Tutzinger Radiotage: Herausfordernde Zeiten fürs Radio

(Foto: Stefan Fries)

In Tutzing haben Radiomacher aus ganz Deutschland über die Zukunft der Branche diskutiert. Wie umgehen mit Hass, wie mit der AfD und welche sind die Hörgewohnheiten der Zukunft? Ich habe im WDR5-Medienmagazin „Töne, Texte, Bilder“ über die Tagung erzählt.

Tutzinger Radiotage: Rezepte für die Zukunft

(Foto: Stefan Fries)

Dass viele Menschen morgens vom Radio geweckt werden, ist Alltag in Deutschland. Genauso selbstverständlich könnte es werden, dass man sich mit seinem Radiogerät unterhält. Bei den Tutzinger Radiotagen wurde über aktuelle Trends diskutiert. Mein Beitrag über #tura18 in @mediasres im Deutschlandfunk.

Bedrohte Journalisten vermissen Solidarität gegen Hass und Hetze

Journalisten sind Ziel von Hetze und Drohungen – weil sie nicht so berichten, wie sich manche das wünschen. Eigentlich müssten sie zusammenstehen. Doch Betroffene fühlen sich teils von Kollegen und Chefs im Stich gelassen. Mein Beitrag für @mediasres im Deutschlandfunk.

Warum sind die Rechten so hip im Netz?

Darüber hat die österreichische Journalistin Ingrid Brodnig auf der Republica gesprochen. Sie erklärt, warum Hass und Hetze im Netz besonders stark verbreitet sind und warum rechtspopulistische Parteien wie AfD und FPÖ besonders erfolgreich sind.

Brodnig schlägt auch Lösungen vor, wie man Hass und Hetze im Netz begegnen kann. Sie verweist auf die sogenannten Reactions bei Facebook, bei denen man auf „Like“ klicken kann oder auf Emojis wie Wut. Sie fordert, zum Beispiel einen Knopf mit „Respekt“ einzuführen. Damit könne man eine fremde Meinung anerkennen, ohne sie sich zu eigen zu machen. Das verändere die Diskussionskultur. Sie wirft die Frage auf, wie Technik designet sein kann, wenn wir das Beste des Menschen sichtbar machen wollen.

Rechte sind nach Brodnigs Ansicht im Netz besonders fleißig. Die Gegner von Rechtsextremismus vertrauten allerdings sehr oft darauf, dass sich das bessere Argument durchsetzen werde. „Mit Fakten alleine gewinnt man leider keine politischen Diskussionen“, hat Brodnig festgestellt. Selbst wenn man eine emotionale Behauptung mit Fakten konfrontiere und diese Fakten geglaubt würden, wirke das emotionale Narrativ dennoch weiter. Neben Fakten brauche man also auch eine überzeugende Erzählung, die die etablierten Parteien eher nicht lieferten.

Weiter Kritik an „Reconquista Internet“

Jan Böhmermann und sein Projekt „Reconquista Internet“ haben seit meinem Beitrag neulich weiter für Kritik gesorgt. Für „Studio 9 – Der Tag mit…“ Anke Domscheit-Berg in Deutschlandfunk Kultur habe ich noch mal den aktuellen Stand zusammengefasst (in diesem Audio ab -6:54 Min., also 6:54 Min. vor Ende des gesamten Audios).

Die parteilose Bundestagsabgeordnete Anke Domscheit-Berg hat die Aktion anschließend im Interview verteidigt.

Jan Böhmermanns „Reconquista Internet“: Bürgerrechtsbewegung aus Versehen

Jan Böhmermann hat mit „Reconquista Internet“ eine erfolgreiche Initiative gegen Hass und Hetze im Netz ins Leben gerufen, die auch offline wirkt. Doch daran gibt es auch Kritik. Darüber habe ich heute für @mediasres im Deutschlandfunk berichtet.

Weidel triggert erneut Journalisten

Eigentlich sollte die Masche von AfD-Politikern ja schon bekannt sein. Doch ich gebe zu, dass auch ich mich immer wieder triggern lasse von Äußerungen wie der von Alice Weidel.

Da fordert Weidel indirekt die Ausbürgerung Deniz Yücels, weil er ihr nicht deutsch genug ist, und bemüht mal wieder zwei seiner Texte, die angeblich deutschenfeindlich sind und Thilo Sarrazin beleidigen. Ich finde die Texte selbst nicht gelungen, aber sie sind Satire und vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt. Beides Dinge, die besonders die AfD für sich selbst in Anspruch nimmt, wie gerade wieder André Poggenburg, der die pauschale Beleidigung von Türken als Politsatire bezeichnet hat. Für Yücel wollen sie sie aber nicht gelten lassen.

