Der Vorwahlkampf zu den Präsidentschaftswahlen ist selbst für US-Verhältnisse ungewöhnlich. Seit Jahrzehnten hat es keine so zerstrittenen Parteien und Kandidaten gegeben. Besonders Donald Trump drängt mit abstrusen Behauptungen und Beleidigungen in die Medien. Welche Rolle spielen diese Medien dabei? Wäre Trump ohne sie so erfolgreich wie er es zu sein scheint?
Darüber habe ich mit dem Politikjournalisten Jeff Mapes (@jeffmapes) vom öffentlichen Radiosender OPB in Portland (Oregon) gesprochen. Er findet, Journalisten kämen an Trump nicht vorbei, auch wenn er wisse, wie er sich ihrer bedienen könne.
Inwiefern unterscheiden sich diese Vorwahlen von anderen?
Zum ersten insofern, als dass sie länger dauern. Die Republikaner hatten die Regeln für diese Vorwahlen geändert, weil sie gehofft haben, dass sie ihren Kandidaten früher auswählen könnten und mehr Zeit für den eigentlichen Wahlkampf haben würden. Aber es hat nicht funktioniert. Jetzt dauert es nicht nur länger, sondern es ist sogar so außergewöhnlich, dass Donald Trump, diese Figur aus der Unterhaltungs- und Wirtschaftswelt, die Republikanische Partei sozusagen feindlich übernommen hat. Es gibt wenige führende Mitglieder bei den Republikanern, die ihn als ihren Kandidaten ausgewählt hätten.
Das war eine sehr ungewöhnliche Geschichte. Die Kandidaten, von denen erwartet wurde, dass sie starke Kandidaten sind, waren es nicht. Ich glaube nicht, dass jemand davon ausgegangen ist, dass Ted Cruz, John Kasich und Donald Trump die letzten drei Kandidaten im Rennen sein würden. Und es gibt die Möglichkeit, dass keiner von ihnen eine Mehrheit haben wird vor dem Parteitag in Cleveland. Und das hat es seit Jahrzehnten nicht gegeben. Und das ist eine Art Schock für das Verfahren.
Haben Sie eine Erklärung für den Erfolg von Donald Trump?
Die Erklärungen dafür lagen so oft daneben. Es gab so viele Vorhersagen, dass die Leute eher müde von diesem Zirkusartisten würden und er nicht die ganzen Vorwahlen durchhalten würde. Sein Reiz wurde wirklich verkannt. (…)
Es besteht kein Zweifel, dass er die Sorgen eines bestimmten Teils der Amerikaner aufgenommen hat, ähnlich wie die rechten nationalistischen Parteien, die Sie in Europa haben.
Sehr besorgt über die Einwanderung. Dieses Gefühl, das besonders weiße Amerikaner aus der Arbeiterklasse haben, dass sie in der globalen Wirtschaft sozusagen zurückgelassen wurden, dass sie sich seit der Wirtschaftskrise 2008 nicht erholt haben, dass die politische und wirtschaftliche Klasse sich nicht für sie einsetzt. Und Trump nimmt viele dieser Sorgen ernst.
Ist er eine Art Medienphänomen?
Das ist ein großer Faktor dafür, dass er so viele Wähler erreicht. Absolut richtig. Er ist sehr geschickt darin, die Aufmerksamkeit der Medien zu erregen. Er hat viel von seiner Reality-Show gelernt. (…) Das hat ihn zu einer Art nationaler Figur gemacht. Und er hat viel darüber gelernt, wie man Dramen und Konflikte konstruiert. Jahrelang hat er sich beim Wrestling engagiert, das damals sehr populär war. (…) Auch dort hat er viel darüber gelernt, wie man eine Menge fesseln kann. Darin ist er sehr gut. Und ich kann Ihnen nicht sagen, wieviele Leute mir gesagt haben: Ich kann meine Augen nicht von Trump wenden, auch wenn sie ihn nicht leiden. Er fasziniert die Leute.
Wie ein Autounfall.
Von diesem Vergleich habe ich gehört.
Die Leute sagen: Er ist wie ein Autounfall, ich kann nicht wegschauen.
Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen Trumps Erfolg und der Art und Weise, wie Medien über ihn berichten?
Wahrscheinlich kann man sagen, wenn die Medien nicht über ihn berichten würden, würde ihn dann überhaupt jemand kennen? Aber: Wie Wie könnte man darauf verzichten? Sie haben einen, der der Spitzenreiter bei den Republikanern ist.
Aber wäre er das denn, wenn die Medien nicht…
…nicht was?
Das ist die Frage.
Was sollten die Medien tun? Sollten sie seine Statements ignorieren? Viele Medien haben viel Zeit darauf verwendet, zu sagen: Das stimmt nicht, was er sagt. Oder: Das hier stimmt.
Zur gleichen Zeit sind die Medien nicht mehr die Gatekeeper, die sie einmal waren.
Mit dem Internet haben die Menschen heute viele direkte Informationsquellen. Twitter hat Millionen Follower, Facebook auch, es gibt Blogs. Es gibt Menschen, die keine Mainstreammedien sind, aber die gefällige Stories über Donald Trump schreiben. Und wenn sie populär sind, können sie viele Follower bei Facebook oder YouTube bekommen. Trumps Kundgebungen sind gesammelt bei YouTube und werden oft angesehen. Es gibt viele Wege, seine Botschaft zu verbreiten, ohne sich fragen zu müssen: Kümmern sich die Washington Post oder die New York Times um mich?
Es hat viele Diskussionen über die Cable Networks gegeben, besonders über die großen – Fox, CNN und MSNBC – inwiefern sie Trump zu viel Sendezeit widmen. Ihn in Interviews reden und reden und reden zu lassen. Nach mehreren Vorwahlen haben sie Donald Trumps Pressekonferenzen in voller Länge gezeigt, aber nicht die von anderen Kandidaten. Man kann sich also über redaktionelle Entscheidungen beklagen. Das sind Nachrichtensender.
Zu einem großen Teil schreiben und reden sie darüber, was die Leute gerne hören wollen.
Das Interview im englischen Original zum Nachhören: