WZ-Chefredakteur beklagt anlasslose Verunglimpfung und schreibt von „ARD-Krieg“

Ach ja, wie schön wäre es doch, wenn es wieder mehr Differenzierung gäbe im Streit zwischen öffentlich-rechtlichen Sendern und der privaten Presse. Leider tragen beide Seiten nicht unbedingt dazu bei. Das hat Medienjournalistin Ulrike Simon schon vor einigen Wochen in ihrer Kolumne bei Spiegel Daily beklagt (wann genau, lässt sich der Webseite leider nicht entnehmen).

„Nun kommt mal wieder runter“ steht über der Kolumne, und Simon kritisiert vor allem den Stil der Debatte. Denn Wahrheit und Anstand blieben dabei auf der Strecke:

Wie die Öffentlich-Rechtlichen und die Verlage miteinander umgehen, ist für jemanden, dem etwas an gutem Fernsehen, gutem Radio, gutem auf welchen Wegen auch immer verbreitetem Journalismus und ganz nebenbei auch etwas am eigenen Beruf liegt, nur schwer erträglich.

Auch wenn ich das Anliegen der Arbeitsgemeinschaft der Redakteursausschüsse von ARD, ZDF und Deutschlandradio (AGRA) von der Zielrichtung her teile, so finde ich den dazu verschickten offenen Brief doch teilweise etwas aggressiv formuliert. Gerichtet an die Kollegen in den Zeitungsredaktionen heißt es darin:

Wir fragen uns, warum Sie mit solchen Äußerungen unsere Arbeit verunglimpfen und sich damit selbst in die Nähe von Rechtspopulisten stellen. Sie bedienen ein Klima, das uns JournalistInnen der öffentlich-rechtlichen Medien an den Pranger stellen soll. (…)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, fällt es Ihnen eigentlich nicht auf, dass Sie mit dieser Kampagne auch den Journalismus insgesamt beschädigen?

Ich hätte mir ein paar sanftere Formulierungen gewünscht. Auch wenn in dem Brief nicht allen Zeitungsredakteuren vorgeworfen wird, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit Begriffen wie „Staatsfunk“ und „Staatspresse“ zu verunglimpfen, glaube ich, dass sich so schwerlich ein konstruktiver Dialog eröffnen lässt, für den sich die Ausschüsse ja grundsätzlich offen zeigen.

Auch wenn dem Wortlaut nach eben nicht alle Zeitungskollegen kritisiert werden, macht doch auch der Ton die Musik. Allerdings machen es Vertreter der Zeitungsbranche selbst nicht besser. Erwähnt sei BDZV-Präsident Mathias Döpfner, der auf den Brief geantwortet hat, ohne dass er an ihn gerichtet war. Er bot zwar einen Dialog an, verleugnete dabei aber zugleich, was er bisher gesagt hatte. Das macht einen Dialog natürlich schwierig.

Ulli Tückmantel, Chefredakteur der Westdeutschen Zeitung, hat der Brief offenbar so aufgeregt, dass er auch nicht mehr zu Differenzierungen in der Lage war. In seiner Zeitung holte er weit aus und schrieb:

Um der Struktur-Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu entgehen, startet die ARD nun das nächste Ablenkungsmanöver.

Wenn er hinter den Redakteursausschüssen „die ARD“ vermutet (als Unternehmen, also wohl eher die Geschäftsleitung), frage ich mich schon, ob er den Unterschied zwischen Mitarbeitern und Geschäftsleitung nicht versteht oder nicht verstehen will. (Vielleicht gibt es in seinem Haus eine solche Differenzierung nicht.)

Die Formulierung suggeriert außerdem eine konzertierte Aktion des Senderverbundes („Ablenkungsmanöver“). Dabei sind die Redakteursausschüsse genau der Gegenpart zur Geschäftsleitung.

Tückmantel schreibt weiter:

Die anlasslose Verunglimpfung von 10.500 Redakteurinnen und Redakteure (sic!) deutscher Tageszeitungen, die mehrheitlich keine Zeile über Medienpolitik schreibt, als rechtspopulistennah ist nur der neueste Gipfel der Albernheit im ARD-Krieg gegen den Bundesverband der Zeitungsverleger (BDZV), seit dessen Präsident Mathias Döpfner sich im September gegen die immer grenzenlosere Ausdehnung von ARD, ZDF und Deutschlandradio in die Geschäftsfelder der Zeitungsverlage verwahrte.

„ARD-Krieg“ ist nicht gerade deeskalierend, führt aber seine Theorie eines konzertierten Ablenkungsmanövers weiter.

Und: Anlasslos ist die Beschwerde bei weitem nicht. Man lese nur die FAZ. Dort zeigt sich auch, dass nicht nur bei Berichten über Medienpolitik ausgeteilt wird.

(Quelle: https://twitter.com/niggi/status/920415149357522944)

Auch der „Spiegel“ hat sich mit seiner Titelgeschichte nicht gerade mit Ruhm bekleckert.

Kritisiert werden in dem offenen Brief auch nicht alle 10.500 Redakteurinnen und Redakteure. In dem Brief heißt es:

…wir fühlen uns diskreditiert, wenn Sie uns als Staatsfunk bezeichnen und uns damit unterstellen, dass wir uns politisch steuern lassen.

Wenn. Und genau darum geht es. Nicht um die Kritik an den Online-Angeboten der Sender, zu denen sich die Ausschüsse in ihrem Brief gar nicht äußern. Es geht um eine Diskreditierung mittels Begriffen.

(Über den Widerspruch in Döpferns Brief übrigens verliert Tückmantel in seinem Artikel kein Wort.)

Tückmantel geht interessanterweise auch davon aus, dass die Ausschüsse nicht auf das Angebot zum Dialog eingehen werden:

Mathias Döpfner kann sich einigermaßen sicher sein, dass es dazu nicht kommt. Denn allen voran die ARD bricht den Dauerkonflikt, den sie nun auch auf die Zeitungsredakteure ausdehnen will, aus einem sehr durchsichtigen Grund vom Zaun: …

Und damit verwechselt er wieder Geschäftsleitung und Mitarbeiter. Wie gesagt: Hier spricht nicht „die ARD“, sondern die Vertretungen der Programmmitarbeiter. Und diese äußern sich nicht anlasslos; der Konflikt ist nämlich – wie gesagt – längst in den Zeitungsredaktionen angekommen.

Die Ausschüsse wollen das Dialogangebot übrigens annehmen und sprechen auch in der Öffentlichkeit über ihre Kritik. Anders als Mathias Döpfner, der zwar immer wieder Reden hält und neulich auch mal der FAZ ein (sicherlich autorisiertes) Interview gab, sich aber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk selbst weitgehend verweigert. Weder das NDR-Magazin „Zapp“ noch das „Medienmagazin“ von Radio Eins haben in der letzten Zeit Zusagen für ein Interview mit ihm bekommen.

(Quelle: https://twitter.com/niggi/status/920415149357522944)
(Quelle: https://twitter.com/medienmagazin/status/926505755590713347)

Ein echter Dialog sieht anders aus.

Klar, es gibt berechtigte Anliegen beider Seiten. Ich kann das Argument verstehen, dass sich Zeitungen im Netz vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk bedroht fühlen, auch ohne dass ich gleich ein Urteil darüber abgeben müsste, ob diese Angst berechtigt ist. Aber dieser Streit sollte eben nicht über die Redaktionen ausgetragen werden – unter Missachtung journalistischer Standards – sondern von den Geschäftsleitungen und Lobbyisten beider Seiten.

Und mehr Differenzierung würde auf beiden Seiten nicht schaden. Nicht, dass es die in anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens immer geben würde. Wenn wir Journalisten über Politik berichten, stoßen wir immer wieder auf solche Verhaltensmuster, die wir dort auch gerne kritisieren. Aber nun trifft es eben unsere eigene Branche: Fast jeder, der über den Konflikt berichtet, wird zwangsläufig mit einer der beiden Seiten assoziiert. Eigentlich sollten wir es besser können.

 

Anmerkung (20.05.2018): Wegen der Datenschutzgrundverordnung habe ich Widgets, die sich ursprünglich im Text befanden, entfernt und entweder durch Screenshots oder Links ersetzt.

So deutet „Die Welt“ eine Mehrheit für eine ARD-ZDF-Fusion herbei

Die Mehrheit der Deutschen ist für eine Fusion von ARD und ZDF zu einem nationalen, öffentlich-rechtlichen Sender.

Das schreibt die Springer-Tageszeitung „Die Welt“ auf ihrer gemeinsamen Webseite mit dem Springer-Fernsehsender „N24“. Ich bezweifle, dass das tatsächlich so ist. Denn die Umfrage, die das Umfrageunternehmen Civey für die beiden Medien online durchgeführt hat, ist so vage, dass die Antworten nur falsch sein können.

Das lässt sich schon an der Fragestellung ablesen, die die Welt glücklicherweise mit veröffentlicht hat:

Bei diesem WELT-Trend lautete die Frage: „Sollten die Fernsehsender von ARD und ZDF zu einem einzigen bundesweiten, öffentlich-rechtlichen Sender fusioniert werden?“

Im Artikel, in dem diese Umfrage eingebettet war, wurde vorher sogar noch eine etwas längere Frage gestellt:

Wir wollen von Ihnen wissen: Wie sehen Sie die Zukunft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland? Soll alles so bleiben, wie es ist, und beide weiterhin gemeinsam nebeneinander bestehen? Oder plädieren Sie dafür, dass die Fernsehsender von ARD und ZDF zu einem einzigen bundesweiten öffentlich-rechtlichen Sender fusioniert werden?

Das sind streng genommen zwei verschiedene Fragen. Denn „beide“ gibt es so gar nicht. Gemeint sind wohl ARD und ZDF. Aber die ARD ist nur eine Arbeitsgemeinschaft, die aus neun verschiedenen Landesrundfunkanstalten und der Deutschen Welle besteht. Daneben gibt es noch das Deutschlandradio, somit also elf öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten in Deutschland (die Deutsche Welle wird nicht aus dem Rundfunkbeitrag finanziert, sondern aus Steuermitteln). In der zweiten Frage wird dann nach „Fernsehsendern von ARD und ZDF“ gefragt, womit schon mal alle Radioprogramme ausgenommen werden und beim Fernsehprogramm alles über einen Kamm geschert wird.

Die neun Landesrundfunkanstalten und das ZDF betreiben nämlich im Moment getrennt und gemeinsam insgesamt 21 Fernsehsender. Bei einer Fusion, nach der Civey gefragt hat, müssten also all diese 21 Sender zu einem verschmelzen. Die Zuschauer würden also nicht nur auf Das Erste und das ZDF in ihrer bisherigen Form verzichten müssen, sondern auch auf alle dritten Programme, 3sat, Kika, Phoenix, Arte, ARD alpha, tagesschau24, ARD one, ZDF info und ZDF neo. Programme, die von Millionen Menschen gesehen werden.

Nur als Beispiel: Das Erste hatte im September 2017 nach Zahlen der AGF Videoforschung einen Marktanteil von 11,2 Prozent, das ZDF 12,9 Prozent. Alle anderen genannten öffentlich-rechtlichen Programme kamen zusammen auf 21,7 Prozent. Das ist ein so diversifiziertes Programm und damit auch Publikum, das man auf keinen Fall mit einem einzigen gemeinsamen öffentlich-rechtlichen Programm zufriedenstellen könnte. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass ein mehr oder weniger großer Teil der bisherigen Zuschauer das zentrale Programm nicht mehr einschalten würde.

Plädieren also tatsächlich 54 Prozent der Teilnehmer an der WELT-Umfrage für nur noch ein einziges Programm? Also mehr Programmeinfalt, um damit mehr Zuschauer gleichzeitig erreichen zu müssen? Warum sollten sie auf etwas verzichten wollen, das sie so intensiv nutzen?

Ich glaube, dass die meisten Teilnehmer der Umfrage die gestellte Frage gar nicht verstanden haben, weil sie viel zu unspezifisch formuliert wurde. Für viele ist ARD immer noch das erste Fernsehprogramm, auch wenn das offiziell „Das Erste“ heißt. Für viele ist ZDF das zweite Fernsehprogramm (wie der Name schon sagt), nicht aber deren Ableger Info und Neo. Und vor allem sind es nicht die gemeinsam veranstalteten Programme wie Arte und 3sat.

Hätten Welt und Civey nur nach den beiden Sendern „Das Erste“ und ZDF fragen wollen, wäre so eine Frage zielgenauer gewesen:

Sollten das erste und zweite Fernsehprogramm zu einem einzigen Sender zusammengelegt werden?

So aber kann WeltN24 das Ergebnis der missverstandenen Frage wieder auf die Anstalten an sich zurückdeuten und dann titeln:

(Screenshot: https://www.welt.de/kultur/medien/article169891258/Mehrheit-der-Deutschen-fuer-Fusion-von-ARD-und-ZDF.html)
(Screenshot: https://www.welt.de/kultur/medien/article169891258/Mehrheit-der-Deutschen-fuer-Fusion-von-ARD-und-ZDF.html)

Eine Frage missverständlich zu stellen und die Ergebnisse dann als scheinbar eindeutig auszugeben ist jedenfalls kein seriöser Umgang mit einer Umfrage.

Dass es der Springer-Vorstandsvorsitzende Matthias Döpfner war, der in seiner Funktion, aber auch als Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger immer wieder gegen die öffentlich-rechtlichen Sender polemisiert, sei nur zum Schluss kurz erwähnt.

FAZ gegen Öffentlich-Rechtliche: Wie aus einem ironischen Liebesbrief eine erbitterte Diskussion wurde

Darf man die öffentlich-rechtlichen Sender Staatssender nennen oder nicht?

Ich habe hier gestern der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vorgeworfen, das Wort als Kampfbegriff für eine Kampagne zu benutzen. Im Medienmagazin @mediasres im Deutschlandfunk hat meine Kollegin Brigitte Baetz noch mit einem Brief an die lieben FAZ-Kollegen nachgelegt.

Beides hat offenbar einen Nerv getroffen, wie Abrufzahlen und Rückmeldungen zeigen. Ein paar Gedanken dazu.

1. Ironie funktioniert nicht

Alte Radioregel, hat sich wieder bestätigt. Brigittes Brief war gar nicht so arrogant gemeint wie er ihr ausgelegt wurde, zum Beispiel vom Branchendienst Meedia, in dem Autor Stefan Winterbauer auch nicht so richtig dazuschreibt, dass er eigentlich kommentiert statt berichtet. Brigitte wollte nur mit einem Augenzwinkern daran erinnern, dass die Auseinandersetzung der FAZ gegen die öffentlich-rechtlichen Sender ja nicht mit solchen Kampfbegriffen geführt werden muss. Wer so austeilt wie die FAZ sollte das wohl einstecken können.

2. Wir haben einen wunden Punkt getroffen

Einige Redakteure, mit denen ich auf Twitter geschrieben habe, fühlten sich tatsächlich beleidigt, von oben abgekanzelt aus angeblich bequemer lebenslanger Festanstellung beim Deutschlandfunk.

Dabei haben den die meisten Mitarbeiter dort überhaupt nicht, auch ich nicht. Der Vorwurf ist deshalb Unsinn. Ich verstehe durchaus, dass man manchmal um den eigenen Job bangen muss, glaube aber nicht, dass für die Strukturveränderungen der letzten und kommende Jahre auch bei Zeitungen der öffentlich-rechtliche Rundfunk verantwortlich ist. Damit würde man es sich zu einfach machen. Wie Brigitte schrieb:

Ginge es uns schlecht, es ginge Euch dadurch nicht besser und ihr hättet vermutlich keinen einzigen Abonnenten mehr.

Das bedeutet aber nicht, dass man die Wortwahl und Methoden der FAZ damit rechtfertigen muss. Gegen eine sachliche Auseinandersetzung spricht ja nichts, aber die polemischen Unterstellungen und sachlich falschen Berichte, um Stimmung zu machen, wie die inzwischen dementierte Behauptung, der Rundfunkbeitrag solle auf 21 Euro steigen, helfen nun auch nicht. Oder glaubt die FAZ, auf diese Weise die Reputation der Sender angreifen zu können?

3. Die Sprache bestimmt das Bewusstsein

In Kommentaren unter meinem Beitrag und in ein paar Konversationen auf Twitter wurde der Begriff Staatsrundfunk insofern als angemessen bezeichnet, als dass die Sender vom Staat eingerichtet wurden und er mittelbar für ihre Finanzierung sorgt. Dort schreibt zum Beispiel ein Tim:

Warum gibt es die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten?
Weil es ein staatliches Gesetz so will.

Was ist ihre Finanzierungsgrundlage?
Ein staatliches Gesetz.