Als Verteidiger des Grundgesetzes sollte Weidel eigentlich auch wissen, dass das Grundrecht auf Pressefreiheit jeder in Anspruch nehmen kann. Die AfD probiert es ja gerade selber mit ihrem angeblichen Newsroom. Yücel seinen Status als Journalist abzusprechen ist zudem genau das, was auch der türkische Präsident Erdogan macht.

Weidel weiß das natürlich. Aber sie triggert mit ihrer Stellungnahme die AfD-Mitglieder, ihre Wähler und Anhänger mit solchen Begriffen, die gerne gegen den Deutsch-Türken Deniz Yücel austeilen und Thilo Sarrazin gegen Kritik in Schutz nehmen, weil sie sich sicher sein kann, dass sie von den entsprechenden Leuten dafür Zuspruch erhält.

Wie sollten diejenigen damit umgehen, die dem nicht zustimmen? Sollten sie ihr Statement teilen und weiterverbreiten und damit laut drauf hinweisen: Schaut mal, die Weidel – pfui! Tragen sie damit nicht genau zu der Verbreitung bei, die sie sich wünscht? Schließlich kann man nicht davon ausgehen, dass diese Weiterverbreitung genau bei denen ankommt, die diese Haltung ebenfalls ablehnen. Es werden auch immer welche darunter sein, die ihr zustimmen – die das Statement aber nicht gesehen hätte, hätte sie nicht ein Gegner darauf hingewiesen. So geben ausgerechnet ihre Gegner Weidel mehr Öffentlichkeit.

Dieses Problem hat sich diese Woche auch bei den Äußerungen von André Poggenburg gezeigt. Ich habe mir die Rede nicht angesehen, ich habe keinen längeren Artikel darüber gelesen, ich kann aber sofort mindestens einen Begriff nennen, den er dort gesagt hat. Weil der nämlich immer und immer wieder in Artikeln, Beiträgen und Filmen erwähnt wird.

Aber selbst wenn er im Kontext der Empörung, des Dementis, der Abscheu, der Verurteilung daherkommt, wird er immer wieder genannt. Und zahlt damit auf Poggenburgs Absicht ein, seine Haltung weit zu verbreiten.

Ich weiß, dass man sich dem als Journalist kaum entziehen kann, weil ein Beitrag darüber, dass die AfD-Spitze Poggenburg für seine Äußerungen verurteilt hat, auch erwähnen muss, welches die Äußerungen eigentlich waren. Und dass Nutzer, wenn man diese Äußerungen nicht ausdrücklich nennt, erst recht wissen wollen, welches sie waren – und im Netz auch schnell fündig werden. Aber wir spielen damit das Spiel der AfD mit.

Das sieht auch der Politikwissenschaftler Robert Feustel so, der im Interview bei faz.net sagte:

Mit der Aufregung über die Aussagen wird das Thema plaziert – man spricht dann trotzdem, wie jetzt im Fall Poggenburg, über die „Kameltreiber“. Die Begriffe werden weitergetragen, bekommen eine große Reichweite, auch wenn viele, die sie aufgreifen, das tun, um Kritik zu üben. (…) Solche Skandalisierungen bewirken, dass alles, was davor gesagt wurde und nicht ganz so krass war, schnell zum normalen Ausdruck gehört. Indem die Grenzen ständig erweitert werden, werden andere Ausgrenzungen so ein stückweit normalisiert.

Und er plädiert dafür:

Es wäre sicher zielführender, nicht über jedes Stöckchen zu springen, das die AfD einem hinhält. Denn in dem Moment, wo ich eine bestimmte provokante, ausgrenzende Aussage wiederhole, kann ich mich zwar kritisch davon distanzieren, bediene aber trotzdem das Thema und setze es auf die Agenda.

Das ist kein neues Plädoyer. So was schreiben Journalisten auch gerne immer wieder mal, fallen dann aber doch erneut darauf herein, wenn die AfD die Grenzen ein weiteres mal stückweise verschiebt. Und wir helfen dabei.

