Seit gestern Abend verdichteten sich die Hinweise, dass ein Gefangenenaustausch mit Russland bevorsteht. Mittlerweile laufen immer mehr Informationen dazu ein. Um 15.55 Uhr habe ich im Deutschlandfunk zusammengefasst, was wir bis dahin wussten. Nachzuhören hier.
Kategorie: Pressefreiheit
An der Grenze zum Gesetzesbruch: Was dürfen Journalisten?
Der Journalist und Aktivist Arne Semsrott vom Portal „FragDenStaat“ hat eine Straftat begangen. Ganz bewusst. Er hat wörtlich aus Gerichtsunterlagen zitiert. Semsrott findet, dass so etwas keine Straftat sein darf, weil damit wichtige Informationen über relevante Verfahren nicht veröffentlicht werden können. Nun hat die Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen ihn beantragt und das Landgericht die Verhandlung für Oktober festgesetzt.
Ähnlich geht es dem Journalisten Bastian Obermayer. Er hat über Bankgeheimnisse aus der Schweiz berichtet, die dort stärker geschützt sind als die Pressefreiheit. Deswegen traut er sich nicht, in die Schweiz zu reisen.
Über die Fälle ist am vergangenen Wochenende bei der Jahrestagung des Netzwerks Recherche in Hamburg diskutiert worden. Eine Empfehlung zum Anschauen.
Solidarität mit Evan Gershkovich
Vor einem Jahr war die Verhaftung des Wall-Street-Journalisten Evan Gershkovich in Russland großes Thema auf der Jahreskonferenz des Netzwerks Recherche in Hamburg. Sein Kollege Anton Troianovski berichtete von Kontakten mit Gershkovich und schilderte noch mal die absurden Umstände seiner Verhaftung und der Vorwürfe.
Es war Zufall, dass das Urteil gegen Gershkovich während der nr-Jahreskonferenz in diesem Jahr fiel. Gershkovich wurde wegen angeblicher Spionage zu 16 Jahren Lagerhaft verurteilt. Mit einer Solidaritätsaktion reagierten viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer darauf.

Dokumentationen rücken Katar in den Blick
Vor allem ARD und ZDF haben in den letzten Wochen neue Dokumentationen zur Lage der Menschenrechte in Katar gezeigt. Schon seit der WM-Vergabe 2010 recherchieren die Sender investigativ. Sie sollten in den nächsten Jahren dran bleiben, wenn die Scheinwerfer sich anderen Schauplätzen zuwenden, habe ich für das WDR5-Meinungsmagazin „Politikum“ kommentiert.
Aufnahme von Afghanen: Reporter ohne Grenzen kritisiert Programm der Regierung
Die Bundesregierung hat zwei Programme aufgelegt, um unter anderem gefährdeten Journalisten zu helfen. Eins dient dazu, monatlich tausend Menschen aus Afghanistan aufzunehmen (nicht: herauszuholen), das andere dazu, gefährdeten Journalisten in und aus Afghanistan, der Ukraine, Russland und Belarus zu helfen.
Wie die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ das sieht, habe ich für @mediasres im Deutschlandfunk mit ihrem Geschäftsführer Christian Mihr besprochen.
.@AuswaertigesAmt & @BMI_Bund haben ein Aufnahmeprogramm für Menschen aus Afghanistan gestartet – auch für Journalisten. Christian Mihr von @ReporterOG ist damit nicht zufrieden. 1/3
— DLFMedien (@DLFmedien) October 17, 2022
Verehrt und verteufelt: Medien und ihr schwieriges Verhältnis zu Julian Assange
„Es ist in eurem Interesse, euch für Julian Assange einzusetzen“, mahnt Deutschlandfunk-Hörer Siegfried Brunstermann. Er kritisiert, dass Medien das Schicksal des Wikileaks-Gründers, der in Abschiebehaft in einem britischen Hochsicherheitsgefängnis sitzt, nicht genügend thematisieren. Die Pressefreiheit stehe auf dem Spiel, sagt Brunstermann und erinnert an die Veröffentlichungen von Julian Assange.
