Von der Schwierigkeit, mit Zeitungsmachern zu reden

Es ist gar nicht so leicht, mit manchen Zeitungsmachern ins Gespräch zu kommen. Einerseits erheben sie Forderungen an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wenn der dann aber darüber (öffentlich) ins Gespräch kommen will, bleiben sie stumm oder verweigern sich – und behaupten dann, man wolle ja selber gar keinen Dialog.

Das Wochenende hat einige merkwürdige Begegnungen dieser Art gebracht. Zuerst versuchte Stefan Niggemeier von Übermedien, vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) eine Stellungnahme dazu zu bekommen, dass sein Präsident Mathias Döpfner sich selbst widersprochen oder gar gelogen hat. Döpfner hatte abgestritten, jemals (im Indikativ) gesagt zu haben, die Journalisten der ARD seien „Staatspresse“. Gesagt hatte er es aber. Eine Antwort auf die Frage kam nicht.

bildschirmfoto-2017-11-06-um-18-57-40Die Medienjournalisten Daniel Bouhs und Jörg Wagner beklagten sich auf Twitter, dass Mathias Döpfner ihnen seit Monaten Interviews verweigern würde. Darauf gab es keine Antwort vom BDZV.

Ich habe wiederum gestern über einen meiner Meinung nach zu Unrecht pauschalisierenden Artikel (mit Bezahlschranke, die nach einigen Minuten runtergeht) in der Westdeutschen Zeitung gebloggt. Dort raunt Chefredakteur Ulli Tückmantel, dass die Redakteursausschüsse von ARD, ZDF und Deutschlandradio, deren offener Brief an ihre Zeitungskollegen Anlass für die neueste Eskalation war, das Dialogangebot von Döpfner aus seiner Replik darauf gar nicht erst annehmen würden.

Tückmantel selbst hatte aber keinerlei Lust, in den Dialog mit mir einzusteigen. Was grundsätzlich okay wäre, allerdings verweigerte er sich mit solch einer Unlust am Argument und so unfreundlich, dass ich sehr verwundert war.

(Quelle: https://twitter.com/Tueckmantel_WZ/status/927200232944947202)

Ein Chefredakteur, der zuerst ein fehlendes Argument beklagt, sich das dann aber nicht mehr anhören will. Da ist auch der tapfere Zinnsoldat machtlos.

Die Redakteursausschüsse haben das Dialogangebot übrigens inzwischen angenommen, aber das nur nebenbei.

(Quelle: https://twitter.com/daniel_bouhs/status/927579954879123456)

Inzwischen hatte dann auch Ulli Tückmantel ein Angebot zum Dialog angenommen, diesmal aber nicht bei Twitter, sondern bei @mediasres im Deutschlandfunk, wo er über seine Kritik an den öffentlich-rechtlichen Sendern sprach. Manches habe ich nicht richtig verstanden; etwa, als er einerseits nicht unbedingt weniger Text für die Öffentlich-Rechtlichen im Netz fordert, andererseits aber möchte, dass sie sich auf Audio und Video konzentrieren. Er benutzt auch den Begriff „Zwangsgebühren“, auf den zu verzichten die Redakteursausschüsse ja gebeten hatten. Diesen Appell hatte Tückmantel ja schon in seinem WZ-Artikel missverstanden.

Nach der Aufzeichnung des Interviews war er allerdings merkwürdigerweise wieder auf Krawall gebürstet und twitterte noch vor der Sendung misstrauisch:

(Quelle: https://twitter.com/Tueckmantel_WZ/status/927544594371350530)

Die Stelle war natürlich drin. Aber irgendwie konnte er wohl immer noch nicht glauben, dass manche Leute wirklich an einem Dialog interessiert sind. Ein Dialog, den @mediasres nicht auf Seiten der Öffentlich-Rechtlichen führt, sondern als Medienmagazin, das beide Seiten in der Debatte zu Wort kommen lässt. Döpfner will nämlich auch dort nicht sprechen.

(Quelle: https://twitter.com/DLFmedien/status/927604682977103877)

Die Sache mit Döpfner endete übrigens heute mit einem weiteren Artikel von Stefan Niggemeier bei Übermedien, der die Weigerung Döpfners bzw. des BDZV, seinen Fehler einzugestehen, so kommentiert:

Wie will denn jemand Leute wie Döpfner und die von ihm vertretenen Verlage ernst nehmen in ihrem Kampf für die Wahrheit, wenn sie in eigener Sache mit Zähnen und Klauen die Lüge verteidigen? Wie soll sich in den Zeitungen eine Fehlerkultur durchsetzen, wenn der oberste deutsche Zeitungsverleger es in einem einfachen, glasklaren Fall nicht schafft, einen Fehler zuzugeben?

 

Anmerkung (20.05.2018): Wegen der Datenschutzgrundverordnung habe ich Widgets, die sich ursprünglich im Text befanden, entfernt.