P.S.: Ich weiß natürlich, dass auch ich Weidel vielleicht zu mehr Öffentlichkeit verhelfe. Aber das auf einer Meta-Ebene zu kritisieren geht nicht ohne.

Nachtrag (19.50 Uhr): Einige Journalisten teilen meine Auffassung. Unter einigen Tweets wird darüber diskutiert.

 

Anmerkung: In Vorbereitung auf die Datenschutzgrundverordnung habe ich Widgets, die sich ursprünglich im Text befanden, entfernt und sie teilweise durch Links ersetzt.

Ex-US-Rundfunkregulierer fordert mehr Transparenz von sozialen Netzwerken

Der ehemalige Präsident der obersten Medienregulierungsbehörde der USA, Tom Wheeler, fordert mehr Transparenz von sozialen Netzwerken. Auf der Konferenz „Formate des Politischen“ in Berlin, die vom Deutschlandfunk, der Bundeszentrale für politische Bildung und der Bundespressekonferenz ausgerichtet wurde, plädierte Wheeler dafür, dass Anbieter ihre Programmierschnittstellen offenlegen sollten. Damit blieben die eigentlichen Algorithmen der Unternehmen weiterhin geschützt, Informationen über Reichweiten, virale Trends oder Löschung von Inhalten wären aber zugänglich. Wheeler befürchtet, dass über die Netzwerke andernfalls weiter Propaganda, Hate Speech und Falschnachrichten verbreitet würden und damit die Demokratie in Gefahr gerät. Darüber habe ich im Deutschlandfunk und in Deutschlandfunk Kultur erzählt.

Wheeler war unter US-Präsident Barack Obama Vorsitzender der FCC, der Federal Communications Commission, die den Rundfunk reguliert. Weil es sich um eine politische Behörde handelt, wurde er mit dem Regierungswechsel von Obamas Nachfolger Donald Trump abgesetzt.

Eine weitere Zusammenfassung von Wheelers Vortrag gibt es hier, seine ganze Rede zum Nachschauen hier:

 

Wie Journalisten gegen „Fakenews“ als politisches Kampfwort ankommen

Seit kurzem taucht das Wort in neuem Kontext auf. Wurde es bisher vor allem von Journalisten und Social-Media-Nutzern genutzt, um Postings und Artikel zu beschreiben, mit denen Unwahrheiten verbreitet werden, wird es jetzt auch von Politikern verwendet. Und zwar nicht nur, um über den Kampf dagegen zu reden, sondern als Kampfbegriff selbst.

Besonders in den Fokus gerückt hat den Begriff bei seiner ersten Pressekonferenz nach seiner Wahl zum US-Präsidenten Donald Trump. Und nicht nur dort, sondern auch in mehreren Tweets, die er vorher absetzte.

(Ich weiß, neulich habe ich noch geschrieben, man solle darüber nachdenken, über welche von Trumps Tweets man überhaupt berichtet.)

Bei seiner Pressekonferenz, die wenig mit einem geregelten Frage-Antwort-Spiel zu tun hat, das man sonst von ihnen kennt, warf Trump mit dem Wort nur so um sich. Es dient ihm offenbar als Kampfbegriff gegen unliebsame Medienberichterstattung – ganz gleich, wie valide diese ist. Auch einen Tag später legte er noch mal nach.

Fabian Reinbold schreibt dazu bei Spiegel Online:

Fake News ist für manche die unbelastete Variante von „Lügenpresse“ und ein bequemes Schlagwort für alles Neue, was einem nicht in den Kram passt. Auch in Deutschland findet das Nachahmer bei jenen, die die von ihnen sogenannten Mainstream-Medien ins Visier genommen haben.

Er schlägt vor, den Begriff nur noch zu verwenden, wenn das vorgefundene Beispiel der Definition entspricht, die er aufgestellt hat. Es sei wichtig, Klatschzeitschriften, Verschwörungstheorien und urbane Legenden davon auszunehmen, denn sie bezögen „ihre Wirkungsmacht nicht aus der neuen Dynamik der sozialen Netzwerke“.

