Rassismus auch Rassismus nennen

Auch im Zusammenhang mit dem rechtsextremen Terroranschlag von Hanau haben viele Medien wieder von einem „fremdenfeindlichen“ Hintergrund oder „ausländerfeindlichen“ Motiven gesprochen. Doch diese Begriffe passen fast nie. Mein Beitrag für den @mediasres-Sprachcheck „Sagen und Meinen“ im Deutschlandfunk.

Kein Porno

„Kinderpornographie“ ist ein problematischer Begriff, habe ich im vergangenen Juni für den @mediasres-Sprachcheck „Sagen und Meinen“ aufgeschrieben. Jetzt gibt es das auch als Video.

Darum ist „Kampfkandidatur“ der falsche Begriff

Friedrich Merz, Norbert Röttgen oder Armin Laschet – am Wochenende entscheidet die CDU über ihren künftigen Vorsitzenden. Viele Medien sprechen deshalb von einer „Kampfkandidatur“. Dabei geht es um einen selbstverständlichen, demokratischen Entscheidungsprozess und nicht um einen Kampf. Mein Beitrag für unseren Sprachcheck „Sagen und Meinen“ im Deutschlandfunk.

Warum ein US-Präsident nicht „durchregieren“ kann

Bei der Stichwahl in Georgia entscheide sich auch, ob der gewählte US-Präsident Joe Biden später „durchregieren“ könne, heißt es in einigen Medien. Der Begriff ist unpassend, denn er unterschlägt die mächtige Rolle der Abgeordneten, habe ich für unsere Sprachrubrik „Sagen und Meinen“ im Deutschlandfunk notiert.

Wörter des Jahres 2020

Die Gesellschaft für deutsche Sprache hat den Begriff „Corona-Pandemie“ als Wort des Jahres gekürt. Das ist erstaunlich langweilig, aber nur folgerichtig, schließlich hat zumindest das Phänomen auch sprachlich das Jahr geprägt – ob als Pandemie oder Corona-Krise oder sonstwie bezeichnet. Mindestens Corona jedenfalls wäre das Wort des Jahres geworden.

Die Jury begründet das unter anderem so:

Wirtschaft und Kultur und auch das private Leben wurden und werden durch Corona tief­greifend beeinträchtigt. Als Wort des Jahres steht Corona-Pandemie nicht nur für die nach Ein­schätzung der Bundeskanzlerin ebenso wie vieler Fachleute schwerste Krise seit dem 2. Welt­krieg, sondern sprachlich auch für eine Vielzahl neuer Wortbil­dungen (Coronavirus, -krise, -zah­len, -jahr, Corona-Demo, -Hotspot, -Warn-App, coronabedingt, -geplagt …).

Die Hitliste umfasst insgesamt zehn Begriffe:

  1. Corona-Pandemie
  2. Lockdown
  3. Verschwörungserzählung
  4. Black Lives Matter
  5. AHA
  6. systemrelevant
  7. Triage
  8. Geisterspiele
  9. Gendersternchen
  10. Bleiben Sie gesund!

Mit zweien davon habe ich mich in diesem Jahr für die Deutschlandfunk-Sprachkritik „Sagen und Meinen“ auseinandergesetzt – mit „Lockdown“ sogar zweimal (einmal im April und einmal im November, nachdem sich seine Bedeutung gewandelt hatte) und „Verschwörungserzählung“.

Besonders interessant finde ich, wie sich der Begriff „Verschwörungserzählung“ in diesem Jahr zumindest im medialen Sprachgebrauch gegenüber „Verschwörungstheorie“ offenbar weitgehend durchgesetzt hat – so weit, dass hier nicht der möglicherweise umgangssprachlich noch gängigere Begriff genannt wird.

Warum sich der Begriff „Lockdown“ durchgesetzt hat

Während der Coronakrise werden in den Medien viele Begriffe für die Einschränkungen im öffentlichen Leben verwendet. Gerade wird besonders häufig von einem „Lockdown“ gesprochen. War der Begriff ursprünglich noch unpassend, hat sich seine Bedeutung mittlerweile gewandelt.

Mein Beitrag für den @mediasres-Sprachcheck „Sagen und Meinen“.

Maskenmuffel sind nicht muffelig, sondern potenziell gefährlich

Wer seinen Mund-Nasen-Schutz nicht trägt, wo er oder sie es müsste, ist mitnichten ein Maskenmuffel. Der Begriff verharmlost nämlich, worum es geht.

Im August habe ich dazu schon was für unseren Sprach-Check „Sagen und Meinen“ geschrieben, jetzt hat die Online-Redaktion daraus einen hübschen Film gebastelt.

Lockdown und Homeoffice: Wie englische Begriffe ihre Bedeutung wandeln, wenn sie im Deutschen verwendet werden

Der Begriff „Lockdown“ in Zeiten der Pandemie ist schillernd. Er wird oft benutzt, aber selten sagt jemand dazu, was er oder sie sich darunter vorstellt.

