Der Journalist Hubert Seipel hat Geld aus Russland bekommen – um über Russland zu berichten. Zuvor hatte er auch für die ARD Filme gemacht. Der unter anderem zuständige NDR hat die Vorwürfe intern aufarbeiten lassen. Darüber wurde am Wochenende bei der Jahrestagung des Netzwerks Recherche in Hamburg gesprochen.
Monat: Juli 2024
Youtube als beliebte Plattform für Hass
Dass es bei YouTube Verschwörungsmythen und Rechtsextremismus gibt, ist nicht neu. Oft gelangen Nutzer dorthin über Links beim Messengerdienst Telegram. Die Bundesarbeitsgemeinschaft „Gegen Hass im Netz“ hat sich die Zusammenhänge angesehen. Darüber habe ich in @mediasres mit Politikwissenschaftler und Netzforscher Harald Sick gesprochen.
Sexismus bei Olympia: Problematische Berichterstattung über Schwimmerin Gose
Schwimmerin Isabel Gose wurde bei Olympia auf ihre Rolle als Ex-Freundin des Gold-Gewinners Lukas Märtens reduziert, anstatt ihre deutsche Rekordleistung zu würdigen. Medienforscher Christoph Bertling ordnet diesen journalistischen Fauxpas ein. Ich habe mit ihm für @mediasres gesprochen.
Nicht mal in der U-Bahn eine Nachrichtenpause!
Ob an der Kasse, im Aufzug oder in der Bahn: Überall lauern Bildschirme mit Nachrichtenmeldungen. Mehr von der Welt verstehe ich dadurch nicht. Denn viele Schlagzeilen werfen mehr Fragen auf als sie beantworten. Für Übermedien habe ich recherchiert und mir meinen Frust von der Seele geschrieben.
Warum die Talkshow-Kritik der EU-Politiker etwas irreführend ist
Anfang der Woche hat ein Brief deutscher EU-Abgeordneter für Aufmerksamkeit gesorgt. Sie kritisieren in einem Brief an ARD und ZDF, dass in der Woche nach der Europawahl nur ein einziger Abgeordneter in eine der acht Talksendungen eingeladen worden sei. Darin rechnen sie vor, dass insgesamt 43 Gäste eingeladen waren und Manfred Weber (CSU) der Einzige war, der bei der Wahl angetreten bzw. gewählt wurde.
In dem Brief, der mir vorliegt, schreiben Daniel Freund (Grüne), Daniel Caspary (CDU), René Repasi (SPD), Erik Marquardt (Grüne), Moritz Körner (FDP) und Angelika Niebler (CSU):
„Das ist erschreckend, unzureichend und wird ihrem Programmauftrag unserer Ansicht nach nicht gerecht. Politische Talkshows sind einer der zentralen Orte der öffentlichen politischen Auseinandersetzung und es ist äußerst bedauerlich, dass Europapolitikerinnen und Politikern der Zugang zu dieser Arena geradezu systematisch verwehrt bleibt. Europapolitik hat enorme Auswirkungen auf den Lebensalltag der Menschen. Und sie ist zu spannend, als dass sie permanent von der bundespolitischen Seitenlinie kommentiert werden muss.“
Das stimmt. Und mit ihrer Kritik, dass zu wenige EU-Abgeordnete eingeladen worden, haben Sie einen Punkt, finde ich. Aber die verwendeten Zahlen sind fragwürdig. Denn zu behaupten, von 43 Gästen sei nur einer Kandidat oder neuer Europaparlamentarier, verkürzt die Sache, wird damit doch suggeriert, es hätten 42 weitere EU-Abgeordnete eingeladen werden können. Das aber ist mitnichten der Fall. Ich erkläre gleich die Gründe dafür.
Nicht alle Talkshows beschäftigten sich mit der Wahl
Die Abgeordneten beziehen sich auf acht Ausgaben von insgesamt fünf verschiedenen Talkshows:
- „Caren Miosga“ (im Ersten, am 9.6., dem Abend der Wahl)
- „hart aber fair“ (im Ersten, am 10.6.)
- „Maischberger“ (im Ersten, am 11.6. und 12.6.)
- „Markus Lanz“ (im ZDF, am 11.6., 12.6. und 13.6.)
- „Maybrit Illner“ (im ZDF, am 14.6.)
Fünf der acht Sendungen beschäftigten sich monothematisch mit der Wahl:
- Caren Miosga: „Europa hat gewählt – wohin steuert Deutschland“?
- hart aber fair: „Ampel-Desaster: Kommen jetzt Neuwahlen?“
- Maybrit Illner: „Europa hat gewählt: Kiews Schicksal ungewiss“
- Markus Lanz am 12.6.
- Markus Lanz am 13.6.
Keine der Sendungen also schaute nur auf das Ergebnis der Wahl, sondern fragen auch nach den Konsequenzen – zum Beispiel für Deutschland oder für die Ukraine. Dass bei diesem Schwerpunkt nicht nur EU-Abgeordnete eingeladen werden, ist zwingend. Ob man das so machen muss oder nicht, natürlich eine andere Frage.
Die Talkshows von Sandra Maischberger und Markus Lanz beschäftigen sich immer mit mehreren Themen; wenn es dort also nicht nur um die EU geht, ist das Fehlen von EU-Abgeordneten auch nicht verwunderlich.
Nicht alle Gäste sind Politikerinnen oder Politiker
So war zwar der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff bei Maischberger zum Ergebnis der Europawahl eingeladen; Janine Wissler (Linke) und Boris Palmer (Tübinger Oberbürgermeister) diskutierten allerdings über das Thema Abschiebungen. In Maischbergers zweiter Sendung in der Woche nach der Europawahl wurde der ehemalige Berliner Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit zur Europawahl befragt; Sahra Wagenknecht (BSW) und Marina Weisband (Grüne) diskutierten wiederum über die Ukraine. Auch die Auswahl zweier ehemaliger Politiker, um die Wahl zu kommentieren, ist natürlich diskussionswürdig.
Bei Markus Lanz ging es auch um die Europawahl. Anton Hofreiter (Gründe) wurde unter anderem zum Abschneiden seiner Partei befragt. Allerdings wurde auch über die geplante Neuwahl in Frankreich gesprochen und über die Situation in der Ukraine.
Außerdem sind in keiner der acht Sendungen ausschließlich Politiker eingeladen worden – was die Regel ist. Dort saßen auch Journalistinnen und Journalisten, eine Schriftstellerin, ein Musiker, ein ehemaliger Oberst, zwei ehemalige Diplomaten, zwei Wissenschaftler und eine Wissenschaftlerin. Sie machen sogar die Mehrheit aus: Nur 16 der Gäste sind aktive Politiker oder Politikerinnen; Christian Wulff und Klaus Wowereit habe ich hier nicht eingerechnet.
Nur einer von 16 Gästen aus der Politik
Beklagen können die Absender des Briefes also höchstens, dass von den 16 Gästen nur einer ein kandidierender bzw. gewählter EU-Abgeordneter ist. Auch diese Quote ist natürlich verhältnismäßig schlecht, aber eben auch nicht so künstlich niedriggerechnet wie im Brief.
Hinzu kommt: Auch diese 16 waren nicht alle zu einem EU-Thema eingeladen; mindestens vier von ihnen sprachen (auch) zu anderen Themen. Sprich: Es ist wohl eher ein Verhältnis 1 zu 11, aber eben nicht 1 zu 42.
Natürlich kann man beklagen, dass die Europawahl überhaupt so wenig Thema war, und sicherlich hätten da auch mehr EU-Politiker sitzen können/müssen. Auch, dass einige Talkshows nach einer letzten Ausgabe nach der Wahl in die Sommerpause gegangen ist, beklagen die Unterzeichner des Briefes zurecht. Und sie loben auch die Berichterstattung insgesamt. Aber ihre Rechnung ist einfach zu platt.
An der Grenze zum Gesetzesbruch: Was dürfen Journalisten?
Der Journalist und Aktivist Arne Semsrott vom Portal „FragDenStaat“ hat eine Straftat begangen. Ganz bewusst. Er hat wörtlich aus Gerichtsunterlagen zitiert. Semsrott findet, dass so etwas keine Straftat sein darf, weil damit wichtige Informationen über relevante Verfahren nicht veröffentlicht werden können. Nun hat die Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen ihn beantragt und das Landgericht die Verhandlung für Oktober festgesetzt.
Ähnlich geht es dem Journalisten Bastian Obermayer. Er hat über Bankgeheimnisse aus der Schweiz berichtet, die dort stärker geschützt sind als die Pressefreiheit. Deswegen traut er sich nicht, in die Schweiz zu reisen.
Über die Fälle ist am vergangenen Wochenende bei der Jahrestagung des Netzwerks Recherche in Hamburg diskutiert worden. Eine Empfehlung zum Anschauen.
Solidarität mit Evan Gershkovich
Vor einem Jahr war die Verhaftung des Wall-Street-Journalisten Evan Gershkovich in Russland großes Thema auf der Jahreskonferenz des Netzwerks Recherche in Hamburg. Sein Kollege Anton Troianovski berichtete von Kontakten mit Gershkovich und schilderte noch mal die absurden Umstände seiner Verhaftung und der Vorwürfe.
Es war Zufall, dass das Urteil gegen Gershkovich während der nr-Jahreskonferenz in diesem Jahr fiel. Gershkovich wurde wegen angeblicher Spionage zu 16 Jahren Lagerhaft verurteilt. Mit einer Solidaritätsaktion reagierten viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer darauf.
Mein „Hasswort“: Streit
Wenn in der Ampel-Koalition diskutiert wird, tun wir in den Medien oft so, als ginge da Ungeheuerliches vor sich. Dabei gehören Debatten in der Demokratie dazu. Und längst nicht jede Diskussion ist ein Streit. Bei Übermedien durfte ich mich über eines der Wörter auslassen, die ich in Berichterstattung am wenigsten mag – auch deshalb, weil es selten zutrifft.
Mehr Dieter Nuhr wagen: Wo ist die konservative Satire im Fernsehen?
Unser Nach-Redaktionsschluss-Hörer Antonius Möllenhoff vermisst im Fernsehen satirische Formate, die nicht links sind. Ob es überhaupt konservative Satire gibt, darüber habe ich mit ihm, mit Satiriker Florian Schroeder und Dietrich Krauß, dem Headautor der ZDF-Sendung „Die Anstalt“ diskutiert. Hier gibt es die neue Folge von „Nach Redaktionsschluss“.
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Wenn Medien über sexuelle Gewalt gegen Kinder berichten, sprechen sie manchmal von „Kinderschändern“. Wie absurd ist das denn? Bringen die Täter etwa Schande über ihre Opfer? Ist es nicht vielmehr so, dass sie selbst die Schande sind? Eine klassische Täter-Opfer-Umkehr. Mehr dazu in meinem Sprachcheck „Sagen und Meinen“ im Deutschlandfunk.