Die Kunst des guten Interviews (15): Warum man eine Abgeordnete fragen kann, was sie im Parlament verloren habe

Ich habe in der ZiB2 in 13 Jahren schon weit über 1.000 Politiker-Interviews geführt. Und ich habe dabei noch nie einen Parlamentarier gefragt, was jemand „wie Sie im Parlament verloren“ hat. Aber ich würde es jeden Parlamentarier (egal welcher Partei) wieder fragen, der bereits wegen Verhetzung rechtskräftig verurteilt wurde, Menschen öffentlich als „Neger“ mit „genetischen Problemen“ bezeichnet, „die zionistischen Geld-Juden für das Problem“ hält, alle paar Tage wirre Verschwörungsfantasien publiziert, von seiner Partei rausgeworfen wird – und trotzdem auf seinem Mandat beharrt.

So schreibt es ORF-Moderator Armin Wolf in seinem Blog, nachdem er 2015 ein viel beachtetes Interview mit der FPÖ-Abgeordneten Susanne Winter geführt hatte. Und in dem geht es sehr konfrontativ zu.

Kritisiert wurde er vor allem für diese Frage:

Sie wurden wegen Verhetzung rechtskräftig verurteilt. Sie nennen Schwarzafrikaner „Neger“. Und behaupten allen Ernstes „Schwarze hätten wegen ihrer Gene zu wenig Selbstbewusstsein“. Sie finden, man müsse „den Islam über das Mittelmeer zurückwerfen.“ Sie halten „die zionistischen Geldjuden weltweit für ein Problem.“ Sie halten den Klimawandel für „eine Erfindung von Atomindustrie und Lügenpresse.“ Sie haben auf Facebook praktisch jede Verschwörungstheorie ‚geliked‘, die man überhaupt finden kann. Und Sie meinen tatsächlich: „Wir alle werden von einer totalitären Minderheit kontrolliert.“ Was hat jemand wie Sie im Parlament verloren?

Und zwar – nach den vielen Belegen – vor allem die eigentliche Frage, was jemand wie Winter im Parlament verloren habe. In seinem Blog (Link oben) erklärt Wolf ausführlich, warum er diese Frage gestellt hat, und verweist auch ausführlich auf eine historische Gerichtsentscheidung in Österreich, dass solche Frage selbstverständlich zulässig sind.