Im Prinzip ist das richtig. Noch besser fände ich es allerdings, wenn Journalisten den Begriff gar nicht benutzen. Denn im Wort Fakenews steckt immer noch das Wort News. Natürlich macht der Begriff selbst klar, dass es sich um erfundene Geschichten handelt. Trotzdem scheint mir die Abgrenzung von tatsächlichen Nachrichten nicht klar genug. Wir sollten stattdessen genauer benennen, worum es geht: Gerüchte, Vermutungen, Spekulationen, Wahrscheinlichkeiten, Propaganda, Verfälschungen, Instrumentalisierungen, Fehldeutungen, Erfundenes. Es gibt sicher noch mehr Begriffe, die in Einzelfällen beschreiben, was vor sich geht. Wenn wir das klarer benennen – sofern möglich – können wir uns stärker davon absetzen, dass es sich um so etwas wie Nachrichten handelt.

Dennis Horn hat sich dazu schon entschlossen, wie er bei WDR Digitalistan schreibt:

Es ist besser, die Dinge wieder beim Namen zu nennen – was uns auch helfen könnte, die eigentlich wichtigen Debatten zu führen. Lügen sind also Lügen, Propaganda ist Propaganda, und Fehler sind eben Fehler – oder unsauberer Journalismus unsauberer Journalismus. Den Begriff „Fakenews“ dagegen versuche ich in Zukunft – so gut es geht – zu vermeiden.

Horn bezieht sich auch auf Margret Sullivan, Medienredakteurin bei der Washington Post. Noch vor Trumps Pressekonferenz schrieb sie, wie manche Fakenews definieren würden:

Or simply anything in the realm of news that the observer doesn’t like to hear.

Was Trump dann unter Beweis stellte.

Das betrifft das Reden darüber, was im allgemeinen Konsens als falsch angesehen wird. Es löst aber nicht das Problem der falschen Nachrichten. Stefan Niggemeier weist bei Übermedien darauf hin, dass es falsche Nachrichten immer schon gegeben habe, sich Journalisten darum aber lange nicht gekümmert haben. Erst seit sie nicht nur in der journalistischen Sphäre vorkommen, sondern auch außerhalb produziert werden, werden sie offenbar ernst genommen. Niggemeier schreibt:

Wenn die etablierten Medien diesen Kampf nicht als einen Kampf gegen Desinformationen aller Art führen, sondern als einen Kampf Wir gegen Die; wenn sie den Eindruck erwecken, dass sich Kollegen untereinander nicht wehtun, aber keine Hemmungen gegenüber dubiosen amerikanischen Seiten, Anti-Mainstream-Medien und Einzelpersonen im Netz haben; wenn es scheint, als sei das Haupt-Problem von „Fake News“ womöglich gar nicht der Inhalt, sondern der Absender – dann haben sie keine Chance, diesen Kampf zu gewinnen.

Womöglich lag das Problem darin, dass es Journalisten nicht unbedingt als ihre Aufgabe ansahen, die Arbeit von Kollegen zu korrigieren. Sie wollten sich nicht mit der Berichterstattung anderer über dasselbe Thema beschäftigen, sondern lieber selbst Bericht erstatten. Jetzt, wo das Thema selbst Falschinformationen sind, geht ihr Blick vielleicht auch zurück darauf, dass auch in der eigenen Branche Fehler gemacht werden und bewusst Propaganda betrieben wird.

Dass Journalisten sich künftig nicht nur mit Fakten und Meinungsäußerungen im politischen Raum beschäftigen müssen, sondern auch Berichte falsizifieren müssen, habe ich hier schon vor einem Jahr beschrieben:

In Zukunft wird es verstärkt Aufgabe von Journalisten sein, Gerüchten nachzugehen. Diese in die Welt zu setzen ist über soziale Medien sehr leicht geworden; sie finden schnelle Verbreitung, besonders, wenn sie plausibel erscheinen (…) oder Vorurteile bedienen (…).

Den eigentlichen Lösungsansatz gegen Fakenews liefert allerdings Jürgen Kaube in der FAZ, auch wenn er nicht sonderlich explizit wird:

Das Problem ist im Fall der Fake-News nicht ihre Produktion, sondern die Empfänglichkeit für sie. Zu vermuten, sie beruhe darauf, dass den Leuten einfach niemand die richtige, die echt wirkliche, die ganz und gar nachrecherchierte Arbeitslosenziffer mitgeteilt hat, unterschätzt die Situation.

Gegen Fakenews muss man meiner Ansicht nach am ehesten bei denen ansetzen, für die sie gemacht sind. Wer durch ausreichend Medienkompetenz in der Lage sind, die Zuverlässigkeit eines Berichts einzuschätzen, die Quellen zu prüfen und sich selbst beim Weiterleiten solcher Nachrichten nicht nur als ihr Bote, sondern auch ein wenig als ihr Urheber begreift, ist gegen einen Großteil falscher Nachrichten immun. Und macht es damit nicht nur den Urhebern von Fakenews schwer, sondern auch den Journalisten, die fehlerhaft und nicht sauber genug arbeiten. Das kann dem Journalismus nur gut tun.

