Warum Radio- und Fernsehsender Wahlwerbung senden

Ab dem 30. August laufen in Radio und Fernsehen wieder vier Wochen lang Wahlwerbespots der Parteien zur Bundestagswahl. Welche Parteien dürfen was senden? Warum müssen die Sender die Wahlwerbung überhaupt spielen – und dürfen sie Spots auch ablehnen? Das habe ich heute in @mediasres im Deutschlandfunk erklärt.

Kommt nur selten vor: Bundesverfassungsgericht entscheidet über Wahlspot

Das ZDF muss einen aktuellen Wahlspot der NPD nicht spielen, hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Es ist nicht das erste Mal, dass Parteienwerbung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk verhindert wird, kommt aber selten vor. Normalerweise landen Spots nicht vor den Gerichten, weil die Sender, die sie spielen müssen, bei der juristischen Prüfung großzügig sein sollen. In @mediasres im Deutschlandfunk habe ich heute ein wenig über die Hintergründe erzählt.

Schleichwerbung bei „Pastewka“: Amazon Prime Video will Einspruch einlegen

Am Dienstag habe ich über die Entscheidung der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien berichtet, die eine Folge der Amazon-Prime-Video-Serie „Pastewka“ verboten hat. Diese muss wegen Schleichwerbung gelöscht werden.

Unmittelbar nach der Entscheidung wollte Amazon sich nicht dazu äußern, inzwischen hat die Firma reagiert und schreibt:

Amazon Prime Video wird Einspruch gegen die Verfügung der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien einlegen. Ungeachtet dessen wird die beanstandete Episode in Kürze und für den Zeitraum, bis in der Sache entschieden wurde, gegen eine neue Version ausgetauscht. Prime-Mitglieder werden weiterhin alle Folgen von Pastewka ohne Unterbrechung bei Prime Video sehen können.

Das ist tatsächlich ein gangbarer Weg, den Beobachter erwartet haben. In Deutschland muss jede Veröffentlichung neu geprüft werden. Wenn Amazon also die Episode umschneidet, muss diese auf die Vorwürfe hin neu untersucht werden. Denn eine Vorzensur gibt es nicht.

Es bedeutet aber auch: Theoretisch kann Amazon Prime Video bis zu einer endgültigen inhaltlichen Entscheidung über die Beschwerde immer wieder neu geschnittene Fassungen einstellen, sobald es eine neue Anordnung der Medienaufseher gibt. Die haben allerdings für die erste bereits elf Monate gebraucht, insofern ist nicht damit zu rechnen, dass Amazon allzu oft umschneiden muss.

Pastewka-Folge muss offline gehen

Die deutsche Comedyserie „Pastewka“, deren erste sieben Staffeln bei Sat1. liefen, ist mittlerweile beim Streaminganbieter Amazon Prime Video zu sehen ist. Die achte Staffel ist vor einem Jahr veröffentlicht worden. Auffällig war, wie viele Marken dort prominent im Bild zu sehen waren, vor allem die Elektronikkette Mediamarkt. Darüber habe ich 2018 für @mediasres berichtet.

In dieser Woche hatte das Konsequenzen. Die Bayerische Landeszentrale für neue Medien, die damals zwei Monate gebraucht hat, bis sie sich als Aufsichtsbehörde überhaupt erst für zuständig erklärt hat, hat entschieden, dass Amazon die Folge offline nehmen muss. Darüber habe ich am Dienstag bei @mediasres gesprochen.

„Kooperationsanfrage“

Gestern kam folgende Mail (Namen anonymisiert):

Sehr geehrte Damen und Herren,
Mein Name ist Gary und ich bin Content Marketer bei der Online Marketing Agentur xxx.
Auf der Suche nach relevanten Partnern bin ich auf Ihre Webpräsenz gestossen. Gerne würden wir auf Ihrer Domain einen Artikel gegen Bezahlung platzieren.
Bitte lassen Sie mich wissen, ob Sie prinzipiell an einer Kooperation interessiert wären.
Falls Sie noch weitere Webseiten haben, um einen Gastartikel oder/und Banner zu platzieren, teilen Sie mir diese bitte mit.
Für Ihr Interesse bedanken wir uns im voraus und verbleiben,
Mit freundlichen Grüßen
Also im Klartext: Verarschen Sie Ihre Leser, indem Sie Werbung für uns machen, die niemand bemerkt. Und so was nennen sie „Kooperationsanfrage“. Aber sonst geht’s noch? Wie sehr lügen sich diese PR-Fuzzis eigentlich selbst an?

Sprachkritik am DFB: Verband distanziert sich von eigenem Sponsor

Der „Verein Deutsche Sprache“ zeichnet jedes Jahr mit einem Negativpreis die „Sprachpanscher des Jahres“ aus. In diesem Jahr ging der Hauptpreis an den Deutschen Fußball-Bund – mit folgender Begründung:

Sein Motto „Best never rest“, mit dem der DFB zur missglückten WM-Verteidigung in Russland angetreten war, klänge nach Meinung erzürnter Sprachfreunde wie die ungelenke Formulierung eines russischen Englischschülers im ersten Lernjahr. Auch der Aufdruck „Germany“ auf verschiedenen Kleidungsstücken wurde oft moniert.

(Die erzünte Sprachfreundin war übrigens die Russland-Korrespondentin Katrin Scheib, die das im März so kommentierte.)

Mit der Kritik kann der DFB aber überhaupt nicht umgehen. Gestern setzte er dazu diesen Tweet ab:

Interessant, wie sich der DFB hier von seinem eigenen Sponsor Mercedes Benz distanziert. Als habe der eine mit dem anderen gar nichts zu tun. Als habe Mercedes die Nationalelf gegen deren Willen gesponsert. Als habe sich die Mannschaft gegen ihren Willen in den Mannschaftsbus gesetzt und Mercedes auch das DFB-Logo einfach so verwendet.

