Sinnlose Umfragen zum CDU-Vorsitz – die Fortsetzung

Es war ja zu erwarten. Für den Deutschlandfunk habe ich noch vor zwei Wochen über den Umfrage-Hype für Friedrich Merz, der CDU-Vorsitzender werden will, geschrieben:

Die Werte halten ohnehin nicht lang. Sie sind höchstens ein Blitzlicht, die die Thesen des Tages stützen, und werden sich verändern. Denn die Kandidaten werden sich öffentlich zu ihren Plänen äußern. Je mehr die Bürger über sie erfahren, desto stärker kann sich ihre Wahrnehmung ändern. Von Friedrich Merz haben die meisten seit über einem Jahrzehnt nichts mehr gehört. Dass sich im Moment also Mehrheiten für ihn aussprechen, kann auch bloß daran liegen, dass er ihnen nicht negativ aufgefallen ist.

Und schon ist es soweit: In einer neuen Umfrage liegt nicht mehr Merz vorne, sondern Annegret Kramp-Karrenbauer. Die FAZ schreibt dazu den absurden Satz:

32 Prozent der Befragten würden die CDU-Generalsekretärin zur Nachfolgerin von Angela Merkel wählen, berichtete die „Bild am Sonntag“ unter Berufung auf eine Umfrage des Emnid-Instituts.

Ja, und 98 Prozent „der Deutschen“ würden Micky Maus zum US-Präsidenten wählen. Dummerweise tritt weder Micky an noch dürfen die Deutschen den US-Präsidenten wählen. Aber man kann ja einfach mal fragen, auch wenn die Befragten überhaupt nicht wahlberechtigt sind – das sind nämlich nur die 1.001 CDU-Delegierten beim Parteitag.

Deswegen sagt es überhaupt nichts über die Chancen der Kandidaten aus, wie eine Gruppe von Befragten sie sieht, die überhaupt nicht wahlberechtigt ist. Und dass solche Umfragen uns als Bürger keinerlei Gefühl dafür geben können, wer Favorit bei den CDU-Mitgliedern ist, geschweige denn bei den CDU-Delegierten.

Nur ein Gedankenspiel: Wen würden denn, sagen wir mal, die Wähler der Linkspartei gerne als CDU-Chef sehen? Doch nicht unbedingt jemanden, den sie für fähig halten, ein guter CDU-Chef und möglicherweise auch Kanzler zu werden? Sondern doch eher jemanden, der ihnen als Linkspartei möglichst viele Wähler zutreibt.

Wieso sollte also so jemand einen Kandidaten nennen, den er gut findet – nennt er nicht vielmehr jemanden, den er für seine Partei für möglichst ungefährlich hält? Das zeigt, wie wichtig es ist, dass man die Gruppe der Befragten sinnvoll wählt. Ich frage ja auch nicht eine Gruppe von 1.000 Nichtrauchern nach ihren Lieblingszigaretten.

Es wird nicht die letzte Umfrage zum Thema CDU-Vorsitz gewesen sein. Und am Ende heulen dann wieder Journalisten, dass sie den Ausgang der Wahl nicht haben kommen sehen – so wie schon bei der von Ralph Brinkhaus zum CDU-Fraktionsvorsitzenden. Warum gab es dazu eigentlich keine Umfragen?