WZ-Chefredakteur beklagt anlasslose Verunglimpfung und schreibt von „ARD-Krieg“

Ach ja, wie schön wäre es doch, wenn es wieder mehr Differenzierung gäbe im Streit zwischen öffentlich-rechtlichen Sendern und der privaten Presse. Leider tragen beide Seiten nicht unbedingt dazu bei. Das hat Medienjournalistin Ulrike Simon schon vor einigen Wochen in ihrer Kolumne bei Spiegel Daily beklagt (wann genau, lässt sich der Webseite leider nicht entnehmen).

„Nun kommt mal wieder runter“ steht über der Kolumne, und Simon kritisiert vor allem den Stil der Debatte. Denn Wahrheit und Anstand blieben dabei auf der Strecke:

Wie die Öffentlich-Rechtlichen und die Verlage miteinander umgehen, ist für jemanden, dem etwas an gutem Fernsehen, gutem Radio, gutem auf welchen Wegen auch immer verbreitetem Journalismus und ganz nebenbei auch etwas am eigenen Beruf liegt, nur schwer erträglich.

Auch wenn ich das Anliegen der Arbeitsgemeinschaft der Redakteursausschüsse von ARD, ZDF und Deutschlandradio (AGRA) von der Zielrichtung her teile, so finde ich den dazu verschickten offenen Brief doch teilweise etwas aggressiv formuliert. Gerichtet an die Kollegen in den Zeitungsredaktionen heißt es darin:

Wir fragen uns, warum Sie mit solchen Äußerungen unsere Arbeit verunglimpfen und sich damit selbst in die Nähe von Rechtspopulisten stellen. Sie bedienen ein Klima, das uns JournalistInnen der öffentlich-rechtlichen Medien an den Pranger stellen soll. (…)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, fällt es Ihnen eigentlich nicht auf, dass Sie mit dieser Kampagne auch den Journalismus insgesamt beschädigen?

Ich hätte mir ein paar sanftere Formulierungen gewünscht. Auch wenn in dem Brief nicht allen Zeitungsredakteuren vorgeworfen wird, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit Begriffen wie „Staatsfunk“ und „Staatspresse“ zu verunglimpfen, glaube ich, dass sich so schwerlich ein konstruktiver Dialog eröffnen lässt, für den sich die Ausschüsse ja grundsätzlich offen zeigen.

Auch wenn dem Wortlaut nach eben nicht alle Zeitungskollegen kritisiert werden, macht doch auch der Ton die Musik. Allerdings machen es Vertreter der Zeitungsbranche selbst nicht besser. Erwähnt sei BDZV-Präsident Mathias Döpfner, der auf den Brief geantwortet hat, ohne dass er an ihn gerichtet war. Er bot zwar einen Dialog an, verleugnete dabei aber zugleich, was er bisher gesagt hatte. Das macht einen Dialog natürlich schwierig.

Ulli Tückmantel, Chefredakteur der Westdeutschen Zeitung, hat der Brief offenbar so aufgeregt, dass er auch nicht mehr zu Differenzierungen in der Lage war. In seiner Zeitung holte er weit aus und schrieb:

Um der Struktur-Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu entgehen, startet die ARD nun das nächste Ablenkungsmanöver.

Wenn er hinter den Redakteursausschüssen „die ARD“ vermutet (als Unternehmen, also wohl eher die Geschäftsleitung), frage ich mich schon, ob er den Unterschied zwischen Mitarbeitern und Geschäftsleitung nicht versteht oder nicht verstehen will. (Vielleicht gibt es in seinem Haus eine solche Differenzierung nicht.)

Die Formulierung suggeriert außerdem eine konzertierte Aktion des Senderverbundes („Ablenkungsmanöver“). Dabei sind die Redakteursausschüsse genau der Gegenpart zur Geschäftsleitung.

Tückmantel schreibt weiter:

Die anlasslose Verunglimpfung von 10.500 Redakteurinnen und Redakteure (sic!) deutscher Tageszeitungen, die mehrheitlich keine Zeile über Medienpolitik schreibt, als rechtspopulistennah ist nur der neueste Gipfel der Albernheit im ARD-Krieg gegen den Bundesverband der Zeitungsverleger (BDZV), seit dessen Präsident Mathias Döpfner sich im September gegen die immer grenzenlosere Ausdehnung von ARD, ZDF und Deutschlandradio in die Geschäftsfelder der Zeitungsverlage verwahrte.

„ARD-Krieg“ ist nicht gerade deeskalierend, führt aber seine Theorie eines konzertierten Ablenkungsmanövers weiter.

Und: Anlasslos ist die Beschwerde bei weitem nicht. Man lese nur die FAZ. Dort zeigt sich auch, dass nicht nur bei Berichten über Medienpolitik ausgeteilt wird.

(Quelle: https://twitter.com/niggi/status/920415149357522944)

Auch der „Spiegel“ hat sich mit seiner Titelgeschichte nicht gerade mit Ruhm bekleckert.

Kritisiert werden in dem offenen Brief auch nicht alle 10.500 Redakteurinnen und Redakteure. In dem Brief heißt es:

…wir fühlen uns diskreditiert, wenn Sie uns als Staatsfunk bezeichnen und uns damit unterstellen, dass wir uns politisch steuern lassen.