Wikileaks hatte 2010 geheime US-Militärdokumente und Videos mit Kriegsverbrechen im Irak und Afghanistan publiziert und an internationale Medien weitergeleitet. Mit späteren Veröffentlichungen, beispielsweise diplomatischer Depeschen und E-Mails der Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton, zog Assange Kritik auf sich.
„Es ist in eurem Interesse, euch für Assange einzusetzen“, mahnt ein Hörer und kritisiert, dass Medien das Schicksal des Wikileaks-Gründers nicht genügend thematisieren. Er spricht darüber mit den Journalisten Bascha Mika, @Besser_Deniz und @SchmiedingB https://t.co/6IWqBR4CE8
— DLFMedien (@DLFmedien) July 22, 2022
Über diesen komplizierten Fall diskutiert unser Hörer Siegfried Brunstermann mit den Journalisten Bascha Mika und Deniz Yücel und Bettina Schmieding aus der Dlf-Medienredaktion in unserem Medienpodcast „Nach Redaktionsschluss“. Für die Produktion war ich verantwortlich.
Zahl der Lokalzeitungen in den USA dramatisch gesunken
Die Lokalzeitung ist nicht nur wichtig, weil man erfährt, was vor Ort passiert, sondern auch, weil sie eine journalistische Kontrollinstanz ist für das, was vor Ort in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft passiert – oft ist sie die einzige.
In Deutschland gibt es noch relativ viele Lokalzeitungen, vergleichen mit den USA. Dort leben zig Millionen ohne eigene Lokalzeitung, wie jetzt eine neue Studie zeigt. Die habe ich in den „Informationen am Morgen“ im Deutschlandfunk vorgestellt und auch einen Vergleich mit Deutschland angestellt.
Rewatching re:publica: BND-Überwachung auf dem Prüfstand
Der Bundesnachrichtendienst hätte nichts dagegen, auch Journalistinnen und Journalisten zu überwachen. 2020 ist er durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts dabei teilweise gestoppt worden. Reporter ohne Grenzen und die Gesellschaft für Freiheitsrechte haben bei der Republica den Sachstand vorgestellt.
Russisches Investigativmedium „The Insider“: Kremlgegner mit guten Kontakten
Die bei einem Raketenangriff getötete russische Journalisten Oksana Baulina hat für „The Insider“ vom Ukraine-Krieg berichtet. Gegründet hat diese Plattform Roman Dobrochotow. Sein Schicksal und das seines Mediums stehen stellvertretend für den Niedergang des unabhängigen Journalismus in Russland. Darüber habe ich für @mediasres im Deutschlandfunk mit Alice Bota von der „Zeit“ gesprochen.
Oksana Baulina ist laut @ReporterOG die 5. Medienschaffende, die beim Krieg in der Ukraine getötet wurde. Das Schicksal ihres Mediums @the_ins_ru steht stellvertretend für das des unabhängigen Journalismus in Russland, hat mir @AliceBota @DIEZEIT erzählt. https://t.co/jD53IM1NUI
— Stefan Fries (@stfries) March 24, 2022
Wie deutsche Medien aus Russland berichten (können)
Nicht nur ARD, ZDF und das Deutschlandradio haben oder hatten ihre Berichterstattung aus dem Studio Moskau zeitweise eingestellt. Auch andere Medien haben ihre Korrespondenten teils abgezogen, teils nicht mehr arbeiten lassen. Im WDR5-Medienmagazin „Töne, Texte, Bilder“ habe ich einen Überblick gegeben.
.@ARDMoskau und @ZDFmoskau berichten wieder aus ihren Studios, @ntvde und @welt hatten nie aufgehört, die Korrespondenten der @faznet haben das Land verlassen. Wie unterschiedlich Medien mit dem Zensurgesetz umgehen, habe ich für @wdr5 berichtet.https://t.co/nQ91xwcUgj
— Stefan Fries (@stfries) March 13, 2022