Jeder ist Reporter

Eine „redaktionelle Gesellschaft“, fordert der Tübinger Kommunikationswissenschaftler Bernhard Pörksen schon seit Längerem. Er meint damit, dass es heute keine klare Trennung mehr zwischen Redaktionen und Nutzern gibt, dass also inzwischen nicht nur Journalisten Informationen und Meinungen verbreiten, sondern das jeder Nutzer tun könne. Im Gegensatz zu Journalisten folgen viele Nutzer aber keinerlei Standards, wenn sie das tun.

Das führt dazu, dass Informationen ungeprüft weiterverbreitet werden, dass das Vertrauen auf den Absender der Nachricht die Prüfung ersetzt, dass Informationen aus ihrem Kontext gelöst werden, dass Hintergründe ausgeblendet werden. Viele Nutzer sorgen auf diese Weise auch dafür, dass bewusste Propaganda weitergegeben wird, mit der Politik gemacht wird.

Ein Abwehrzentrum gegen sogenannte Fakenews wird dagegen meiner Meinung nach wenig helfen, auch wenn es prinzipiell begrüßenswert ist, dass das Recherchebüro Correctiv.org künftig in einem Pilotprojekt für Facebook diese sogenannten Fakenews identifizieren will, wie am Wochenende bekannt wurde. Die Entwicklung von Medienkompetenz halte ich für viel wirksamer – in mehrfacher Hinsicht.

Denn anstatt eine weitere Ebene einzuziehen, die das Misstrauen zwischen den gewohnten Nachrichtenverbreitern und den Nutzern verstärken könnte, indem eine weitere Institution, sei sie nun staatlich oder nicht, beurteilt, welche Nachrichten die Nutzer erreichen dürfen, wird damit die Beurteilung von Informationen an genau die Nutzer gegeben, die sich schon länger die Bevormundung durch Medien verbitten.

Problematisch daran war bisher vor allem, dass viele Nutzer nicht wissen oder wussten, wie Journalisten arbeiten: mit welchem Handwerk, nach welchen Standards, welchen ethischen Gesichtspunkten. Das will die neu gegründete „Reporterfabrik“ (Konzept als PDF) ändern.

Dahinter stecken Spiegel-Redakteur Cordt Schnibben und – wieder mal – Correctiv in Person von David Schraven. Er schreibt dazu:

Nie zuvor war die veröffentlichte Meinung vielfältiger. Nie zuvor war die veröffentlichte Meinung unqualifizierter. Wir möchten einen Wandel einleiten. Den Wandel zur redaktionellen Gesellschaft.

Die Reporterfabrik verfolge vier Ziele:

  • die Grundlagen des journalistischen Handwerks vermitteln,
  • die Funktionsweise von sozialen und klassischen Medien durchschaubar und
  • Versuche von Desinformation erkennbar machen,
  • die Fortbildung und den Erfahrungsaustausch von Journalisten unterstützen.

Unterstützt wird das Projekt von vielen namhaften Journalisten, Wissenschaftlern und Künstlern. Die Reporterfabrik will zunächst mit Journalistenschulen und Volkshochschulen kooperieren und sucht nach weiteren Helfern im journalistischen und pädagogischen Bereich.

Ziel ist es, journalistisches Handwerk zu verbreiten und die Verbreitung von Desinformation und Gerüchten zu reduzieren. Schnibben und Schraven wollen der Gesellschaft ein Angebot zum Erwerb von Medienkompetenz machen, schreibt Meedia.

Ich bin gespannt, ob das funktioniert. Zwar regen sich im Netz viele über Journalisten auf, machen es aber nicht unbedingt besser – einige bewusst, andere aber immerhin nur mangels besseren Wissens. Wenn zumindest einige mehr Medienkompetenz entwickeln würden, wäre das für die Diskussion über politische Themen und für die Demokratie insgesamt hilfreich.

Und es könnte auch den Journalismus voranbringen. Journalisten könnten von Erfahrungen und Erwartungen ihrer Nutzer lernen und (gemeinsam) neue Darstellungsformen entwickeln.

Lob und Kritik für die Reporterfabrik: