Die Süddeutsche Zeitung hat sich mit der AfD im Bundestag beschäftigt. Sie hat Zwischenrufe gezählt und bewertet und hat sich auch das Lachen der Abgeordneten angesehen – nicht nur das der AfD-Abgeordneten, sondern das aller. Wer lacht über wen und warum?
Dieser Frage, die nur einen Teil der Recherche ausmacht, bin ich schon vor zweieinhalb Jahren mal ausführlicher nachgegangen. Für SWR2 habe ich das Feature „Heiterkeit im Hohen Hause – Das Lachen in der Politik“ produziert.
Mein liebster Gesprächspartner dabei war Roger Willemsen, der sich im Jahr 2013 alle Bundestagssitzungen angeschaut hat und deshalb gut beurteilen konnte, welche Rolle das Lachen im Bundestag spielt. Er hat verschiedene Arten des Lachens erkannt und beurteilt. So sagte er zum Beispiel:
Wenn Volker Kauder am Pult steht und er muss beantworten, was die NSA alles abgehört hat nach den Edward-Snowden-Enthüllungen, und dann möchte ein Linksabgeordneter sagen, dass er hoch empört ist über das, was passiert, und dann antwortet Kauder: weil dem Gregor seins abgehört wird, und alles lacht. So mit den Rechten des Volkes umzugehen, das sich geschützt wissen will vor den Abhörinitiativen der Amerikaner, beweist eigentlich, dass man Schießübungen im Pantheon der Menschenrechte vornimmt, indem man mit solchen Rechten, solchen berechtigten Ansprüchen lachhaft umgeht, sie verlächerlicht, sie dem Lachen preisgibt, und dieses Lachen bliebe mir im Halse stecken.
Ich erkenne also Herrn Kauder in seinem Lachen in dem Augenblick besser als in seiner Rhetorik, und insofern muss ich das, was Sprache ist im Bundestag, weit über das, was gesagt wird, hinaus verlängern, und muss gucken: Welche Fraktionszugehörigkeit hat ein Applaus? Welche Vereinzelung haben bestimmte Applausgebärden? Was bedeutet ein Zwischenruf? Was bedeutet ein höhnisches Gelächter, ein Abwinken usf.
Grundsätzlich hat Willemsen damals beobachtet:
Das Lachen wird eingesetzt, um die Empörung des Gegenübers der Nichtigkeit zu überführen. Um zu sagen: Du beeindruckst mich nicht, deine Empörung bedeutet mir gar nichts. (…)
Es wird Humor im Bundestag auch eingesetzt als Zusatzstoff, sei es, um die Kollegen zu verlächerlichen, sei es, um Unterhalterqualitäten zu beweisen, und es gibt auch Reden, die fast nur noch von Humor zusammengehalten werden, wie zum Beispiel die Rede des Alterspräsidenten zur Eröffnung der neuen Legislaturperiode.
Das Schönste am Feature sind aber die vielen O-Töne aus sechs Jahrzehnten Bundestag, die ich habe finden können. Mit Franz Josef Strauß, Helmut Kohl, Herbert Wehner, Helmut Schmidt, Norbert Lammert, Gregor Gysi und vielen anderen.