Streit zwischen Zeitungen und ÖR vors Schiedsgericht?

Seit Anfang des Jahres arbeitet das Medienschiedsgericht in Leipzig. Es soll Streitigkeiten in der Medienbranche schlichten – ganz ohne langwierigen und teuren Prozess. Doch zum Einsatz kam es noch nicht. Dabei gebe es durchaus Verfahren, die dafür in Frage kämen. So wäre etwa der Streit um die Tagesschau-App ein gutes Beispiel dafür, welchen Konflikten sich das Schiedsgericht annehmen könnte, sagte dessen neuer Präsident Christian Berger im Deutschlandfunk. Man könne Lösungen mithilfe von Instrumenten finden, die das staatliche Gericht in der Form nicht habe. Ich habe mit Christian Berger für @mediasres gesprochen.

 

Anmerkung: In Vorbereitung auf die Datenschutzgrundverordnung habe ich Widgets, die sich ursprünglich im Text befanden, entfernt und sie teilweise durch Links ersetzt.

Debatte um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk: „Kommt mal wieder runter!“

Die Diskussion über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist aufgeheizt: Verleger argumentieren mit den Schlagwörtern „Staatspresse“ und „Staatsfunk“. Die Rundfunkredakteure fordern Respekt und werfen manchen Zeitungskollegen Nähe zu Rechtspopulisten vor. Wo bleibt die seriöse Debatte? Mein Beitrag für @mediasres im Deutschlandfunk.

Remscheider General-Anzeiger schließt sich Kampagne gegen Öffentlich-Rechtliche an

Der Remscheider General-Anzeiger reiht sich ein in die Reihe der Medien, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk diffamieren. In einem Artikel heißt es in der Überschrift ohne jegliche Distanzierung, so als gebe es ihn:

rgaDer Autor Axel Richter schreibt in dem Artikel, der nicht als Meinungsstück gekennzeichnet ist, gleich zu Beginn:

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk gerät unter Druck. Zwar betonen seine Fürsprecher nahezu mantrahaft, was für ein hohes und bewahrenswertes Gut er darstelle, so dass der Zuhörer leicht den Eindruck gewinnt, das Volk der Deutschen falle erneut der Barbarei anheim, wenn ihnen ARD, ZDF und Co. nicht weiterhin den Weg zu Demokratie und Frieden weisen. Doch gerade die Bevormundung, die daraus spricht, bringt den gebührenfinanzierten Funk- und Fernsehmachern Kritik ein.

Die Polemik, die aus der Barbarei-Passage spricht, ist dabei typisch für die Art und Weise, wie mittlerweile aus manchen Zeitungsredaktionen mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk umgehen. Genau dagegen richtete sich der Brief der Redakteursausschüsse von ARD, ZDF und Deutschlandradio von Anfang November.

Und Richter macht dann gleich noch einen Appell eines CDU-Politikers öffentlich, der den Verleger des Remscheider General-Anzeigers geradezu zu einer Kampagne auffordert:

„Schreiben Sie gegen die Steuereintreiber von ARD und ZDF an“, forderte Henner Blecher, Unternehmer und einstiger Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung (MIT) in der CDU Remscheid, am Dienstagabend. Und MIT-Mitglied Ralf Wieber stimmte ein: „Ich will endlich selbst entscheiden, wofür ich bezahle.“

Hat geklappt, der Artikel macht sich diese Haltung zueigen. Dass er weiterhin die Stärken der Zeitung lobt – geschenkt. Dass er ausgerechnet die Frankfurter Allgemeine Zeitung zu einem Kronzeugen gegen die Öffentlich-Rechtlichen macht, ist einerseits traurig, andererseits angesichts deren Entwicklung nicht überraschend. Dass die Politiker in den Sendergremien den Anstalten „die Gründung immer neuer Spartenkanäle“ nicht verweigern würden, ignoriert darüber hinaus Fakten. Schließlich haben ARD und ZDF zugunsten des Jugendangebots „Funk“ zwei ihrer Spartensender dichtgemacht.

Lobbyismus schön und gut. Selbstverständlich haben die Zeitungen ihre Interessen, die in Konflikten mit denen der Sender stehen. Dafür aber journalistische Grundsätze wie die einer möglichst neutralen und wahrheitsgemäßen Berichterstattung aufzugeben, kann weder im Sinne der Zeitung noch im der ihrer Leser sein.

Konsequenterweise lobt sich die Zeitung am Ende über einen Mittelsmann noch selbst:

Michael Boll verwies auf die kritische Berichterstattung, die im RGA bereits erschienen ist. Doch die Zeitung solle darin nicht nachlassen, forderten die Unternehmer: „Die Menschen sind längst mündig genug, selbst zu entscheiden, welche Medieninhalte sie konsumieren möchten.“

Die Macher der Zeitung sollten aufpassen, dass diese Aufforderung nicht nach hinten losgeht.

Hm…

Was will uns Welt-Chefredakteur Ulf Poschardt nun mit dem Wort „Beamte“ in diesem Zusammenhang sagen?

(Quelle: https://twitter.com/ulfposh/status/931150169634164736)

 

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SZ lässt Angriffe auf öffentlich-rechtlichen Rundfunk einordnen

Ich verstehe es nicht ganz. Die Süddeutsche Zeitung veröffentlicht löblicherweise einen Gastbeitrag des Historikers Norbert Frei, der ausführlich darlegt, warum sich das Mediensystem in Deutschland so entwickelt hat wie es heute ist: mit dem Nebeneinander von öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunksendern sowie privaten Zeitungen. Frei äußert darin deutlich Kritik daran, wie BDZV-Präsident Mathias Döpfner die Begriffe Staatspresse und Staatsfunk benutzt

Mit Begriffen, die an das Vokabular der AfD erinnern, hat er der ARD den Krieg erklärt, weil sich deren Nachrichtenangebot im Netz nicht allein auf bewegte Bilder beschränkt. Die „Flut textbasierter Gratis-Angebote“ der Öffentlich-Rechtlichen sei nichts anderes als „gebührenfinanzierte Staats-Presse“.

Und dann überschreibt die SZ ihren Artikel aber genau mit einem solchen Begriff.

bildschirmfoto-2017-11-11-um-10-22-19Der hat offenbar schon genug Hinguckerpotential, auch wenn der ganze Artikel eigentlich das Gegenteil behauptet. Das zeigt, wie notwendig es war, dass mein Kollege Udo Stiehl neulich noch vor dem Framing solcher Begriffe gewarnt hat.

Der Gegenangriff von Döpfner gegen die öffentlich-rechtlichen Redakteursausschüsse hat übrigens funktioniert. Auch Frei ist auf Döpfners falsche Behauptung reingefallen, er habe doch immer nur im Irrealis gesprochen. Hat er nicht.

Redakteure erwarten Döpfners Gesprächsangebot „offen und gespannt“

In der Brieffreundschaft zwischen der Arbeitsgemeinschaft der Redakteursausschüsse von ARD, ZDF und Deutschlandradio (AGRA) einerseits und dem Präsidenten des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), Mathias Döpfner, geht es weiter. Nach dem ersten Brief der AGRA und Döpfners Antwort hat die AGRA jetzt noch mal geschrieben. Hier der Offene Brief im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Präsident,

sehr geehrter Herr Döpfner,
wir bedanken uns für Ihren Offenen Brief als Reaktion auf die Frankfurter Erklärung der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Redakteursausschüsse.

Betonen möchten wir, dass die Erklärung unserer Herbsttagung ausdrücklich an die Kolleginnen und Kollegen in den deutschen
Zeitungsredaktionen gerichtet war – also auf Arbeitsebene.

Anlass unserer Erklärung war die Kampagne, die einige Print-Medien aus unserer Sicht unberechtigterweise seit Monaten gegen die öffentlich-rechtlichen Sender führen.

Medienpolitische Strategiediskussionen, die Sie unmittelbar daraus ableiten, werden – wie Sie in Ihrem Schreiben anführen – von Ihnen seit geraumer Zeit auf anderer Ebene mit den Rundfunkanstalten geführt. Dort gehören Sie unserer Meinung nach auch hin.

Uns ging es vor allem darum, als Journalistinnen und Journalisten von öffentlich-rechtlichen Sendern die Bezeichnung „Staatsfunk“ entschieden zurückzuweisen.

Ihr „persönliches und öffentliches“ Gesprächsangebot haben wir zur Kenntnis genommen, sind nach wie vor offen und gespannt, welchen Rahmen Sie dafür wählen wollen.

Mit freundlichen Grüßen

Für die Arbeitsgemeinschaft öffentlich-rechtlicher Redakteursausschüsse

Gabriela Mirkovic
Hubert Krech
Heike Bade

Von der Schwierigkeit, mit Zeitungsmachern zu reden

Es ist gar nicht so leicht, mit manchen Zeitungsmachern ins Gespräch zu kommen. Einerseits erheben sie Forderungen an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wenn der dann aber darüber (öffentlich) ins Gespräch kommen will, bleiben sie stumm oder verweigern sich – und behaupten dann, man wolle ja selber gar keinen Dialog.

