Ursprünglich dienten Hashtags mal dazu, einzelne Beiträge zu einem Thema leichter auffinden zu können. Vor allem bei Twitter spielen sie eine große Rolle. Ihre Verwendung kann aber mitunter kritisch sein, wie mehrere Beispiele aus den letzten Wochen gezeigt haben.
Zwei Tage, nachdem in Berlin ein Lastwagen in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz gefahren war, berichteten Medien darüber, dass nach einem Tunesier gefahndet wurde. Sie und andere verwendeten bei Twitter den Hashtag #tunesier. Auch das Bundesinnenministerium schloss sich an – was sofort die Frage aufwarf, ob die Spekulationen in diese Richtung richtig seien. Daraufhin wiegelte das Ministerium ab:
#hashtag #worstofsocialmedia pic.twitter.com/E6GAjDIvfn
— Jörgen Camrath (@uniwave) December 21, 2016
Das heizte Spekulationen nicht nur an, sondern führte auch zu starker Kritik, so dass das Ministerium nur wenig später reagierte.
In eigener Sache. pic.twitter.com/9pfPOCruee
— BMI (@BMI_Bund) December 21, 2016
Damals fand ich die Begründung des Ministeriums einleuchtend. Im Sinne der Auffindbarkeit von Tweets wollte sich das Social-Media-Team in die Diskussion einmischen. Dass sich später herausstellte, dass der gesuchte Tatverdächtige tatsächlich Tunesier war, wirkte dann wie eine Panne. Schwierig zu sagen, ob die Verwendung beabsichtigt war oder versehentlich erfolgte. In jedem Fall konstruierte sie eine Wirklichkeit – ganz gleich, ob diese der Realität entsprach oder nicht.
Nach Silvester macht jetzt ein weiterer Hashtag die Runde, der auf einem von der Kölner Polizei ins Gespräch gebrachten Begriff beruht.
#PolizeiNRW #Silvester2016 #SicherInKöln: Am HBF werden derzeit mehrere Hundert Nafris überprüft. Infos folgen. https://t.co/VYMQuT6B7u pic.twitter.com/cCVVdRwr9D
— Polizei NRW K (@polizei_nrw_k) December 31, 2016
Der Begriff „Nafris“ wird auch jetzt noch bei Twitter kritisiert, aber oft mit dem Hashtag-Zeichen # versehen – und damit zum Schlagwort. Das macht ihn nicht nur leichter auffindbar, sondern legitimiert in gewisser Weise auch seine Verwendung.
@SBrandenburg_ Den Begriff als Hashtag einsetzen und dann als Zitat begründen? Finde das nicht in Ordnung. @aktuelle_stunde
— Udo Stiehl (@udostiehl) January 1, 2017
Als Miturheber der sprachkritischen Webseite „Floskelwolke“ verweist der Nachrichtenjournalist Udo Stiehl auf die pejorative Konnotation des Begriffs, der aus der Polizeisprache übernommen wurde.
Aus tagesaktuellem Anlass: pic.twitter.com/KtFMGbWMrF
— Floskelwolke (@Floskelwolke) January 1, 2017
Wenn Journalisten solche Begriffe zum Hashtag machen, sollten sie sich der Wirkung jedenfalls bewusst sein. In der Abwägung gibt es aber unterschiedliche Standpunkte.
@udostiehl Er war als Zitat ausgewiesen. Übrigens nutzen auch Menschen den Hashtag um Sprachgebrauch der Polizei zu kritisieren
— Stefan Brandenburg (@SBrandenburg_) January 1, 2017