„Sprechverbot“ und „Sprachpolizei“ – vom schwierigen Umgang mit Kritik

Manchmal wundere ich mich darüber, wie schlecht manche Menschen Kritik entgegennehmen oder vielmehr aushalten können. Oft gerade bei Journalisten.

In diesem Fall ist es Anne Will, die sich mit einem „Arbeits-, Denk- und Sprechverbot“ belegt sieht, weil der Deutsche Kulturrat vorgeschlagen hatte, Talkshows für ein Jahr auszusetzen. Egal, wie man die Forderung findet: Von einem Verbot war doch nie die Rede.

Der Geschäftsführer des Kulturrats, Olaf Zimmermann, hatte die führenden Talkshows im Juni mit diesen Worten kritisiert:

Mehr als 100 Talkshows im Ersten und im ZDF haben uns seit 2015 über die Themen Flüchtlinge und Islam informiert und dabei geholfen, die AfD bundestagsfähig zu machen. (…) Die Spaltung der Gesellschaft hat seit 2015 deutlich zugenommen. (…) Ich finde die Talkshows im Ersten und im ZDF sollten sich eine einjährige Auszeit nehmen und ihre Konzeptionen überarbeiten.

Will reagierte darauf im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur von heute (zu finden u.a. hier) so:

Ganz ehrlich, ich kannte den Deutschen Kulturrat gar nicht. Und wenn es darum gegangen ist, sich bekannter zu machen, dann hat das vielleicht geklappt. Ansonsten habe ich den Vorschlag nicht ganz ernst nehmen können. Wenn der Kulturrat für das eintritt, was sein Name suggeriert, dann kann er nicht mehreren Redaktionen Arbeits-, Denk- und Sprechverbot erteilen.

Mal davon abgesehen, dass der Kulturrat ja gar nicht in der Lage ist, etwas zu verbieten, ist schon interessant, dass solche Kritik gleich als Verbotsforderung wahrgenommen wird.

Das zeigt sich immer wieder. So wird etwa nach Kritik an sprachlichen Formulierungen gerne von Sprachpolizei gesprochen, so wie zuletzt Bundesinnenminister Horst Seehofer über die Kritik von Bundesverfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle. Damit machen es sich die Kritisierten sehr leicht. In diesem Fall schrieb die Süddeutsche Zeitung zurecht, damit wolle Seehofer die Debatte abwürgen.

So scheint es mir auch bei Anne Will zu sein. Indem man Kritik als Verbotsforderung oder „Polizei“ diffamiert, muss man sich nicht weiter damit beschäftigen. Und wenn man die Kritik dann auch noch so falsch zitiert, dass sie nichts mehr mit der eigentlichen Forderung zu tun hat, kann man sie erst recht abtun.

Ein Gedanke zu „„Sprechverbot“ und „Sprachpolizei“ – vom schwierigen Umgang mit Kritik“

  1. Ja, eine ganz traurige Situation (oder Entwicklung). Zugleich verbunden mit einer Weltfremdheit („ich kann den Deutschen Kulturrat gar nicht“). Ein Armutszeugnis für diese Journalistin, nicht einmal Texte zu lesen – und wenn, dann nicht zu verstehen.

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