Im „Handelskrieg“ bitte sprachlich abrüsten

In den letzten Tagen ist die Auseinandersetzung zwischen den USA und der EU über die Besteuerung von Waren offensichtlich außer Kontrolle geraten – in jedem Fall sprachlich. Plötzlich ist auf beiden Seiten von einem Handelskrieg die Rede. Also von einem Krieg.

Angefangen vom US-Präsidenten selbst, aber gerne aufgegriffen von Politikern in der EU und in Deutschland – weitgehend kritiklos weitergetragen von deutschen Medien. Nur ein paar Beispiele:

zeitung(Süddeutsche Zeitung)

zeitung

(Deutsche Welle)

zeitung(Handelsblatt)

zeitung

(tagesschau.de)

Und so weiter.

Besonders treffend ist diese Wortwahl nicht – und überdies äußerst wertend.

Um an die Definition des Duden zum Wort Krieg zu erinnern:

mit Waffengewalt ausgetragener Konflikt zwischen Staaten, Völkern; größere militärische Auseinandersetzung, die sich über einen längeren Zeitraum erstreckt

Nichts davon trifft auf eine Auseinandersetzung über Zölle zu. In der Wortwahl schwingt eine Bedrohung für Leib und Leben mit, die in Wirklichkeit nicht gegeben ist. Der Begriff ist aufmerksamkeitsheischend und soll eine besondere Dramatik in der wirtschaftspolitischen Auseinandersetzung zwischen beiden Seiten beschreiben. Dabei emotionalisiert er den Konflikt aber und schürt beim Rezipienten möglicherweise Angst.

Selbst wenn man diese Wortwahl aber grundsätzlich akzeptiert, ist sie im Moment auch abseits der Duden-Definition nicht sonderlich klug. Denn was soll jetzt noch kommen? Wir sprechen hier über Zölle auf Stahl und Motorräder. Das ist angesichts des Protektionismus zwischen Staaten noch vor ein paar Jahrzehnten nicht viel. Wird dann demnächst getitelt „Handelskrieg eskaliert“, wenn auch Autos und Whisky mit Zöllen belegt werden? Oder muss man dann von einem „nuklearen Handelskrieg“ sprechen, damit überhaupt noch deutlich wird, von welchen Dimensionen wir sprechen? Wohin soll das alles sprachlich noch führen, wenn man schon am Anfang sprachlich zum Äußersten greift?

Kriegsmetaphern sind grundsätzlich keine gute Wahl, wenn wir nicht über Krieg sprechen. Denn was unterscheidet den Bürgerkrieg sprachlich noch vom Handelskrieg? Warum sollte uns der Krieg in Syrien noch interessieren, wenn wir einen eigenen Krieg mit den USA führen?

Natürlich müssen Journalisten den Begriff transportieren, wenn er von Politikern benutzt wird, denn korrekt zitieren gehört ja dazu. Und deren Wortwahl deutet womöglich darauf hin, auf welcher Eskalationsstufe sie den Konflikt sehen. Aber Journalisten sollten sich einen solch wertenden Begriff nicht zu eigen machen und ihn tunlichst vermeiden.