YouGov stellt Angst vor Corona stärker dar als selbst ermittelt

Mit der Angst vor dem Corona-Virus lassen sich leicht Schlagzeilen machen. Auch das Umfrageunternehmen YouGov tut das. Es hat in zwei verschiedenen Zeiträumen im Abstand von einer Woche jeweils mehr als 2.000 Personen gefragt:

Welche der folgenden Aussagen beschreibt am besten Ihre Gefühle in Bezug auf eine Ansteckung mit dem Coronavirus (COVID-19)?

Die Fragestellung ist schon falsch: Denn COVID-19 ist kein Synonym für das Coronavirus, sondern die vom Virus ausgelöste Krankheit (siehe u.a. hier). Aber gehen wir mal davon aus, dass die meisten Befragten beides ebenfalls synonym benutzen, das wird die Antworten kaum verfälscht haben. Als Antwortmöglichkeiten gab YouGov vor:

  • Große Angst
  • Ziemliche Angst
  • Keine große Angst
  • Überhaupt keine Angst
  • Weiß nicht

(Quelle: yougov.de)

Mit „große Angst“ haben diese Woche (13. bis 16. März 2020) 9 Prozent geantwortet.* In der Darstellung von YouGov (abgerufen am 17. März 2020 um 11 Uhr) ist diese Zahl aber viel höher:

Mitte März sagen schon fast zwei von Fünf (37 Prozent), große Angst vor der Ansteckung mit dem Virus zu haben.

Auch im dazugehörigen Tweet steht das so:

Die Lösung: In dieser Darstellung wurden alle Antworten der Kategorie „ziemliche Angst“ der stärkeren Kategorie „große Angst“ einfach zugeschlagen und das Ergebnis damit verzerrt. Wieso sollte man differenziert antworten können, wenn YouGov diese Differenzierung am Ende sowieso planiert?

Dass Umfragen falsch dargestellt werden, ist keine Besonderheit. Aber dass ein Umfrageunternehmen selbst nicht in der Lage ist, seine eigenen Zahlen zu interpretieren, dann doch. Und es zeigt erneut, wie vorsichtig man mit diesen Ergebnissen umgehen muss.

 

* Ein Hinweis noch: Die Umfrage lief vom 13. bis 16. März, also an vier Tagen. In dieser Zeit war die Lage hochdynamisch, der Sachstand und die Empfehlungen des Bundes sowie Vorgaben von Ländern und Kommunen haben sich ständig verschärft. Wer am 13. März noch mit „keine Angst“ geantwortet hat, hätte am 16. März durchaus schon „ziemliche Angst“ haben können. Auch deshalb sind die Ergebnisse mit Vorsicht zu betrachten.

Vertrauen in Medien in Deutschland ist weiterhin hoch

Etwa jeder fünfte Bürger in Deutschland wirft den Medien vor, die Bevölkerung systematisch zu belügen. Zugleich wächst die Zahl der Menschen, die solche Vorwürfe zurückweisen. Das zeigen neue repräsentative Befunde der Langzeitstudie „Medienvertrauen“, die am Institut für Publizistik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) durchgeführt wird.

Demnach sagten bei Befragung Ende vergangenen Jahres 43 Prozent der Befragten, sie würden Medien ganz allgemein eher oder voll und ganz vertrauen, „wenn es um wirklich wichtige Dinge geht – etwa Umweltprobleme, Gesundheitsgefahren, politische Skandale“ – so die Fragestellung.

Über die Studie habe ich in @mediasres im Deutschlandfunk (Audio) mit Tanjev Schultz von der Universität Mainz gesprochen.

Interessant: Das Vertrauen ist viel höher, wenn man spezifischer nach journalistischen Medien und nicht nur nach Medien allgemein fragt.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und Tageszeitungen schneiden mit 67 bzw. 66 Prozent viel besser ab. Dass immer noch ein Drittel der Nutzer Medien nicht komplett vertrauen, hält Schultz aber nicht per se für ein schlechtes Signal. Zum einen sei das Vertrauen im internationalen Vergleich relativ hoch, zum anderen sei es sinnvoll, dass Nutzer auch skeptisch mit Medien umgingen.

Für bedenklich hält er eher die Gruppe derjenigen, die sagen, man könne Medien eher oder voll und ganz nicht vertrauen, die mittlerweile auf 28 Prozent angestiegen sei.

Lügenpresse-Vorwürfe seien zwar weiterhin verbreitet, allerdings widersprächen dem immer mehr Bürger.

Wie die „Welt“ eine Umfrage schief darstellt

Statt eines Blogeintrags mein Twitter-Thread zum Thema. Es geht um diesen Artikel der „Welt“.

 

Die Meinungsforscher von Insa und ihre Verbindungen zur AfD

Das Umfrageinstitut Insa präsentiert sich als überparteilich. Aber wie unabhängig kann es sein, wenn Insa und Insa-Chef Hermann Binkert der AfD Geld spenden? Darüber berichten Kai Biermann, Astrid Geisler, Andreas Loos und Sascha Venohr für Zeit online. Lesenswertes Stück darüber, dass Meinungsforschung nicht unpolitisch ist, sondern Rückwirkungen auf die Politik hat, nicht nur für den politischen Prozess, sondern auch durch seine Akteure.