Die Pressekonferenz als Bühne (14): Wie zu Guttenberg die Hauptstadtpresse düpierte

Wenn die Regeln der Bundespressekonferenz verletzt werden, reagieren ihre Mitglieder verstimmt. So sorgen sie am 18. Februar 2010 für eine der kürzesten Pressekonferenzen in der Geschichte des Vereins. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg steht in der Kritik, weil ihm Plagiate in seiner Doktorarbeit vorgeworfen werden. Rund 30 Journalisten erwarten sich von zu Guttenbergs Sprecher Steffen Moritz Antworten.

Leifert: „Frage an Herrn Moritz: Wird es heute eine Erklärung des Verteidigungsministers geben, wann und mit welchem Inhalt?“

Steffen Moritz: „Der Minister wird jetzt in diesem Moment in den nächsten Minuten vor einigen ausgewählten Medienvertretern, die da vom Ministerium gewartet haben, eine Erklärung abgeben. Und den Inhalt werden Sie dann erfahren, wenn er es getan hat.“

Gößling: „Herr Moritz, wenn ich da für den Vorstand der Bundespressekonferenz sagen darf: Dieses Verfahren halten wir nicht für fair, das…“

(Applaus)

Gößling: „Gut, Herr Wonka.“ (…)

Wonka: „Ehrlich gesagt, Herr Moritz, bin ich baff, dass ihr Minister so ein Feigling ist und sich nicht vor nicht vor nicht nur ausgewählten Medien, die gewartet haben, um einen Tonständer hinzustellen und der Minister, so denke ich mir das, spricht seine zehn Sätze und geht dann wieder. Das widerspricht eigentlich meiner Wahrnehmung Ihres Ministers. Können Sie mal eine Erklärung versuchen, weshalb man seinen Rücktritt nur so in einer dürren Erklärung vor ausgewählten Kameraleuten sagen, weshalb er nicht die Traute hat, sich hierherzustellen, um Fragen zu beantworten, die alle möglichen Leute, nicht nur böse Journalisten, stellen und die auf eine Antwort warten.“

Moritz: „Also er hat sich so entschieden, wie er sich entschieden hat, vorzugehen. Und ich habe das jetzt von hier aus nicht weiter zu interpretieren oder zu kommentieren.“

Auch Regierungssprecher Steffen Seibert gibt auf Nachfrage keine weiteren Informationen preis. Ein Journalist bittet darum, die Regierungspressekonferenz um eine Stunde zu verschieben. Ein anderer bittet um Abbruch der „Witzveranstaltung“, wie er sie nennt.

Gößling: „Okay, dann schlage ich vor, wir ziehen die anderen Themen vor. Bis dahin hat Herr Moritz vielleicht etwas oder Herr Seibert auch etwas mehr. Und dann überlegen wir, wie wir weiter verfahren. Herr Seibert, dann darf ich Sie bitten, die Termine der nächsten Woche vorzutragen.“

Wonka: „Moment, ich hatte gebeten, dass wir die Veranstaltung hier abbrechen und jetzt nicht die Staffage für Terminankündigung geben. Ich finde es eine Brüskierung sondergleichen, dass nicht mal die Erklärung, die Herr Guttenberg jetzt abgibt, hier verlesen werden kann, so dass wir wissen, worum es geht. Dann braucht man diese ganze Veranstaltung nicht. Deswegen würde ich wirklich… Also ich würde – ich weiß nicht, ob das geht – ich hätte gerne, dass wir jetzt aufhören…“

Gößling: „Also, Herr Wonka, das ist nicht in unserer Tradition. Wir sind hier dazu da, um auch den Kollegen, die an anderen Informationen interessiert sind, diese zu geben. Was wir zu dem anderen Thema anschließend machen, darüber können wir dann ja weiter beraten. Herr Seibert, Sie haben das Wort.“

Die nächsten vier Minuten und 25 Sekunden trägt Steffen Seibert Stellungnahmen und Termine vor. In dieser Zeit packen die Hauptstadtkorrespondenten ihre Kameras und Mikrofone weg und verlassen geschlossen den Saal.

Zurückgetreten ist zu Guttenberg übrigens nicht während dieser Pressekonferenz, sondern erst einige Tage später.

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