Ich hatte mir den Begriff schon im April für unseren Sprachcheck „Sagen und Meinen“ im Deutschlandfunk mal angesehen. Damals schien er vor allem im Hinblick auf seine Herkunft aus den USA und im Vergleich mit Ländern wie Italien und Spanien nicht treffend. Mein Fazit damals:

Wir hatten also keinen Shutdown, geschweige denn seine Steigerung: den totalen Lockdown. Wenn Politiker, Medien oder Wirtschaftsexperten von Ausgangssperre, Shutdown oder Lockdown sprechen, stellen sie die Situation extremer dar, als sie ist – und verfolgen damit womöglich Interessen.

Für den Faktenfinder der Tagesschau hat sich Patrick Gensing jetzt noch mal angesehen, ob wir im Frühjahr einen Lockdown hatten, dessen Wiederholung jetzt befürchtet wird. Seine Schlussfolgerung:

Mittlerweile hat sich zumindest im Kontext der Corona-Maßnahmen der Begriff Lockdown im Deutschen offenkundig etabliert – für drastische Einschränkungen von Grundrechten und der weitestgehenden Stilllegung des öffentlichen Lebens. Und zwar hatte es im Frühjahr keine flächendeckende Ausgangssperre in Deutschland gegeben – aber regionale Beschränkungen.

Es ist ein interessanter Begriff, dessen Bedeutung bzw. dessen Auswirkungen einerseits vage sind, weil man nie weiß, was der Sprecher/die Sprecherin gerade meint. Andererseits wandelt sich die Bedeutung auch je nach Kontext (das hatte ich hier schon mal vertieft aufgeschrieben).

Gerade bei englischen Begriffen, von denen wir in der Pandemie viele benutzen, zeigt sich, dass sie sich von ihrer Bedeutung in der englischen Sprache lösen, wenn sie im Deutschen verwendet werden.

Ein Lockdown oder Shutdown ist hier etwas anderes als in den USA. Homeoffice ist in Großbritannien u.a. das Innenministerium, hier meint es das häusliche Arbeiten statt im Büro. Social Distancing meint eigentlich keine soziale Distanzierung, sondern eine physische bzw. räumliche (das ist schon im Englischen teils falsch verwendet). Als Homeschooling bezeichnen wir es, wenn Schüler*innen daheim statt in der Schule lernen, aber immer noch angeleitet von Lehrern, dabei meint es eigentlich die Beschulung durch Eltern oder private Lehrer zu Hause.

Da sind ja die „Terroristinnen und Terroristen“

Im Juli haben wir in einer Episode des @mediasres-Sprachchecks „Sagen und Meinen“ darauf hingewiesen, dass geschlechtergerechte Sprache sich zwar immer mehr durchsetzt, aber nicht ganz konsequent genutzt wird.

Bei eher negativ besetzten Begriffen wie „Straftäter“ und „Terroristen“ bleiben Medien oft bei der rein männlichen Form und vernachlässigen die weibliche – auch, wenn man über eine unbestimmte Gruppe spricht, also gar nicht weiß, ob Männer und/oder Frauen dabei sind.

Hin und wieder berücksichtigen Medien oder das aber mittlerweile (wahrscheinlich ohne dass sie von unserer Episode wüssten). So schreibt etwa Watson die Doppelform:

Die Ziele von Bundesrat und Parlament mögen zwar gut gemeint sein. Die Geheimnistuerei bei Ermittlungen gegen Terroristinnen und Terroristen erscheint verständlich. Das neue Anti-Terror-Gesetz wurde aber während seiner Entstehung von Menschenrechts-Organisationen und gar Uno-Expertinnen und -Experten kritisiert.

Auch Gala nutzte die Doppelform jüngst:

1998 wechselte Kamala Harris zur Staatsanwaltschaft San Francisco, 2003 wurde sie zur Bezirksstaatsanwältin von San Francisco und 2010 zur ersten Schwarzen Generalstaatsanwältin Kaliforniens gewählt. In ihrer Position setzte sie sich für striktere Waffengesetze und die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen ein, gegen Straftäterinnen und Straftäter ging sie außergewöhnlich hart vor. Trotzdem initiierte sie ein Resozialisierungsprogramm und sprach sich gegen die Todesstrafe aus.

Sportmuffel, Morgenmuffel, Maskenmuffel

An vielen Orten – etwa im öffentlichen Nahverkehr oder in Geschäften – müssen während der Corona-Pandemie Masken getragen werden. Manche Menschen widersetzen sich dieser Pflicht. Der Begriff Maskenmuffel passt für sie aber nicht, hab ich für den @mediasres-Sprachcheck aufgeschrieben.