Wie sich Hanns-Joachim Friedrichs mal mit einer Sache gemein machte

Dass der legendäre Tagesthemen-Moderator Hanns-Joachim Friedrichs seine Kollegen dazu aufgerufen hat, sich nicht mit einer Sache gemein zu machen, wird gerade von Zuschauern regelmäßig falsch zitiert. Klar, er hat gesagt:

Distanz halten, sich nicht gemein machen mit einer Sache, auch nicht mit einer guten…

Das hat er aber nicht als Ideal eines guten und unabhängigen Journalisten gemeint, sondern es war konkret auf seine Haltung bezogen, wenn er im Fernsehen moderiert. Wenn man das Zitat im Kontext des gesamten Spiegel-Interviews liest, aus dem es stammt, versteht das.

SPIEGEL: Hat es Sie gestört, daß man als Nachrichtenmoderator ständig den Tod präsentieren muß?

Friedrichs: Nee, das hat mich nie gestört. Solche Skrupel sind mir fremd. Also, wer das nicht will, wer die Seele der Welt nicht zeigen will, in welcher Form auch immer, der wird als Journalist zeitlebens seine Schwierigkeiten haben. Aber ich hab es gemacht, und ich hab es fast ohne Bewegung gemacht, weil du das anders nämlich gar nicht machen kannst. Das hab ich in meinen fünf Jahren bei der BBC in London gelernt: Distanz halten, sich nicht gemein machen mit einer Sache, auch nicht mit einer guten, nicht in öffentliche Betroffenheit versinken, im Umgang mit Katastrophen cool bleiben, ohne kalt zu sein. Nur so schaffst du es, daß die Zuschauer dir vertrauen, dich zu einem Familienmitglied machen, dich jeden Abend einschalten und dir zuhören.

Die Geschichte des Missverständnisses erzählt zum Beispiel Sandro Schroeder hier.

Ich komme auf das Friedrichs-Zitat zum einen, weil ich mich im Rahmen eines Seminars mit dem Thema Haltung von Journalisten beschäftigt habe, zum anderen, weil mich Anja Reschke mit ihrem neuen Buch „Haltung zeigen“ auf einen Song von Udo Jürgens aus dem Jahr 1988 gestoßen hat. Darin kritisiert Jürgens die Sexualmoral der katholischen Kirche, die dazu geführt habe, dass die Welt immer stärker bevölkert wird. Das Intro des Songs spricht ausgerechnet: Hanns-Joachim Friedrichs. Der sich die Kritik damit zu Eigen macht. Von wegen „nicht gemein machen“.

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