Wenn. Und genau darum geht es. Nicht um die Kritik an den Online-Angeboten der Sender, zu denen sich die Ausschüsse in ihrem Brief gar nicht äußern. Es geht um eine Diskreditierung mittels Begriffen.

(Über den Widerspruch in Döpferns Brief übrigens verliert Tückmantel in seinem Artikel kein Wort.)

Tückmantel geht interessanterweise auch davon aus, dass die Ausschüsse nicht auf das Angebot zum Dialog eingehen werden:

Mathias Döpfner kann sich einigermaßen sicher sein, dass es dazu nicht kommt. Denn allen voran die ARD bricht den Dauerkonflikt, den sie nun auch auf die Zeitungsredakteure ausdehnen will, aus einem sehr durchsichtigen Grund vom Zaun: …

Und damit verwechselt er wieder Geschäftsleitung und Mitarbeiter. Wie gesagt: Hier spricht nicht „die ARD“, sondern die Vertretungen der Programmmitarbeiter. Und diese äußern sich nicht anlasslos; der Konflikt ist nämlich – wie gesagt – längst in den Zeitungsredaktionen angekommen.

Die Ausschüsse wollen das Dialogangebot übrigens annehmen und sprechen auch in der Öffentlichkeit über ihre Kritik. Anders als Mathias Döpfner, der zwar immer wieder Reden hält und neulich auch mal der FAZ ein (sicherlich autorisiertes) Interview gab, sich aber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk selbst weitgehend verweigert. Weder das NDR-Magazin „Zapp“ noch das „Medienmagazin“ von Radio Eins haben in der letzten Zeit Zusagen für ein Interview mit ihm bekommen.

(Quelle: https://twitter.com/niggi/status/920415149357522944)
(Quelle: https://twitter.com/medienmagazin/status/926505755590713347)

Ein echter Dialog sieht anders aus.

Klar, es gibt berechtigte Anliegen beider Seiten. Ich kann das Argument verstehen, dass sich Zeitungen im Netz vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk bedroht fühlen, auch ohne dass ich gleich ein Urteil darüber abgeben müsste, ob diese Angst berechtigt ist. Aber dieser Streit sollte eben nicht über die Redaktionen ausgetragen werden – unter Missachtung journalistischer Standards – sondern von den Geschäftsleitungen und Lobbyisten beider Seiten.

Und mehr Differenzierung würde auf beiden Seiten nicht schaden. Nicht, dass es die in anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens immer geben würde. Wenn wir Journalisten über Politik berichten, stoßen wir immer wieder auf solche Verhaltensmuster, die wir dort auch gerne kritisieren. Aber nun trifft es eben unsere eigene Branche: Fast jeder, der über den Konflikt berichtet, wird zwangsläufig mit einer der beiden Seiten assoziiert. Eigentlich sollten wir es besser können.

 

Anmerkung (20.05.2018): Wegen der Datenschutzgrundverordnung habe ich Widgets, die sich ursprünglich im Text befanden, entfernt und entweder durch Screenshots oder Links ersetzt.

Döpfner widerspricht sich selbst und Hanfeld will’s nicht merken

Redakteure des öffentlich-rechtlichen Rundfunks schreiben an Redakteure in den Zeitungsredaktionen – und wer antwortet? Nicht etwa die Print-Leute, sondern der Präsident ihrer Verleger. Da ist wohl etwas in Schieflage geraten.

Die Arbeitsgemeinschaft der Redakteursausschüsse von ARD, ZDF und Deutschlandradio hatte sich in ihrem offenen Brief gestern ausdrücklich an die Mitarbeiter der Zeitungen gewandt, nicht an deren Geschäftsleitung oder gar deren Verband. Sie schreiben:

…wir fühlen uns diskreditiert, wenn Sie uns als Staatsfunk bezeichnen und uns damit unterstellen, dass wir uns politisch steuern lassen. Das ist komplett abwegig. Wir fragen uns, warum Sie mit solchen Äußerungen unsere Arbeit verunglimpfen und sich damit selbst in die Nähe von Rechtspopulisten stellen. Sie bedienen ein Klima, das uns JournalistInnen der öffentlich-rechtlichen Medien an den Pranger stellen soll. (…)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, fällt es Ihnen eigentlich nicht auf, dass Sie mit dieser Kampagne auch den Journalismus insgesamt beschädigen?

Anliegen der öffentlich-rechtlichen Redakteure ist es also, auf eine unangemessene Berichterstattung in den Zeitungen hinzuweisen – und nicht etwa auf die Vertretung der Geschäftsinteressen, wie sie zurecht Mathias Döpfner betreibt, der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV). Aber anstatt die Redakteure antworten zu lassen, fühlt sich Döpfner angesprochen und antwortet ebenfalls in einem offenen Brief:

Sie schreiben im ersten Satz „Wir fühlen uns diskreditiert.“ Genau darum geht es uns Zeitungsverlegern nicht.

