Muss man als Journalist wirklich jedes schiefe Sprachbild transportieren?

Es geht um das sogenannte Lindner-Papier, also ein Dokument, das die wirtschaftspolitischen Vorstellungen eines Finanzministers und FDP-Chefs skizziert. Die von denen der Regierungspartner SPD und Grüne abweichen. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thorsten Frei nennt es deshalb eine „ultimative Scheidungsurkunde“.

Das ist nun wirklich ein schiefes Sprachbild. Denn eine Scheidungsurkunde gibt es nach rechtmäßig erfolgter Scheidung, nicht aber, wenn einer der Partner die Scheidung einreicht. Wenn man sich schon auf das Sprachbild einlässt, dass eine Koalition wie eine Ehe sei (in meinen Augen sind Koalitionen ja eher keine Liebesheiraten, sondern auf Zeit geschlossene Zweckbündnisse), dann muss man es auch richtig bedienen. Sprich: Was Frei meint, ist wohl eher, dass jemand die Scheidungspapiere einreicht. Die Urkunde gibt es dann ja erst viel später.

Was mich ärgert, ist, dass Medien dieses Sprachbild einfach weitertransportieren. Ja, es klingt gut, aber nach etwas Nachdenken merkt man auch, dass es falsch ist. Und die Kritik von Frei dürfen Medien natürlich auch weitergeben, aber seine Metapher ist einfach falsch, mindestens aber schief und irreführend. Und da haben Medien eben doch die Verantwortung, so was nicht durchzugeben.

Besser also, sie verzichten auf den PR-Begriff oder ordnen ihn wenigstens ein. Ansonsten gelingt es Politikerinnen und Politikern zu leicht, sich mit ihrem Quark durchzusetzen.