Das Wochenende hat einige merkwürdige Begegnungen dieser Art gebracht. Zuerst versuchte Stefan Niggemeier von Übermedien, vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) eine Stellungnahme dazu zu bekommen, dass sein Präsident Mathias Döpfner sich selbst widersprochen oder gar gelogen hat. Döpfner hatte abgestritten, jemals (im Indikativ) gesagt zu haben, die Journalisten der ARD seien „Staatspresse“. Gesagt hatte er es aber. Eine Antwort auf die Frage kam nicht.

bildschirmfoto-2017-11-06-um-18-57-40Die Medienjournalisten Daniel Bouhs und Jörg Wagner beklagten sich auf Twitter, dass Mathias Döpfner ihnen seit Monaten Interviews verweigern würde. Darauf gab es keine Antwort vom BDZV.

Ich habe wiederum gestern über einen meiner Meinung nach zu Unrecht pauschalisierenden Artikel (mit Bezahlschranke, die nach einigen Minuten runtergeht) in der Westdeutschen Zeitung gebloggt. Dort raunt Chefredakteur Ulli Tückmantel, dass die Redakteursausschüsse von ARD, ZDF und Deutschlandradio, deren offener Brief an ihre Zeitungskollegen Anlass für die neueste Eskalation war, das Dialogangebot von Döpfner aus seiner Replik darauf gar nicht erst annehmen würden.

Tückmantel selbst hatte aber keinerlei Lust, in den Dialog mit mir einzusteigen. Was grundsätzlich okay wäre, allerdings verweigerte er sich mit solch einer Unlust am Argument und so unfreundlich, dass ich sehr verwundert war.

(Quelle: https://twitter.com/Tueckmantel_WZ/status/927200232944947202)

Ein Chefredakteur, der zuerst ein fehlendes Argument beklagt, sich das dann aber nicht mehr anhören will. Da ist auch der tapfere Zinnsoldat machtlos.

Die Redakteursausschüsse haben das Dialogangebot übrigens inzwischen angenommen, aber das nur nebenbei.

(Quelle: https://twitter.com/daniel_bouhs/status/927579954879123456)

Inzwischen hatte dann auch Ulli Tückmantel ein Angebot zum Dialog angenommen, diesmal aber nicht bei Twitter, sondern bei @mediasres im Deutschlandfunk, wo er über seine Kritik an den öffentlich-rechtlichen Sendern sprach. Manches habe ich nicht richtig verstanden; etwa, als er einerseits nicht unbedingt weniger Text für die Öffentlich-Rechtlichen im Netz fordert, andererseits aber möchte, dass sie sich auf Audio und Video konzentrieren. Er benutzt auch den Begriff „Zwangsgebühren“, auf den zu verzichten die Redakteursausschüsse ja gebeten hatten. Diesen Appell hatte Tückmantel ja schon in seinem WZ-Artikel missverstanden.

Nach der Aufzeichnung des Interviews war er allerdings merkwürdigerweise wieder auf Krawall gebürstet und twitterte noch vor der Sendung misstrauisch:

(Quelle: https://twitter.com/Tueckmantel_WZ/status/927544594371350530)

Die Stelle war natürlich drin. Aber irgendwie konnte er wohl immer noch nicht glauben, dass manche Leute wirklich an einem Dialog interessiert sind. Ein Dialog, den @mediasres nicht auf Seiten der Öffentlich-Rechtlichen führt, sondern als Medienmagazin, das beide Seiten in der Debatte zu Wort kommen lässt. Döpfner will nämlich auch dort nicht sprechen.

(Quelle: https://twitter.com/DLFmedien/status/927604682977103877)

Die Sache mit Döpfner endete übrigens heute mit einem weiteren Artikel von Stefan Niggemeier bei Übermedien, der die Weigerung Döpfners bzw. des BDZV, seinen Fehler einzugestehen, so kommentiert:

Wie will denn jemand Leute wie Döpfner und die von ihm vertretenen Verlage ernst nehmen in ihrem Kampf für die Wahrheit, wenn sie in eigener Sache mit Zähnen und Klauen die Lüge verteidigen? Wie soll sich in den Zeitungen eine Fehlerkultur durchsetzen, wenn der oberste deutsche Zeitungsverleger es in einem einfachen, glasklaren Fall nicht schafft, einen Fehler zuzugeben?

 

Anmerkung (20.05.2018): Wegen der Datenschutzgrundverordnung habe ich Widgets, die sich ursprünglich im Text befanden, entfernt.