kopfhörern, sei also nah dran – auch in intimen Situationen: im Auto, im Bett, in der Badewanne. Natürlich nicht immer, aber eben auch, anders als etwa mit klassischem Radioprogramm.
Die Freiheit der Formen halt ich auch für wichtig. Semiprofessionalität? Nö. Ich habs schon gern professionell. Aber Nähe, Persönlichkeit, Authentizität, Unverstelltheit. Wenn das gemeint ist: Ja, das halte ich auch für Podcast-prägend. #tura18
Auf eine Definition, was ein Podcast ist, wurde verzichtet. Ich finde, dass de Begriff im Moment ein Hybrid ist: Er beschreibt ursprünglich nur einen Ausspielweg, auf diesem haben sich aber – gerade deswegen – eigene Formen und Eigenheiten entwickelt, die auch dafür sprechen, ihn als Genrebegriff zu benutzen: die Authentizität der Protagonisten, die intime Hörsituation (wie Sandra sagt), der Verzicht auf unbedingte Perfektion, die Darstellung nicht nur von Rechercheergebnissen, sondern auch vom Rechercheverlauf. Und mehr.
Korrektur: Zunächst hatte ich versehentlich geschrieben, dass allein „Stimmenfang“ 4,6 Millionen mal gespielt worden sei. Es geht aber um alle vier Spiegel-online-Podcasts.