Volker Beck und die Droge: Wie sich eine Spekulation verselbständigt

Der grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck ist vor zweieinhalb Monaten von der Berliner Polizei kontrolliert worden. Bei ihm wurde eine „betäubungsmittelähnliche Substanz“ gefunden. Beck trat daraufhin von seinen Ämtern zurück, teilte er auf seiner Webseite mit; sein Mandat als Abgeordneter behielt er.

Ich habe immer eine liberale Drogenpolitik vertreten. Zu den gegen mich erhobenen Vorwürfen wird mein Anwalt zu gegebener Zeit eine Erklärung gegenüber der Staatsanwaltschaft abgeben. Ich werde mich dazu öffentlich nicht einlassen.

Um welche Drogen es sich gehandelt hat, ist bis heute nicht bekannt. Die Bild-Zeitung hat behauptet, es habe sich um Crystal Meth gehandelt, gibt dazu aber keine Quelle an. Auch später ist an keiner Stelle offiziell bekannt geworden, um welche Droge es geht, dennoch beziehen sich fast alle Medien seitdem immer und immer wieder auf diese Angabe; teilweise geben sie nicht mal mehr die Bild als Quelle an, sondern formulieren so etwas wie „es soll sich um Crystal Meth gehandelt haben“.

Freilich, dem hat nicht mal Volker Beck widersprochen – aber ist damit schon klar, was es war? Viele Medien tun jedenfalls so und formulieren ganze Kommentare auf dieser Basis. So etwa Angelika Demel im Blog von Roland Tichy, das schon in der Dachzeile etwas suggeriert, was nicht belegt ist:

Die Volker-Beck-Droge wird zur Massensucht

Im Vorspann heißt es dann:

Das Verfahren gegen den Bundestagsabgeordnete Volker Beck wegen des mutmaßlichen Besitzes von Crystal Meth wird „wegen geringer Schuld“ eingestellt. Das ist rechtspolitisch ein gefährliches Zeichen: Crystal Meth ist längst eine Massendroge, die auch Kinder schädigt, so unsere Gastautorin Angelika Demel.

Dort ist also lediglich die Rede von „mutmaßlichem Besitz“. Und von einem „rechtspolitisch gefährlichen Zeichen“ kann man nur dann sprechen, wenn es sich tatsächlich um Crystal Meth gehandelt hat und das Verfahren dennoch absichtlich eingestellt wurde (und nicht lediglich wegen einer Opportunitätsvorschrift laut Strafprozessordnung, wie Beck schreibt). Auf dieser Spekulation baut Demels allerdings ihre ganze Theorie auf.

Weder will noch kann ich Volker Beck von einem Verdacht reinwaschen, noch will ich Crystal Meth verharmlosen. Insofern hat Demels Beitrag inhaltlich schon seine Berechtigung.

Aber unverantwortlich zu spekulieren und Beck immer wieder mit der Droge in Verbindung zu bringen, ist sehr unredlich. Wer von absichtlich und unabsichtlich fehlerhafter Berichterstattung spricht wie es auf Roland Tichys Seite immer wieder aufscheint, sollte für sich selbst den Maßstab anlegen, auf der Grundlage von Informationen zu berichten und zu kommentieren, nicht auf der Grundlage von Spekulationen.

Das führt dann nämlich zu sich verselbständigenden Meinungen wie diesen hier, in denen Nutzer Belege nicht mehr für nötig halten.

Ich habe Roland Tichy mal nach einer Quelle gefragt. Seiner Antwort entnehme ich, dass man keine braucht, wenn keiner widerspricht.

Gut, dass das vor Gericht nicht gilt. Dort muss einem nämlich eine Tat nachgewiesen werden, und man darf trotzdem schweigen.