Die waren aber mit dem Brief gar nicht gemeint. Die Diskreditierung geschieht nämlich auch in Zeitungen, nicht nur von Döpfner, der weiter schreibt:

Wenn dann irgendwann quasi nur noch öffentlich-rechtliche Online-Zeitungsangebote zur Verfügung stünden, dann und nur dann würde eine Art „Staatspresse“ entstehen, ein Monopol, das von zentral erhobenen Gebühren lebte und unter der Aufsicht von Politikern aller Parteien stünde. Dieses Konjunktiv-Szenario als Vorwurf miss zu verstehen, die Journalisten der ARD seien „Staatspresse“, ist böswillig. Gemeint war es so nie.

Gesagt hat es Döpfner aber, wie Stefan Niggemeier und ich gestern ausgeführt haben.

Dass jetzt ausgerechnet die Zeitung Döpfner in den Rücken zu fallen scheint, die es am nötigsten hätte, von ihm verteidigt zu werden, hat eine gewisse Ironie. Besonders die Frankfurter Allgemeine Zeitung und ihre Sonntagszeitung haben immer wieder subtil die Begriffe Staatsrundfunk und Zwangsgebühren/Zwangsbeiträge verwendet, obwohl sie genau wissen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk völlig anders verfasst ist als staatlicher Rundfunk. Es war ihnen egal. Um genau diese Diskreditierung ging es den öffentlich-rechtlichen Redakteuren aber – warum sollten sie sich sonst an die Redakteurskollegen in den Zeitungen wenden statt an ihre Geschäftsleitungen und Verbände?

FAZ-Medienredakteur Michael Hanfeld hat die Vorwürfe nicht verstanden. Er schreibt heute in süffisantem Tonfall, dass die Redakteursausschüsse Döpfner etwas in den Mund gelegt hätten, was dieser nie gesagt habe:

Da wurde der von Döpfner verwendete Konjunktiv, der Irrealis, in dem er von einem Land mit „Staatsfunk“ und „Staatspresse“ sprach, was eher nach dem Geschmack von Nordkorea „wäre“, als Indikativ ausgelegt. Unter anderem, wenn wir uns nicht ganz falsch erinnern, von lieben Kolleginnen und Kollegen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Bei Hanfeld soll das Erinnern offenbar die Recherche ersetzen. Hätte er mal nachgesehen – und zwar nicht bei den lieben Kollegen, sondern bei Döpfner selbst – hätte er bemerkt, dass der zwar in der zitierten Passage im Konjunktiv, im Irrealis, gesprochen hat. Nicht aber in der Passage, die er gestern selbst verteidigte. In der sagte er nämlich:

Wir erleben im Netz nach wie vor eine mit öffentlich-rechtlichen Geldern finanzierte Flut textbasierter Gratis-Angebote, eine gebührenfinanzierte Staats-Presse, die den Wettbewerb verzerrt und uns Presseverlagen kaum Entfaltungsmöglichkeiten lässt.

Wo da der Konjunktiv ist, müsste Hanfeld mal mit einem Sprachwissenschaftler diskutieren. Und dann seinen ganzen Artikel neu schreiben.

Hätte Döpfner sich mit seiner Antwort nicht schon selbst widersprochen, hätte man fast Mitleid mit ihm haben können, wie Hanfeld genau das bestätigt, was Döpfner eigentlich verteidigen wollte.

 

Offenlegung: Ich bin freier Mitarbeiter bei öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.

Was Matthias Döpfner nicht gesagt haben will und was er wirklich gesagt hat

Mathias Döpfner fühlt sich „böswillig“ missverstanden, hat er heute geschrieben. Ich habe das heute für @mediasres aufgeschrieben. Er reagiert auf einen offenen Brief, die sogenannte „Frankfurter Erklärung“ der Arbeitsgemeinschaft der Redakteurausschüsse von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Das klingt etwas sperrig. Gemeint sind die Mitarbeitervertretungen der Sender, nicht zu verwechseln mit den Personalräten. Die Redakteurausschüsse befassen sich inhaltlich mit dem Programm, während der Personalrat hausintern an Entscheidungen beteiligt werden muss.

Diese Arbeitsgemeinschaft hatte im Namen der öffentlich-rechtlichen Redakteure die Kollegen bei den Zeitungen dazu aufgerufen, ihre Arbeit nicht verächtlich zu machen. Wörtlich heißt es da:

„Liebe Kolleginnen und Kollegen in den Zeitungsredaktionen,

wir fühlen uns diskreditiert, wenn Sie uns als Staatsfunk bezeichnen und uns damit unterstellen, dass wir uns politisch steuern lassen. Das ist komplett abwegig. Wir fragen uns, warum Sie mit solchen Äußerungen unsere Arbeit verunglimpfen und sich damit selbst in die Nähe von Rechtspopulisten stellen. Sie bedienen ein Klima, das uns JournalistInnen der öffentlich-rechtlichen Medien an den Pranger stellen soll.

Können Sie uns mal erklären, warum wir als verantwortungsvolle JournalistInnen in diesen Zeiten nicht zusammenhalten gegen Fake News und populistische Parolen? Wer soll denn die Brücken bauen zwischen auseinander fallenden Teilen der Gesellschaft, wenn nicht wir JournalistInnen – sowohl in Zeitungen als auch öffentlich-rechtlichen Sendern als Vermittler von profund recherchierten Informationen?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, fällt es Ihnen eigentlich nicht auf, dass Sie mit dieser Kampagne auch den Journalismus insgesamt beschädigen?

Für sachliche und konstruktive Kritik sind wir jederzeit offen!

Ihre öffentlich-rechtlichen KollegInnen von ARD, ZDF und Deutschlandradio“

Darauf antwortet Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender des Axel-Springer-Konzerns, in seiner Eigenschaft als Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitschriftenverleger (BDZV), recht ausführlich. Dort heißt es unter anderem:

Wenn kein nachhaltig erfolgreiches digitales Geschäftsmodell etabliert werden kann, wäre bei weiter rückläufigem Printgeschäft ein Verlagssterben, eine Reduzierung der Vielfalt die Folge. Wenn dann irgendwann quasi nur noch öffentlich-rechtliche Online-Zeitungsangebote zur Verfügung stünden, dann und nur dann würde eine Art „Staatspresse“ entstehen, ein Monopol, das von zentral erhobenen Gebühren lebte und unter der Aufsicht von Politikern aller Parteien stünde. Dieses Konjunktiv-Szenario als Vorwurf miss zu verstehen, die Journalisten der ARD seien „Staatspresse“, ist böswillig. Gemeint war es so nie.

Das kann er ja alles so meinen. Aber von einem Konjunktiv-Szenario zu sprechen ist absurd. Denn Döpfner hat von „Staatspresse“ im Indikativ gesprochen. Nachlesen kann man das hier:

Wir erleben im Netz nach wie vor eine mit öffentlich-rechtlichen Geldern finanzierte Flut textbasierter Gratis-Angebote, eine gebührenfinanzierte Staats-Presse, die den Wettbewerb verzerrt und uns Presseverlagen kaum Entfaltungsmöglichkeiten lässt.

Die Kollegen von Zapp haben den Ausschnitt noch mal vertwittert:

Hier gibt es das ganze noch etwas länger im Video.

Stefan Niggemeier schreibt dazu bei Übermedien:

Er will das jetzt nicht so gemeint haben. Er hat es aber so gesagt. Seine Empörung darüber, dass man ihm das vorhält, ist Heuchelei. Und basiert auf einer Lüge.

Vermutlich wäre es deshalb auch ein Missverständnis, zu glauben, er habe das Gesprächsangebot an die öffentlich-rechtlichen Kollegen ehrlich gemeint.

Döpfner fühlt sich „böswillig“ missverstanden

Journalisten öffentlicher-rechtlicher Sender wehren sich gegen den Vorwurf, „Staatsfunk“ zu sein. Über diesen Vorwurf habe ich hier mehrmals gebloggt. Redakteursvertreter von ARD, ZDF und Deutschlandradio haben ihre Kollegen bei den Zeitungen jettzt aufgefordert, sie nicht länger zu diskreditieren. Verlegerpräsident Matthias Döpfner bietet ihnen einen Dialog an. Worum es geht, habe ich für @mediasres zusammengefasst.

Facebook räumt ein, dass es russische Einflussnahme auf den US-Wahlkampf hätte verhindern sollen

Facebook hat bedauert, Manipulationen des US-Präsidentschaftswahlkampf aus Russland nicht unterbunden zu haben. Schon gestern sagten Vertreter von Facebook, aber auch von Twitter und Google vor einem Ausschuss des Parlaments aus, heute müssen sie in die Geheimdienstausschüsse. Ich habe den Stand der Dinge heute Mittag für @mediasres zusammengefasst.

Leser gewinnen mit Kampagnenjournalismus?

Es ist wieder etwas ruhiger geworden in der Auseinandersetzung um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Kein Wunder, sind doch die entscheidenden Wochen erst mal vorbei. ARD, ZDF und das Deutschlandradio haben ihre Vorschläge für eine Strukturreform vorgelegt, die Ministerpräsidenten darüber beraten und sich erst mal auf März 2018 vertagt. Es gibt nicht mehr so viel tagesaktuell zu berichten, und die Öffentlich-Rechtlichen sind nicht mehr so stark im Fokus.

Der Vorwurf einer Medienkampagne ist ja in der Regel schlecht zu belegen. Dass bei einem großen Skandal alle Journalisten mit ähnlichen Argumenten hantieren ist nicht unbedingt ein Beweis, dass eine solche Kampagne läuft. Zumal Journalisten in solchen Fällen in der Regel kein Eigeninteresse inhaltlicher Art verfolgen, sondern höchstens den Interessen der Aufmerksamkeitsökonomie folgen.

In diesem Fall ist das aber anders. Denn hier sind fast alle Berichterstatter auch Partei. Wer bei den öfffentlich-rechtlichen Sendern arbeitet, kann sich nicht ganz davon freimachen, auch Gutes in diesem System zu sehen. Wer bei privaten Sendern und in der Printbranche arbeitet, wird dessen Produktionslogik auch prinzipiell unterstützen. Diese tendenzielle Voreingenommenheit macht die Auseinandersetzung so erbittert. Und teilweise dann doch so durchschaubar.

2017-10-09-14-08-24-kopieSo war etwa an der Titelstory des „Spiegel“ vor ein paar Wochen in vielerlei Hinsicht wenig auszusetzen. Vor allem deshalb, weil die Autoren sattsam Bekanntes zusammengetragen hatten. Und auch wenn ein paar Hasskommentare aus dem Netz nicht gerade große Beweiskraft hatten. Der Titel „Die unheimliche Macht“ allerdings wurde im Artikel nicht eingelöst. Und „Wie ARD und ZDF Politik betreiben“ leider auch nicht verraten. So wirkte der Text dann auf mich doch eher wie eine Art Auftragsarbeit so kurz vor den entscheidenden Sitzungen in Sendern und Politik.

Stefan Niggemeier hat seine Kritik an dem Artikel bei „Übermedien“ auf die schöne Formel gebracht:

Man muss nur ungenau genug hinsehen, dann erscheinen ARD und ZDF nicht mehr als reformbedürftig, sondern als unreformierbar.

Auch Dietrich Leder hat in der Medienkorrespondenz so einige Einwände gegen den Artikel:

Die „Spiegel“-Titelgeschichte kann das „Unheimliche“ denn auch nicht im geringsten belegen. Die Kritik an ARD und ZDF, die dort geübt wird, bedient sich beispielweise vieler öffentlicher Erklärungen, Daten und Materialien, die die beiden öffentlich-rechtlichen Institutionen zu Recht veröffentlichen müssen.

Dass die Verlage und mitunter auch ihre Redaktionen mit bestimmten Entwicklungen bei den Öffentlich-Rechtlichen nicht zufrieden sind, ist die eine Sache. Die andere ist, wie sie damit in ihrer journalistischen Arbeit umgehen.

Auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung und ihre Sonntagszeitung glänzen durchaus nicht nur mit Argumenten, sondern versuchen es mit Framing. Den Rundfunkbeitrag nennen sie gerne mal Zwangsgebühr oder inzwischen zumindest Zwangsbeitrag – auch wenn ihnen das nicht bewusst ist.

Dass FAZ-Medienredakteur Michael Hanfeld (vom Altpapier auch „Frankfurts Iron Mike“ genannt) keine solche Gelegenheit auslässt, wissen wir schon. Dass die FAZ aber nicht nur bei den möglichen, sondern auch bei den unmöglichen Gelegenheiten zuschlägt, war mir bis zu dieser Woche neu.

Auf der Titelseite des Feuilleton-Buchs heißt es in der von Stefan Niggemeier geposteten Bildunterschrift:

Um zu begreifen, dass Berlin viele ziemlich komische Vögel beheimatet, braucht der öffentlich-rechtliche Fernsehzuschauer nicht auf die Ausstrahlung einer von seinen Zwangsgebühren finanzierten, aber zunächst nur medialen Privatpatienten zugänglichen Fernsehserie über die röhrenden Zwanziger zu warten.

Zusammenhang zum Thema? Keiner.

Statt den Rundfunk außerdem öffentlich-rechtlich zu nennen, wie er verfasst ist, fällt in den Zeitungen öfter mal der Begriff Staatsrundfunk oder Staatsfunk. Nachdem meine @mediasres-Kollegin Brigitte Baetz die FAZ in einem oft missverstandenen offenen Brief dazu aufrief, den Begriff nicht zu verwenden, weil er falsch sei, holten einige FAZ-Journalisten zum großen Gegenschlag aus, um zu erklären, warum sie doch irgendwie Recht haben. (Ich habe hier was zur Vorgeschichte und hier was zu Reaktionen geschrieben.)

Es sind teils in sich widersprüchliche Äußerungen, wie Stefan Niggemeier im erwähnten Beitrag bei Übermedien herausgearbeitet hat. Er bezieht sich hier auf den Begriff „Staatsfunk“:

Ihre eigene Aussage aus der Vorwoche, dass es sich um einen schmähenden Kampfbegriff handele, dementierten sie ((die Autoren, SF)) nun plötzlich: Er beschreibe nur “völlig unideologisch die Realität”.

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(Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung)

Die erwähnten Autoren sind Rainer Hank und Georg Meck, deren Artikel in der FAS Auslöser für die damalige Vorläuferdebatte war. Ich will so viele Wochen danach nicht detailliert auf den Artikel eingehen, aber zumindest kurz erwähnen, dass sich sich die Autoren darin gegen Behauptungen wehren, die nie aufgestellt wurden, etwa diese hier:

Als die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vor einer Woche über die finanziellen Begehrlichkeiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks berichtete, ließt der Protest der Betroffenen nicht lange auf sich warten. Besonders in Rage bringt sie die von der F.A.S. benutzte Begrifflichkeit: Wer wie die F.A.S. von „Staatsfunk“ schreibt, der sich aus „Zwangsbeiträgen“ finanziert, gilt als schlimmer Ideologe, mutmaßlich rechtsradikal – zumindest von der AfD gesteuert.

Das ist vage genug formuliert, um den Vorwurf, rechtsradikal oder AfD-gesteuert zu sein, nicht dem Deutschlandfunk anzulasten. Ich habe diesen Vorwurf nirgendwo gehört. Und die AfD hatten übrigens vorher nur Hank und Meck selbst ins Spiel gebracht. Dass für die FAZ dann in diesem Kommentar von Herausgeber Jürgen Kaube zudem bestritt, den Begriff überhaupt zu benutzen, hat mich doch verwundert. Kaube schrieb:

Tatsächlich hat diese Zeitung das Wort „Staatsrundfunk“ in den vergangenen zwei Jahren für ARD und ZDF überhaupt nicht verwendet, nur einmal – als einen Spruch der AfD – zitiert.

Kann er nicht mal die Suchfunktion auf der Homepage seiner eigenen Zeitung benutzen?

Die zunehmende Verwendung der Begriffe Staatsrundfunk, Staatsfunk, Staatssender und Co. beobachtet WDR-Kollege Udo Stiehl mit Sorge:

Schritt für Schritt werden die Begriffe als Synonym für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk eingeführt. Das ist von interessierter Seite durchaus geschickt gemacht. Die „Lügenpresse“-Rufer klingen plötzlich nicht mehr ganz so radikal und ziehen dabei die Argumentation heran, ARD, ZDF und Deutschlandradio seien doch „staatlich“ finanziert. Natürlich verschweigen sie dabei, dass das Geld nicht aus dem Haushalt der Bundesregierung kommt, sondern von den Bürgern. Diese Assoziation ist gewollt und fällt durchaus auf fruchtbaren Boden. Aus diesem Bild heraus folgt dann die Forderung, die öffentlich-rechtlichen Sender abzuschaffen, denn sie handelten doch nur auf Anweisung der Regierung. Das ist nichts anderes als eine unverhohlene Forderung nach Abschaffung der Pressefreiheit.

Es sind weder sachgerechte noch für die Diskussion hilfreiche Begriffe, die dennoch – bei gleichzeitiger Abstreitung jeder Kampagnenführung – immer öfter von Print-Journalisten in der Debatte benutzt werden. Nicht nur in den Medien selbst, auch in persönlichen Äußerungen zum Beispiel bei Twitter.

Und damit ähnlich ähnlich zusammenhangslos wie in der oben bereits zitierten Bildunterschrift in der FAZ. Dass eine Debatte, die die FAZ mit der subtilen Verwendung solcher Begriffe angefangen hat, dann aus dem eigenen Haus kritisiert wird, spricht zumindest für die Binnenpluralität der Redaktion.

Es bleibt jedenfalls ein merkwürdiger Eindruck zurück, der eine (wenn wohl nicht durchorchestrierte, aber auch nicht rein aus journalistischen Gründen geführten) Kampagne durchaus für möglich hält. Sicher haben einige Argumente der Gegner von öffentlich-rechtlichen Sendern ihre Berechtigung. Und dass sich private Rundfunksender und Zeitungen durch die bereits von den Beitragszahlern finanzierten Inhalte unter Konkurrenzdruck sehen, ist auch verständlich.

Wie man aber mit einem solchen Kampagnenjournalismus unter teilweiser Missachtung journalistischer Standards Leser gewinnen will, die dafür künftig dann Geld bezahlen, ist mir ein Rätsel.

 

Offenlegung: Ich arbeite als freier Journalist unter anderem für die beiden öffentlich-rechtlichen Sender WDR und Deutschlandfunk und schreibe in diesem Blog privat.

So deutet „Die Welt“ eine Mehrheit für eine ARD-ZDF-Fusion herbei

Die Mehrheit der Deutschen ist für eine Fusion von ARD und ZDF zu einem nationalen, öffentlich-rechtlichen Sender.

Das schreibt die Springer-Tageszeitung „Die Welt“ auf ihrer gemeinsamen Webseite mit dem Springer-Fernsehsender „N24“. Ich bezweifle, dass das tatsächlich so ist. Denn die Umfrage, die das Umfrageunternehmen Civey für die beiden Medien online durchgeführt hat, ist so vage, dass die Antworten nur falsch sein können.

Das lässt sich schon an der Fragestellung ablesen, die die Welt glücklicherweise mit veröffentlicht hat:

Bei diesem WELT-Trend lautete die Frage: „Sollten die Fernsehsender von ARD und ZDF zu einem einzigen bundesweiten, öffentlich-rechtlichen Sender fusioniert werden?“

Im Artikel, in dem diese Umfrage eingebettet war, wurde vorher sogar noch eine etwas längere Frage gestellt:

Wir wollen von Ihnen wissen: Wie sehen Sie die Zukunft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland? Soll alles so bleiben, wie es ist, und beide weiterhin gemeinsam nebeneinander bestehen? Oder plädieren Sie dafür, dass die Fernsehsender von ARD und ZDF zu einem einzigen bundesweiten öffentlich-rechtlichen Sender fusioniert werden?

Das sind streng genommen zwei verschiedene Fragen. Denn „beide“ gibt es so gar nicht. Gemeint sind wohl ARD und ZDF. Aber die ARD ist nur eine Arbeitsgemeinschaft, die aus neun verschiedenen Landesrundfunkanstalten und der Deutschen Welle besteht. Daneben gibt es noch das Deutschlandradio, somit also elf öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten in Deutschland (die Deutsche Welle wird nicht aus dem Rundfunkbeitrag finanziert, sondern aus Steuermitteln). In der zweiten Frage wird dann nach „Fernsehsendern von ARD und ZDF“ gefragt, womit schon mal alle Radioprogramme ausgenommen werden und beim Fernsehprogramm alles über einen Kamm geschert wird.

Die neun Landesrundfunkanstalten und das ZDF betreiben nämlich im Moment getrennt und gemeinsam insgesamt 21 Fernsehsender. Bei einer Fusion, nach der Civey gefragt hat, müssten also all diese 21 Sender zu einem verschmelzen. Die Zuschauer würden also nicht nur auf Das Erste und das ZDF in ihrer bisherigen Form verzichten müssen, sondern auch auf alle dritten Programme, 3sat, Kika, Phoenix, Arte, ARD alpha, tagesschau24, ARD one, ZDF info und ZDF neo. Programme, die von Millionen Menschen gesehen werden.

Nur als Beispiel: Das Erste hatte im September 2017 nach Zahlen der AGF Videoforschung einen Marktanteil von 11,2 Prozent, das ZDF 12,9 Prozent. Alle anderen genannten öffentlich-rechtlichen Programme kamen zusammen auf 21,7 Prozent. Das ist ein so diversifiziertes Programm und damit auch Publikum, das man auf keinen Fall mit einem einzigen gemeinsamen öffentlich-rechtlichen Programm zufriedenstellen könnte. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass ein mehr oder weniger großer Teil der bisherigen Zuschauer das zentrale Programm nicht mehr einschalten würde.

Plädieren also tatsächlich 54 Prozent der Teilnehmer an der WELT-Umfrage für nur noch ein einziges Programm? Also mehr Programmeinfalt, um damit mehr Zuschauer gleichzeitig erreichen zu müssen? Warum sollten sie auf etwas verzichten wollen, das sie so intensiv nutzen?

Ich glaube, dass die meisten Teilnehmer der Umfrage die gestellte Frage gar nicht verstanden haben, weil sie viel zu unspezifisch formuliert wurde. Für viele ist ARD immer noch das erste Fernsehprogramm, auch wenn das offiziell „Das Erste“ heißt. Für viele ist ZDF das zweite Fernsehprogramm (wie der Name schon sagt), nicht aber deren Ableger Info und Neo. Und vor allem sind es nicht die gemeinsam veranstalteten Programme wie Arte und 3sat.

Hätten Welt und Civey nur nach den beiden Sendern „Das Erste“ und ZDF fragen wollen, wäre so eine Frage zielgenauer gewesen:

Sollten das erste und zweite Fernsehprogramm zu einem einzigen Sender zusammengelegt werden?

So aber kann WeltN24 das Ergebnis der missverstandenen Frage wieder auf die Anstalten an sich zurückdeuten und dann titeln:

(Screenshot: https://www.welt.de/kultur/medien/article169891258/Mehrheit-der-Deutschen-fuer-Fusion-von-ARD-und-ZDF.html)
(Screenshot: https://www.welt.de/kultur/medien/article169891258/Mehrheit-der-Deutschen-fuer-Fusion-von-ARD-und-ZDF.html)

Eine Frage missverständlich zu stellen und die Ergebnisse dann als scheinbar eindeutig auszugeben ist jedenfalls kein seriöser Umgang mit einer Umfrage.

Dass es der Springer-Vorstandsvorsitzende Matthias Döpfner war, der in seiner Funktion, aber auch als Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger immer wieder gegen die öffentlich-rechtlichen Sender polemisiert, sei nur zum Schluss kurz erwähnt.

Schauspielerverband fordert mehr Geld von ARD und ZDF

Sollten ARD und ZDF ihre Sendungen bald unbegrenzt im Netz anbieten dürfen, befürchten viele Schauspieler weitere Einbußen. Heinrich Schafmeister vom Bundesverband der Film- und Fernsehschauspieler beklagte im Deutschlandfunk, dass die Sender ihnen jetzt schon nichts dafür zahlen, wenn Sendungen in den Mediatheken abrufbar sind – obwohl sie müssten. Mit Schafmeister habe ich für @mediasres gesprochen.