Findet Steingarts Geschäftsmodell Nachahmer?

Selten wurde eine neue Medienmarke mit so viel Pathos eingeführt wie die von Gabor Steingart, dem früheren Chefredakteur und Herausgeber des Handelsblatts. Man beachte nur dieses Werbevideo auf Englisch für ein deutsches Medienangebot mit dem wiederum englischen Namen „Media Pioneer“. Gabor Steingarts Tochter deklamiert in schwarz-weiß in die Kamera, ihr Vater aus dem Off.

Über das Video hat neulich schon Stefan Niggemeier bei Übermedien alles gesagt, was man dazu überhaupt noch sagen kann. Oder wie er es formuliert:

Man kann es sich nicht vorstellen, wenn man es nicht gesehen hat. Man kann es sich nicht einmal vorstellen, wenn man es gesehen hat.

Herr Steingart, das Pathos ist schon wieder leer!

Steingarts Slogan lautet: „100 Prozent Journalismus. Keine Märchen“. Beides hält er nicht ein, hat sich in den vergangenen Wochen immer wieder gezeigt. Dokumentiert hat das unter anderem der frühere Journalist und heutige Digitalberater Thomas Knüwer.

Er hatte sich im Januar vorgenommen, ein halbes Jahr die Fakten in Steingarts Newsletter „Morning Briefing“ zu überprüfen. Jetzt schreibt er: „Ich gebe auf. Ich kann nicht mehr. Es reicht. Gabor Steingart hat gewonnen.“

Ich hab mit Thomas Knüwer für @mediasres im Deutschlandfunk darüber gesprochen (Audio-Link), warum – und was man zum Geschäftsmodell Gabor Steingart sagen kann.

 

Wie Sprache die politische Wirklichkeit formt

Schon lange war nicht mehr so wichtig, wie Politikerinnen und Politiker mit Bürgerinnen und Bürgern sprechen. In der Corona-Krise haben sie wochenlang alle paar Tage über die Maßnahmen gesprochen, die sie ergriffen haben. Wer wissen wollte, welche Regeln gerade gelten, musste ihnen zuhören – wenn auch vermittelt über die Medien.

Wie kommunizieren Politiker in Corona-Zeiten und wie eigentlich grundsätzlich? Darüber habe ich für das Deutschlandfunk-Medienmagazin @mediasres mit dem Sprachwissenschaftler Sascha Michel von der Universität Erfurt gesprochen (Audio-Link).

USA: Polizei greift auch Journalistinnen und Journalisten an

Die Reaktionen auf den Tod des Afroamerikaners George Floyd in den USA werden immer heftiger. Mit großer Härte gehen Polizisten offenbar nicht nur gegen Demonstranten vor. Auch Journalisten werden von Sicherheitskräften brutal angegriffen, verletzt, sogar beschossen, wie etwa der Deutsche-Welle-Reporter Stefan Simons.

Vorige Woche hatten Polizisten den schwarzen CNN-Reporter Omar Jimenez festgenommen – vor laufender Kamera. Er war von Polizisten umkesselt und bot mehrmals an, mit seinem Team auszuweichen, wo immer ihn die Polizisten hinschicken würden. Sie schickten ihn nicht weg, sondern nahmen ihn und sein Team fest – weil er nicht habe gehen wollen. Später entschuldigte sich der Gouverneur bei CNN. Die Szene ist hier zu sehen:

Über das Vorgehen und die Angriffe von Polizistinnen und Polizisten genauso wie von Demonstrantinnen und Demonstranten habe ich in @mediasres im Deutschlandfunk mit unserem Korrespondenten Jan Bösche in Washington gesprochen.

Rezo will die Presse nicht zerstören, sondern verbessern, sagt er

„Die Zerstörung der CDU“ – unter diesem Titel hat der Youtuber Rezo ja kurz vor der Europawahl ein Video veröffentlicht, das in der Union für viel Hektik gesorgt hat. Rezo selbst legte Wert auf die Feststellung, er habe zeigen wollen, wie die CDU sich selbst zerstörte.

Am Pfingstwochenende hat er dann nachgelegt mit dem Video „Die Zerstörung der Presse“.

Der Titel mag für Leute irreführend sein, die sich mit der Szene nicht auskennen. Dass er nicht zerstören will, sagt Rezo relativ am Anfang:

Ich zerstöre in diesem Video gar nix, sondern möchte Missstände herausarbeiten, um diese zu lösen. Missstände, die, wenn wir sie ignorieren würden, nicht darüber reden, genau dazu beitragen, dass das Vertrauen oder der Respekt und eben damit auch die Glaubwürdigkeit gegenüber der Presse abgebaut oder gar ganz zerstört wird. Denn ohne Vertrauen, Respekt und Glaubwürdigkeit bleibt auf Dauer nichts mehr von der seriösen Presse.

Im Deutschlandfunk habe ich heute morgen einen ersten Überblick gegeben (Link zur Dlf-Audiothek): Worum geht es Rezo? Was stört ihn? Wie aussagekräftig ist seine Fehleranalyse?

Wie Medien Suizide verhindern können

Medien haben eine große Verantwortung, wenn sie über Suizide berichten. Sie können Nachahmer motivieren, aber auch von einem Versuch abhalten, sagte der Wiener Mediziner Thomas Niederkrotenthaler im Deutschlandfunk. Ausschlaggebend sei die Art und Weise, wie Medien berichten. Mit Thomas Niederkrotenthaler habe ich für @mediasres im Deutschlandfunk gesprochen.

Kritik ohne Traute

Zu meinem Kommentar über die Kontroverse zwischen dem Virologen Christian Drosten und der „Bild“-Zeitung habe ich gestern direkt nach Ausstrahlung im Deutschlandfunk einen Kommentar hier im Blog erhalten. Abgelegt auf der Seite „Über mich“. Er lautet:

Hallo Herr Fries,
echt lächerlich, was Sie heute (27.Mai 2020) im DLF über die „Wahrheit“ in Sachen Drohten / BILD vom Stapel gelassen haben.
Peinlich…, einfach nur peinlich, wie man als DLF-Hörer für blöd verkauft wird!

Ciao

Ich diskutiere gerne über meine Beiträge und Kommentare, aber wer so etwas so schreibt und hinterlässt, dabei nicht mal eine Mailadresse angibt und deswegen auch keine Benachrichtigung zu meiner Antwort bekommt, hat offenbar kein Interesse an einer Diskussion. Schade. Denn es gäbe sicher gute Argumente gegen meine Meinung, und möglicherweise habe ich auch Fehler gemacht.

Wer Medien kritisiert, sollte auch in der Lage sein, seine Kritik zu begründen, zu ihr zu stehen und gleichfalls Kritik entgegenzunehmen. So einen unbegründeten Satz hinzuschreiben, sich selbst als blöd verkauft darzustellen, dann aber selbst nicht genug Traute zu haben, in die Diskussion zu gehen, hilft höchstens dabei, mal Dampf abzulassen, aber nicht dabei, inhaltlich weiterzukommen. Schade, es war eine vertane Chance.

Virologe Christian Drosten zeigt der Bild-Zeitung ihre Grenzen auf: Das Ende der Deutungshoheit

In den letzten Tagen haben der Virologe Christian Drosten und die Bild-Zeitung miteinander gestritten. Es ging um die Frage, ob eine Studie Drostens fehlerhaft ist und wegen dieser Studie Schulen und Kindergärten unverhältnismäßig lang geschlossen waren. Die Bild unterstellte das, legte aber keine Argumente vor.

 

Drosten weigerte sich wohl auch deshalb, eine Anfrage der Zeitung zu beantworten. Die hielt an ihrer Linie fest – und landete damit Schiffbruch. Denn mittlerweile können sich Betroffene von Bild-Berichterstattung öffentlich wehren – und dafür liefert die Bild immer wieder Gründe. Mein Kommentar für @mediasres im Deutschlandfunk.

Die Kunst des guten Interviews (21): „Und läuft das jetzt live über den Sender?“

Zum Abschluss meiner Outtakes zu meiner Sendung über „Die Kunst des guten Interviews“ im Deutschlandfunk noch ein letzter Hinweis auf ein Interview, das es auch nicht in die Sendung geschafft hat. Kollegin Sandra Müller weist darauf hin und hat damals ausführlich darüber geschrieben, warum sie es so bemerkenswert findet.

Es gibt Radiostücke, die gehen ganz unfreiwillig in die Radiogeschichte ein. Dieses DLF-Interview mit Heiner Geißler zum Beispiel. Denn wenn sich Moderator und Interviewpartner in die Wolle kriegen – und zwar live auf Sendung! – dann ist das schon ein echter Hinhörer. Aber warum eigentlich? Weil es uns als Hörer staunen macht? Weil das Interview eine völlig überraschende Wende nimmt? Weil man live dabei ist, wenn ein Interview auf die falsche Spur abbiegt? Vermutlich alles zusammen.

Auf ihrer Webseite analysiert sie das Gespräch Schritt für Schritt (PDF). Eine gute Übung für Interviewschüler.

Die Kunst des guten Interviews (20): „Jetzt können Sie mir Fragen stellen“

Über die Interviews des österreich-kanadischen Industriellen Frank Stronach, der vor rund zehne Jahren mit seiner nach ihm benannten Partei („Team Stronach“) ins österreichische Parlament wollte, habe ich hier schon mal geschrieben. Jetzt bin ich noch auf ein unterhaltsames Gespräch gestoßen, das er 2012 mit Lou Lorenz in der ZiB2 geführt hat. Er hält einen fast zweieinhalbminütigen Monolog, in den Lorenz vorstoßen will, bis er endlich sagt: „Jetzt können Sie mir Fragen stellen.“

„Lassen Sie uns den Quatsch beenden: Die Kunst des guten Interviews“ – mein Feature im Deutschlandfunk.

Die Kunst des guten Interviews (19): Das Konfrontieren

Dass ein Interviewpartner mit kritischen Äußerungen aus seiner Vergangenheit konfrontiert ist, sollte diesen nicht überraschen – vor allem nicht bei seinem ersten großen Interview nach seiner Wahl zum AfD-Bundesvorsitzenden. So ist es Tino Chrupalla ergangen, den Theo Koll interviewt hat.

Chrupalla macht es Koll natürlich leicht, aber Koll ist auch entsprechend gut vorbereitet, weil er die strittigen Äußerungen, die er Chrupalla vorwirft, auch per O-Ton bzw. Filmeinspielung belegen kann; das macht es Chrupalla schwierig, auszuweichen. Am Ende führt Chrupalla sich selbst vor.