Tatsächlich hat der DFB weder bei @dfb_team noch bei @dfb den entsprechenden Hashtag oder auch nur den Slogan benutzt. Aber sie haben den Slogan unterstützt – wie sich auch an den Retweets des entsprechenden Hashtags durch @dfb_team zeigt.

Es ist schon eine bemerkenswerte Übung in Kritikfähigkeit, die der DFB hier zeigt. Da geht praktisch komplett unter, dass der Verein Deutsche Sprache den Urheber des Slogans tatsächlich falsch ausgemacht hat. Er müsste sich an Mercedes richten. Dass der DFB aber nun plötzlich nichts mehr damit zu tun haben will, wie er hier behauptet, ist von einer interessanten Verantwortungslosigkeit.

Und noch was: Mit seinem Tweet hat er den berühmten Streisand-Effekt ausgelöst. Ohne ihn hätten nie so viele Menschen von der Auszeichnung des publizistisch weniger beachteten Vereins Deutsche Sprache erfahren. Ihn wird’s freuen.

Warum man den Audi-Cup auch ohne Brennpunkt nicht senden muss

In der Medienkorrespondenz beschwert sich Dietrich Leder darüber, dass es keinen Brennpunkt gab. Das ist erst mal lustig, lautet doch die häufigere Beschwerde, dass es einen gab. Bis hin zur Wade von Michael Ballack vor ein paar Jahren.

Im Kern kritisiert Leder etwas anderes. Leider vergisst er, das auch deutlich genug zu schreiben. So beginnt er seinen Artikel mit:

Normalerweise hätte es nach diesem Ereignis einen „Brennpunkt“ im Ersten Programm der ARD gegeben. In dieser Sondersendung wäre am Mittwoch (2. August) die merkwürdige Veranstaltung näher betrachtet worden, die an diesem Tag in Berlin unter der Überschrift „Diesel-Gipfel“ stattfand und an der neben Bundesministern und Ministerpräsidenten die Vorstandsvorsitzenden diverser Automobilkonzerne teilnahmen.

Das ist erst mal völlig unbegründet. Denn was normal ist und was nicht, lässt sich beim besten Willen nicht an der Einsetzung eines „Brennpunkts“ ablesen. Wer sich diese Sendung ansieht, bemerkt in der Regel mehrere Dinge:

  • die Wiederholung von Informationen, die kurz vorher bereits in der „Tagesschau“ liefen
  • den unbedingten Willen von Chefredakteuren, auch mal eine Sendung um 20.15 Uhr im Ersten moderieren zu wollen, unabhängig von ihren Fähigkeiten
  • technische Pannen bei den lustigen Schalten zu diversen Reportern (besonders beliebt beim Hessischen Rundfunk).

Warum es den „Brennpunkt“ deshalb überhaupt in dieser Form gibt, erschließt sich mir nicht. Für sinnvoller halte ich eine verlängerte Tagesschau. Die wäre dann 20 bis 30 Minuten lang, in der ersten Viertelstunde könnte man dann das Top-Thema behandeln, danach die übrigen Themen. Das vermeidet Dopplungen, schlechte Moderationen und technische Pannen, denn die Mitarbeiter der Tagesschau sind dabei routinierter als es die der jeweiligen „Brennpunkt“ gelegentlich zu sein scheinen.

Warum sollte man sich also einen „Brennpunkt“ zum Diesel-Skandal wünschen? Schließlich wurde in der Sendung vorher achteinhalb Minuten darüber berichtet. Im Sommerloch erlaubt das die Nachrichtenlage. Leders Forderung erscheint mir aus diesen Gründen nicht nachvollziehbar.

Worauf seine Kritik wohl eher abstellt, ist die Übertragung des Audi-Cups. Diesen Teil der Kritik kann ich nachvollziehen. Es hätte dem Kommentar aber gut getan, wenn er sich deutlich nur damit beschäftigt hätte.

Beim „Audi-Cup“ messen sich vier europäische Spitzenmannschaften, die sich alle noch im Trainingsstadium befinden, auf dem Niveau von Testbegegnungen und Freundschaftsspielen. (…) Finanziert wird diese Chose natürlich vom Namensgeber Audi, der deshalb bei den Übertragungen nicht nur über Reklametafeln im Münchner Stadion, sondern auch über die Namensnennung im Kommentar und über Einblendungen im Bild unendlich oft genannt wurde.

Freilich ergibt sich eine Ironie durch den Umstand, dass auch Audi in den Diesel-Skandal verwickelt ist, der ansonsten in einem „Brennpunkt“ Thema gewesen wäre. Aber solch eine Sondersendung nur zu fordern, um Audi in Sachen Cup auszubremsen, ist irgendwie halbseiden.

Das Geschäftsmodell von stern.de

Werbung ist wichtig, um ein Angebot wie stern.de zu finanzieren. Ad-Blocker gefährden dieses Geschäftsmodell.

Schreibt stern.de heute in einem Text, „um Aufklärung zum Thema Adblocker zu betreiben“ – und zwar „mit einem Augenzwinkern, aber doch ernst“. Wer stern.de mit aktiviertem Adblocker ansurfe, bekomme eines von vier Motiven der Kampagne „BLOCKxit“ angezeigt, heißt es da. Und wer die Seite ohne Adblocker ansurft, für den sieht sie zum Beispiel so aus:

(Screenshot: stern.de)
(Screenshot: stern.de)

Das gefährdet das Geschäftsmodell des Stern natürlich nicht.

Mit Dank an Boris Rosenkranz, der mich auf die Kampagne gestoßen hat.