Wer entscheidet über die konkrete Höhe ihrer Finanzierung?
Ein staatliches Gremium.

Was sind die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten also?
Staatsfunk.

Da gibt es doch überhaupt keinen Zweifel. Der Begriff ist korrekt. Er sagt ja nicht aus, dass ARD & ZDF unter der Fuchtel der Regierung stehen. Es gibt schon noch einen Unterschied zwischen Staat und Regierung.

Es gibt aber eben auch einen Unterschied zwischen öffentlich-rechtlichem Rundfunk und Staatsrundfunk, den gängige Definitionen wie die bei Wikipedia:

Als staatlichen Rundfunk bezeichnet man Hörfunk- oder Fernsehgesellschaften, die sich im Eigentum oder unter der unmittelbaren Kontrolle eines Staates befinden. Neben öffentlich- und privatrechtlichen Sendern ist dies die dritte international verbreitete Organisationsform für Rundfunkanstalten.

Anders als beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der sich aus Gebühren finanziert und in Deutschland von einem Rundfunkrat kontrolliert wird, der die Interessen der Allgemeinheit bei der Programmgestaltung gewährleisten soll, unterstehen staatliche Sender unmittelbar einer Behörde.

Ähnlich definieren es auch der Duden und andere Nachschlagewerken, vor allem in der Fachliteratur. Diesen Unterschied wollen manche Kommentatoren aber nicht sehen.

4. Staatsrundfunk ist etwas anderes

Wenn wir uns über Dinge unterhalten, klappt das nur, wenn wir jeweils wissen, wovon wir reden. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist eben strukturell etwas anderes als Staatsrundfunk. Wer sich in anderen Ländern umschaut, sieht das. René Martens schreibt dazu in der taz:

Nun ist es weiterhin geboten, die Zusammensetzung der öffentlich-rechtlichen Kontrollgremien zu kritisieren. Aber in Zeiten, in denen, etwa in Polen oder Ungarn, demokratisch gewählte Regierungen direkt auf die öffentlich-rechtlichen Sender Einfluss nehmen, ist es mindestens bizarr, ARD und ZDF als Staatssender zu bezeichnen. Für die FAZ scheinen ARD und ZDF in erster Linie Punchingbälle im konservativen Kulturkampf zu sein.

5. Es wird gleich über alles diskutiert

Die Diskussion lässt sich nie so eng führen wie sie anfing. Eigentlich ging es um den Begriff „Staatsrundfunk“ mit all seinen Varianten, schnell wurde daraus aber eine Diskussion über die Finanzierung und ob es nun eine Zwangsgebühr oder ein Zwangsbeitrag ist. In diesem Twitter-Threat kann man das nachlesen, wenn man sich durch die nachfolgenden Tweets klickt:

Am eigentlichen Ausgangspunkt der Diskussion waren wir da schon lange vorbei.

6. Auf neutraler Position steht keiner

Das ist das Problem des Medienjournalismus: Man berichtet über eine Branche, der man selber angehört. Das macht Kritik so angreifbar – es wird geglaubt, man übe sie nur gegenüber der Konkurrenz oder man übe sie nur, um die Konkurrenz zu diskreditieren.

In der Diskussion zeigt sich auch, dass die Fronten weitgehend klar sind: hier die Rundfunkmacher, dort die Zeitungsmacher (inkl. dem Branchendienst Meedia, der zur Verlagsgruppe Holtzbrink gehört). Jeder verteidigt sein Medium, das ist nur verständlich.

Aber nur, weil ich zum Beispiel für den Deutschlandfunk arbeite, dessen Dachmarke Deutschlandradio pro Beitragszahler 48 Cent des monatlichen Rundfunkbeitrags bekommt, heißt das nicht, dass ich für jeden Beitrag, jedes Interview im Haus verantwortlich gemacht werden kann. Erst recht nicht für das, was samstags um 20.15 Uhr im Ersten gesendet wird oder wieviel für Sportrechte ausgegeben wird. Ich finde auch nicht alles gut, was aus unseren Häusern kommt, und verteidige es deswegen auch nicht. Leider helfen solche Zugeständnisse in der Diskussion aber selten.

Ein paar Hörermeinungen zum Thema, durchaus in beide Richtungen, findet man übrigens hier: