Reden wir über Fehler von Journalisten

Denn die gibt es. Geredet darüber wird aber immer noch viel zu wenig von Journalisten selbst. In gewisser Weise nicht verwunderlich, denn ausgerechnet dann, wenn Journalisten sich selbstkritisch zu dem äußern, was sie recherchiert, veröffentlicht und kommentiert haben, bekommen sie besonders harsche Kritik, wie sie etwa der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer im „Spiegel“ geäußert hat.

„Spiegel“: Warum sind in letzter Zeit bei Ihnen immer die Medien schuld, wenn etwas schiefläuft?

Seehofer: Weil es ein Problem bei den Medien gibt, vor allem bei den öffentlich-rechtlichen. Überspitzt gesagt: Wenn die nicht Livesendungen hätten, dann hätten sie wenige der Lebenswirklichkeit entsprechende Programminhalte. Das ZDF musste wegen der Berichterstattung über Köln sein Bedauern zum Ausdruck bringen. Die ARD hat erklärt, ja, es stimmt, wir haben viele flüchtende Frauen und Kinder gezeigt, aber nicht im selben Maße die Männer, die viel häufiger nach Deutschland kamen. Zum Teil gab es eine Berichterstattung, die wenig mit der Realität zu tun hatte.

Seehofer kritisierte damit ausgerechnet das, was in diesem Fall ARD und ZDF ohnehin schon selbstkritisch eingeräumt hatten. Stefan Niggemeier kommentierte das auf uebermedien.de so:

Denn eigentlich wollen wir doch, dass Medien sich endlich zu mehr Selbstkritik durchringen. Dass sie öffentlich einräumen, wenn sie Fehler gemacht haben; dass sie sich gegebenenfalls entschuldigen; dass sie zu ihren Versäumnissen stehen.

Was ist aber, wenn diese Eingeständnisse ausschließlich als Munition gegen diejenigen verwendet werden, die sie äußern? Wenn sie nicht als Indiz dafür genommen werden, dass sich die Verantwortlichen kritisch mit ihrer eigenen Arbeit auseinandersetzen, sondern als vermeintlichen Beleg dafür, dass die Situation so schlimm ist, dass selbst die Verantwortlichen nicht mehr alles leugnen können?

Im vorigen Jahr wurde das Kölner Forum für Journalismuskritik ins Leben gerufen. Einen Tag lang wurde darüber diskutiert, wie Journalisten mit Kritik an ihrer Arbeit umgehen können und was sie daraus lernen. In diesem Jahr geht die Veranstaltungsreihe in die zweite Runde. Am 10. Juni wird im Kölner Funkhaus des Deutschlandfunks darüber diskutiert – diesmal mit prominenten Gästen wie der ehemaligen Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD), der Journalistin und ehemaligen Oberbürgermeisterin von Kiel, Susanne Gaschke, und dem DJV-Vorsitzenden Frank Überall.

4 Gedanken zu „Reden wir über Fehler von Journalisten“

  1. >Geredet darüber wird aber immer noch viel zu wenig von Journalisten selbst. In gewisser Weise nicht verwunderlich, >

    Der anschließend genannte Grund scheint mir nur ein nachrangiger, warum man kaum mal öffentliche selbstkritische Debatten im medialen Gewerbe wagt.

    Nach meinen (sicher subjektiv-beschränkten) Eindrücken ist es vorrangig „Uneinsichtigkeit“.
    Man hält kritische Medienkonsumenten für inkompetente und wertelose Deppen. Und seinesgleichen für die moralisch guten und fachlich stets absolut kompetenten Fachleute für die Darstellung und Bewertung von Realitäten. Und vermittelt dies auch regelmäßig so.
    (So viel Schublade und Zuspitzung muss schon mal sein. ;-) )

    Die Ansichten, die viele Bürger auf Glaubwürdigkeit von Medien, usw. haben, mögen oftmals ungerecht sein, aber sie sind nicht vom Himmel gefallen …
    _______
    Die Veranstaltung scheint mir eine interessante. Sowohl von den Themen wie von den Podiumsteilnehmern.

    Wobei ich schade finde, dass Berufstätige an Werktagen tagsüber i.d.R. nur eingeschränkt werden teilnehmen können.

    Irgendwie tendiert die Veranstaltung ein wenig wieder zu einem „Wir diskutieren untereinander, warum uns Abwesende denn wohl kritisieren und wie berechtigt es ist.“
    Ich finde, man sollte einen anderen Anspruch haben, wenn man es denn mit der Frage der Selbstkritik wirklich ernstmeinen sollte.

    1. Da stimme ich Ihnen teilweise zu. Früher gab es nicht so viel Kritik wie heute, damit muss man erst mal umgehen lernen. Das ist ein Teil des Problems.

      Ansonsten glaube ich nicht, dass die Arbeitsweise heute anders ist als früher, und ich glaube auch nicht, dass sie im Großen und Ganzen schlechter ist. Früher fand die Arbeit nur stärker im Verborgenen statt (wie in allen Jobs, das Internet hat da alles verändert). Heute muss man den Nutzern die eigene Arbeit stärker erklären, was sicher nicht ausreichend gemacht wird.

      Das geht schon mit so Begriffen los wie „Realitäten“ oder „Wahrheit“ oder „Wirklichkeit“, die niemand so richtig erfassen kann, aber von denen viele denken, dass sie sie genau kennen. Insofern stimmt auch: Die Ansichten sind oft ungerecht (nicht immer), und als Journalist frage ich mich oft, wieviel muss ich anhand des konkreten Beispiels erklären, wieviel ist generell mangelnde Medienkompetenz (die zumindest in meiner Schulzeit nicht vermittelt wurde), die ich mit meiner täglichen Arbeit nicht nachholen kann.

      Das mit der Veranstaltungszeit finde ich auch bedauerlich, da habe ich dasselbe Problem. Klar richtet sich die Sache auch an Außenstehende, aber es geht ja auch um ein Gespräch von Journalisten untereinander, wie man sich da ändern kann.

  2. Aus meiner Sicht (ich bin Pegida-Teilnehmer) ist ihr Forum für Journalismuskritik eine reine Alibiveranstaltung, da (wie ihr Programm zeigt) sie echte Kritiker von „rechts“ gar nicht erst einladen. Der „härteste Hund“ in der Rund ist dann vermutlich Herr Niggemeier. Linke weren sich von links kritisieren. Viel Spass dabei. Irgendwann wird sich das Thema vermutlich rein ökonomisch von selbst erledigt haben. Ich hoffe es zumindest.
    Wir „primitiven Lügenpresser-Rufer“ wissen natürlich auch, das nun nicht alles in den Mainstreammedien direkt gelogen ist. Aber es ist oft verzerrt und tendeziös und damit ist der Lügenvorwurf auch berechtigt. Journalisten sind doch nicht vorrangig dazu da, eine Gesinnung zu produzieren, sondern möglichst neutral darzustellen, was denkt der CDU-Abgeordnete, was denkt ein Neuer Rechter, ja von mir aus auch gern, was denkt ein Kommunist.

    1. Stefan Niggemeier ist beim Forum gar nicht dabei, dafür aber Maren Müller, die wahrscheinlich eher in Ihre Kategorie einer Kritikerin von „rechts“ passt, immerhin schreibt sie auch bei der Propagandaschau. Insofern erwarte ich durchaus eine kontroverse Diskussion. Auch Holger Kreymeier war den öffentlich-rechtlichen Medien gegenüber in der Vergangenheit nicht gerade gnädig. Insofern weiß ich nicht, woher Sie Ihren Vorwurf nehmen, es handle sich um eine Alibiveranstaltung.

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